| # taz.de -- MAD-Prozess in Köln: Freispruch für einen Geheimnisträger | |
| > Ein Mitarbeiter des Bundeswehrnachrichtendienstes soll „Hannibal“ vor | |
| > Ermittlungen gewarnt haben. Der Offizier wurde nun freigesprochen. | |
| Bild: So erschien der mittlerweile freigesprochene Oberstleutnant Peter W. im G… | |
| Köln taz | Im [1][Prozess um einen Mitarbeiter des | |
| Bundeswehrnachrichtendienstes MAD wegen Geheimnisverrats] urteilt das | |
| Amtsgericht Köln mit einem Freispruch. Der Vorwurf, der MAD-Mitarbeiter | |
| Peter W. habe ein Geheimnis einer anderen Person verraten, das ihm im | |
| Rahmen seiner Tätigkeit anvertraut wurde, habe sich im Verfahren nicht | |
| bestätigen lassen, begründet die Richterin das Urteil. | |
| Konkret war es um den Vorwurf gegangen, Peter W. habe einen Soldaten | |
| gewarnt, dass Durchsuchungen des Bundeskriminalamtes bevorstünden. Der | |
| Vorfall ereignete sich bereits im September 2017. Der Soldat, der gewarnt | |
| gewesen sein soll, heißt André S. Er ist auch bekannt als [2][„Hannibal“ | |
| und steht im Zentrum eines Untergrundnetzwerkes aus Soldaten, Polizisten | |
| und Behördenmitarbeitern.] | |
| Es ist der zweite Verhandlungstag. Peter W. ist ein wuchtiger Mann, er | |
| steckt in seiner grauen Ausgehuniform, die Auszeichnungen an der Brust | |
| befestigt. Dass er diese Uniform bis heute tragen darf, ist ein Signal | |
| seines Arbeitgebers, der Bundeswehr. Denn W. wird ein schweres Vergehen | |
| vorgeworfen: Er soll „wichtige öffentliche Interessen gefährdet“ haben, | |
| Ermittlungen also. | |
| Es ist Peter W.s Aufgabe, Bedrohungen für die Bundeswehr zu erkennen. | |
| Extremisten beispielsweise. Es gibt ein Beispiel in der jüngeren | |
| Vergangenheit, bei dem die Kontrollsysteme des MAD versagt hatten: | |
| [3][Franco A., ein Bundeswehrsoldat, der sich als Flüchtling ausgegeben | |
| hatte und Anschläge geplant haben soll.] Bis heute ermittelt die | |
| Bundesanwaltschaft gegen ihn. Auch darum geht es in Gerichtssaal 210 des | |
| Kölner Amtsgerichts. | |
| ## Franco A. galt als talentiert – und war rechtsextrem | |
| Franco A. galt als talentiert, soll eine Karriere vor sich gehabt haben. | |
| Was seine Vorgesetzten übersahen: Dass er sich zur selben Zeit als | |
| syrischer Flüchtling beim Bundesamt für Migration registriert hatte. Was | |
| niemand beachtet hat: Franco A.s rechtsextreme Gesinnung. | |
| Es war eine Putzfrau auf einem Wiener Flughafen, die schließlich dafür | |
| gesorgt hatte, dass er im Februar 2017 aufflog: Sie fand eine Waffe, die A. | |
| dort versteckt hatte. Die Bundesanwaltschaft wirft Franco A. heute vor, | |
| geplant zu haben, Politiker und Aktivisten zu töten. Rechtsextremen Terror | |
| also. Die Beweislage scheint schwierig: Ob er wegen einer schweren | |
| staatsgefährdenden Gewalttat angeklagt werden kann oder nur wegen | |
| geringerer Vergehen, muss derzeit der Bundesgerichtshof klären. | |
| Als Franco A. 2017 aufflog, fragten sich die Ermittler, ob er Teil eines | |
| größeren Netzwerkes ist. A. hatte sich vernetzt, auch in einer Chatgruppe, | |
| in der sich unter anderem Polizisten, Soldaten, Behördenmitarbeiter auf den | |
| Tag X vorbereiten, auf das Chaos also. Sie sind sogenannte Prepper. | |
| [4][Recherchen der taz] belegen, dass diese Chat-Gruppen Teil eines | |
| bundesweiten Netzwerkes sind, dass auch Verbindung zum Verein Uniter hat. | |
| Den hat ein baden-württembergischen Verfassungsschutzmitarbeiter | |
| mitgegründet. | |
| ## Konspirative Treffen und rechte Chatgruppen | |
| Franco A. war in einer dieser Chatgruppen in Süddeutschland aktiv und auch | |
| bei konspirativen Treffen anwesend. Mindestens einmal war er auch bei dem | |
| Mann zu Hause, der dieses Netzwerk führt: André S. alias „Hannibal“, dama… | |
| noch Soldat bei der Eliteeinheit Kommando-Spezialkräfte. Er ist der Mann, | |
| der vor den Durchsuchungen des Bundeskriminalamtes gewarnt gewesen sein | |
| soll. | |
| Aus der Anklageschrift gegen Peter W. geht hervor, dass die Mitglieder des | |
| „Hannibal“-Netzwerkes sichere Treffpunkte festgelegt hatten, sogenannte | |
| Safe Houses. Die Ermittler vermuten, dass auch die Graf-Zeppelin-Kaserne in | |
| Calw ein solches Safe House gewesen ist. Dort war André S. stationiert. Das | |
| Bundeskriminalamt beschloss deshalb, die Kaserne zu durchsuchen. Offiziell | |
| melden sich die Ermittler bei der Bundeswehr für eine Befragung an, bitten | |
| um Diskretion. Der MAD-Mitarbeiter Peter W. organisiert den Termin. Als die | |
| Ermittler am 15. September 2017 in Calw ankommen, finden sie: keine | |
| belastenden Beweisstücke. | |
| Später hören sie, dass André S. von den Durchsuchungen gewusst haben soll. | |
| Er brüstete sich vor Kameraden sogar damit, einen Laptop beiseite geschafft | |
| zu haben, spricht von einer Karte, die er vernichtet habe. Das schildern | |
| Zeugen auch vor dem Kölner Amtsgericht. | |
| Peter W. sagt vor Gericht, im Nachhinein von André S. selbst erfahren zu | |
| haben, dass es eine Razzia gegeben hat. Sein „Grad der Verärgerung“ darüb… | |
| sei „relativ groß“ gewesen. „Man hat mir nicht gesagt, dass durchsucht | |
| wird.“ | |
| ## Hannibal wurde zu einer „Auskunftsperson“ | |
| Peter W., der Mitarbeiter des MAD, war damals der Fallführer zur Causa | |
| Franco A. Er stand in engem Austausch mit dem Bundeskriminalamt und der | |
| Bundesanwaltschaft. W. sollte erklären, was das für ein Netzwerk ist, in | |
| dem Franco A. sich bewegte. Also sprach er André S. an, machte ihn zu einer | |
| sogenannten Auskunftsperson. Mit dem BKA und der Bundesanwaltschaft | |
| tauschte er sich aus, man traf sich, telefonierte. | |
| Mindestens drei Mal verabredeten sich Peter W. und „Hannibal“ im Sommer | |
| 2017 persönlich. Zuletzt zwei Tage vor der Durchsuchung, in einem Hotel in | |
| Sindelfingen. „Hannibal“ wusste da schon, dass er sich für Vertreter einer | |
| Behörde bereithalten soll, sie sprachen darüber. Aber auch darüber, dass | |
| Durchsuchungen bevorstehen? Hätte W. sie erahnen können? | |
| Die Staatsanwältin sagt, niemand muss W. über die geplanten Durchsuchungen | |
| informiert haben. Mit seiner Erfahrung habe er sich schließlich denken | |
| können, dass die Zeugen nicht nur befragt werden. W.s Verteidiger erwidert: | |
| „Überall wird nur gesprochen von ‚das hätte er sich denken können.‘“… | |
| kein Zeuge habe konkret zu Protokoll gegeben: „Das hat er gesagt.“ | |
| Die Richterin sieht die Vorwürfe nicht bestätigt und spricht den | |
| Angeklagten W. frei. Die Staatsanwaltschaft kündigt an, Rechtsmittel | |
| einzulegen. In einem Schreiben an die taz hatte André S. im Dezember über | |
| seinen Anwalt mitgeteilt, dass es für eine engere Bekanntschaft mit Franco | |
| A. keine Belege gäbe. Jetzt hat der Prozess in Köln eines belegt: S. war | |
| jedenfalls auf die Durchsuchungen vorbereitet. | |
| 27 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christina Schmidt | |
| Martin Kaul | |
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