| # taz.de -- Nach dem Anschlag in Halle: Jede Menge ungefragter Blumen | |
| > Für jedes bisschen Unterstützung der Stadt musste der Kiez-Döner in Halle | |
| > kämpfen. Dabei steht viel auf dem Spiel: Das Vertrauen in die Demokratie | |
| Bild: Bekommt Besuch, aber wenig Unterstützung: Ismet Tekin, Besitzer des Kiez… | |
| Rechtsextremistische Attentate werden in Deutschland als Angriff auf die | |
| freiheitliche demokratische Grundordnung deklariert. Doch spätestens im | |
| Nachgang eines solchen Attentats muss der Staat Verantwortung übernehmen. | |
| Schließlich geht darum, das Vertrauen zurückzugewinnen – das der | |
| [1][Betroffenen] und eines nicht unwesentlichen Anteils der Bevölkerung, | |
| dem das Attentat galt. | |
| Es geht darum, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung für alle | |
| gilt – auch für Ismet und Rifat Tekin, [2][Besitzer des Kiez-Döner], in den | |
| am 9. Oktober 2019 ein schwer bewaffneter Rechtsextremist stürmte und einen | |
| Menschen ermordete. | |
| Wie viel Wert die Stadt Halle darauf legt, hat sie nun erneut zum Ausdruck | |
| gebracht. Ismet Tekin erreichte an diesem Wochenende die Nachricht: Das | |
| versprochene Geld für den Umbau des Dönerladens zu einem Frühstückscafé – | |
| von einem Tatort zu einem Ort des Beisammenseins – werde nicht vollends | |
| ausgezahlt. Die Pandemie habe zu weitreichende Folgen auf die Stadtkasse. | |
| Keine Frage: Leere Kassen sind für alle belastend. Beim Ringen der | |
| Prioritäten muss es Verlierer:innen geben. Nur scheint es nicht so, als | |
| seien die Betroffenen des Anschlags je Priorität gewesen. Genau genommen | |
| haben sie ab Tag eins jede Hilfe erkämpft. | |
| ## Zusagen nicht eingehalten | |
| Das erste Eingeständnis kam 48 Stunden vor dem Jahrestag des Attentats. An | |
| diesem Morgen standen auf den Parkplätzen des Kiez-Döner große Blumenkübel | |
| – als Zeichen der Stadt, diese nach langen Diskussionen als Nutzfläche | |
| freizugeben. Das zweite im Februar 2021, als der inzwischen suspendierte | |
| Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) endlich 20.000 Euro für den | |
| Umbau des Geschäfts telefonisch zusagte. Davon bleiben jetzt nur 12.000 | |
| Euro übrig – und jede Menge ungefragte Blumen. | |
| In der Zwischenzeit erstellte eine ehrenamtliche Soligruppe Baupläne, | |
| organisierte Helfer:innen, ließ T-Shirts bedrucken, um an Geld zu kommen. | |
| Sie stehen unentgeltlich und im Gegenwind der Stadt für das ein, was in | |
| Verantwortung ebendieser läge: Dass der Rechtsextremist nicht gewinnt. | |
| 1 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Pia Stendera | |
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