# taz.de -- Rechtsextremer Anschlag in Halle: Hoffen auf weitere Hilfe | |
> Nach dem rechtsextremen Anschlag in Halle sind die Betroffenen weiter in | |
> wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Eine zugesagte Spende kommt nicht. | |
Bild: Muss immer wieder Unterstützung einfordern: Kiez-Döner-Betreiber Ismet … | |
BERLIN taz | Am 9. Oktober 2019 griff ein Rechtsextremist die Synagoge und | |
[1][den Kiez-Döner in Halle] an. Er tötete eine Frau auf der Straße und | |
erschoss einen jungen Mann im Dönerimbiss. Viele Betroffene sind bis heute | |
traumatisiert. Aktivist*innen sagen, dass die Aufarbeitung des | |
Terroranschlags nur schlecht funktioniere, es gebe zu wenig Unterstützung. | |
Der Imbiss müsse aus Sicht der Betreiber umgebaut werden, um nicht mehr an | |
den Anschlag erinnert zu werden, so die Soligruppe Kiez-Döner. Einer der | |
beiden Betreiber könne wegen der belastenden Erinnerung bis heute kaum mehr | |
in dem Imbiss arbeiten. Auch seien nach dem Anschlag viele Kund*innen | |
weggeblieben. | |
„Die Stadt hat seit dem Anschlag keinen Schritt von alleine unternommen, | |
wir mussten jeden Kontakt einfordern und sind regelmäßig mit Zurückweisung | |
konfrontiert“, teilt die Soligruppe um die Betreiber des Imbisses, Ismet | |
und Rifat Tekin, auf Anfrage mit. Es gebe zwar Verbündete in der | |
Stadtverwaltung, die die Betroffenen aufrichtig unterstützen wollten, heißt | |
es: „Aber diese Menschen entscheiden letztendlich nicht über die Finanzen.“ | |
Denn es geht hier auch um [2][Spenden an die Betroffenen]. | |
In einer schriftlichen Stellungnahme der Stadt Halle vor einigen Wochen | |
wurde die Situation anders dargestellt: „Die Stadt hat Herrn Tekin | |
Unterstützung beim Wiederaufbau des Gewerbebetriebes zugesagt“, erklärte | |
Drago Bock, Pressesprecher der Stadt Halle. Bock schrieb, dass die Stadt | |
eine finanzielle Hilfe von 47.000 Euro „koordiniert“ habe. Dieses Geld soll | |
von der Saalesparkasse und von der Jüdischen Studierendenunion zu Halle an | |
die Betreiber des Kiez-Döners geflossen sein. | |
## Verweis auf Hartz IV | |
„Das stimmt nicht“, sagt die Soligruppe zu der Darstellung. Die Stadt habe | |
die Spenden der Jüdischen Studierendenunion und der Saalesparkasse nicht | |
„koordiniert“. Eine Spende von 27.000 Euro habe die Jüdische | |
Studierendenunion eigenständig überwiesen. Die Soligruppe sagt, dass eine | |
Spende von 10.000 Euro von der Saalesparkasse auf ihr Konto eingegangen | |
sei. Mit dem Geld seien Schulden, laufende Fixkosten und Einnahmeausfälle | |
nach dem Anschlag ausgeglichen worden. | |
Die Stadt selbst, so stellt es die Soligruppe dar, habe 2.000 Euro an | |
finanzieller Hilfe geleistet. Eine weitere von der Stadt versprochene | |
Spende sei nie angekommen. Im Gegenteil: Vor wenigen Tagen erreichte die | |
Aktivist*innen und die Brüder Tekin ein Schreiben aus der Verwaltung. | |
Darin wird erklärt, dass das versprochene Geld „wegen der weitreichenden | |
Folgen der Pandemie“ nicht ausgezahlt werden könne. Es kommt also nicht | |
mehr. Das Schreiben liegt der taz vor. | |
„Aus diesen Erfahrungen heraus können wir nur annehmen, dass die Stadt kein | |
Interesse daran hat, die Betroffenen so zu unterstützen, wie sie es | |
wirklich brauchen“, heißt es aus der Soligruppe. Empörung bei den | |
Unterstützer*innen löste der Hinweis aus der Stadtverwaltung aus, die | |
Brüder Tekin könnten doch Hartz IV beantragen, um ihren Lebensunterhalt zu | |
bestreiten. | |
## Hoffnung auf neuen Bürgermeister | |
Dazu schreibt der Pressesprecher der Stadt Halle: „Der Hinweis neben vielen | |
weiteren, auch Unterstützung über ALG-II-Leistungen in Anspruch nehmen zu | |
können, war durchaus opportun.“ Die Unterstützer*innen macht dies nur | |
noch wütend: „Die leeren Versprechen, die Politiker*innen und Behörden | |
hier lassen, die bringen uns nichts. Sie sprechen und gehen wieder.“ | |
Die Soligruppe hofft dennoch darauf, dass sich in naher Zukunft etwas an | |
der Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung ändert. Weil sich der | |
langjährige parteilose Oberbürgermeister Bernd Wiegand Anfang des Jahres | |
bei der Corona-Impfkampagne vorgedrängelt haben soll, wurde er Mitte Juni | |
des Amts enthoben. Alle Blicke richten sich in Halle nun auf seinen | |
Nachfolger Egbert Geier von der SPD. | |
2 Aug 2021 | |
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[1] /Nach-dem-Anschlag-in-Halle/!5786255 | |
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## AUTOREN | |
Mohamed Amjahid | |
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