# taz.de -- Rechte Netzwerke in Polizei und Militär: Hannibals Knallkörper | |
> Der Kopf des rechten Hannibal-Netzwerkes steht in Böblingen vor Gericht. | |
> Sollte er jedenfalls. Doch André S. kommt nicht. | |
Bild: Vor dem Böblinger Amtsgericht geht es um Sprengkörper aus Beständen de… | |
BÖBLINGEN taz | Im Grunde geht es bei diesem Termin im Amtsgericht | |
Böblingen nur um das Fehlen einer Erlaubnis. Doch der Angeklagte ist nicht | |
irgendwer, sondern der Kopf eines bundesweiten Netzwerks, in dem sich | |
Rechtsextremisten tummeln und paramilitärische Ausbildungen abgehalten | |
werden. Im Raum 030 trägt die Staatsanwältin vor, dass man im September | |
2017 das Wohnhaus des Angeklagten André S. und auch Liegenschaften seiner | |
Familie durchsucht habe. | |
Gefunden wurden in Sindelfingen und Halle: Signalleuchten, | |
Signalrauchpatronen, Zünder für Übungshandgranaten, Nebelgranaten und mehr | |
aus Militärbesitz. André S. war damals noch Elitesoldat des Kommandos | |
Spezialkräfte der Bundeswehr und eigentlich nur Zeuge in einem anderen | |
Ermittlungsverfahren. Dem Prozess in Böblingen bleibt er auf Anraten seines | |
Anwalts fern. | |
Das Amtsgericht Böblingen hatte im September 2019 [1][einen Strafbefehl | |
gegen André S. verhängt]. 120 Tagessätze Geldstrafe sollte er zahlen. Den | |
aktuellen Prozess gibt es nur, weil André S. gegen den Strafbefehl | |
Einspruch eingelegt hat. | |
André S. ist bundesweit bekannt unter seinem Pseudonym „Hannibal“. Anfang | |
2016 hatte er ein Prepper-Netzwerk gegründet, in dem sich Männer und Frauen | |
aus ganz Deutschland auf Katastrophen vorbereiten, den sogenannten Tag X. | |
Er setzte Chatgruppen auf, eine für den Norden, eine für den Osten, den | |
Westen, den Süden, auch in Österreich und der Schweiz soll es sie gegeben | |
haben. Die Katastrophen, an die sie dachten: Stürme, Stromausfälle oder | |
Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen. Es ist ein Netzwerk, in dem | |
rechtsextreme Gedanken Platz hatten. Auch rechtsextreme Tatpläne. Bislang | |
sieht dafür niemand André S. juristisch in der Verantwortung. | |
In der Südgruppe beispielsweise war [2][Franco A. Mitglied], ein | |
Bundeswehrsoldat, der sich unter falscher Identität als syrischer | |
Flüchtling registriert hatte. Vor Gericht schildert ein Ermittler, wie sie | |
auf André S. kamen. In Chatprotokollen hatten sie von Safe Häusern gelesen, | |
sicheren Rückzugsorten, möglicherweise mit Depots von Munition und Waffen. | |
Eines davon: die Kaserne in Calw, in der das kaum kontrollierte und gut | |
ausgebildete Kommando Spezialkräfte stationiert ist. Und André S. Sind | |
dort Franco A.s Waffen versteckt? | |
Als die Ermittler die Kaserne durchsuchen, finden sie nicht viel. Sie | |
erfahren: André S. hat von den Durchsuchungen gewusst und mindestens einen | |
Laptop beiseitegeschafft. [3][Derzeit läuft ein Verfahren in zweiter | |
Instanz gegen einen Mitarbeiter des Militärischen Abschirmdienstes]; er | |
soll André S. gewarnt haben. Durch den Prozess wurde bekannt: André S. war | |
Auskunftsperson, also eine Art Quelle für den MAD. | |
Wenn André S. gewarnt war, fragen sich die Ermittler, hat er dann auch die | |
Waffen von Franco A. weggeräumt? Also durchsuchen sie seine Wohnung und das | |
Autohaus seiner Eltern in Halle. Sie finden die Übungsgranaten. Ob sie aus | |
Bundeswehrbeständen stammen, ob André S. sie gestohlen hat oder jemand | |
anderes, dazu macht die Staatsanwältin keine Angaben. Der Diebstahl ist | |
schon verjährt. | |
André S. weist in Abwesenheit alle Vorwürfe von sich. Ein vor Gericht | |
befragter BKA-Beamter zitiert ihn allerdings: Er sei der Meinung gewesen, | |
dass es sich um erlaubnisfreie Knallkörper handele, deshalb habe er sie bei | |
der Bundeswehr mitgenommen. Am 3. Februar wird die Verhandlung fortgesetzt. | |
22 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christina Schmidt | |
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