# taz.de -- Bericht des Wehrbeauftragten: „Ihr seid Affen mit Trisomie 21!“ | |
> Der neue Bericht des Wehrbeauftragten zeigt: In der Bundeswehr arbeiten | |
> nicht nur Menschenfreunde. Wir haben die Flop 10 der miesesten Vorfälle. | |
Bild: Liegestütze gehören bei der Bundeswehr dazu. Einige Ausbilder haben es … | |
Als Wehrbeauftragter des Bundestags ist Hans-Peter Bartels (SPD) so etwas | |
wie der Anwalt der Soldat*innen. An ihn können sie sich wenden, wenn sie in | |
der Bundeswehr Probleme haben. Am Dienstag präsentierte Bartels seinen | |
Jahresbericht. Größtenteils thematisierte er darin Ausrüstungs- und | |
Personalmängel. Auf einigen Seiten geht es aber um auch [1][Fälle von | |
Rechtsextremismus], Rassismus, Sexismus oder Chauvinismus in der Armee. Das | |
sind die zehn eindrücklichsten Beispiele: | |
1. Auf der Wiese einer Kaserne in Schleswig-Holstein verfärbten Unbekannte | |
mithilfe von Düngemitteln das Gras, sodass auf vier mal vier Metern ein | |
Hakenkreuz zu erkennen war. Konsequenz: Keine, da die Täter*innen nicht | |
ermittelt werden konnten. | |
2. Eine Unteroffizierin ärgerte sich über die Preise einer | |
Bundeswehrkantine und sagte über den Betreiber, dieser sei „ein richtiger | |
Jude“. Sie würde nicht mehr zu ihm gehen, da sie ihm „nicht noch mehr Geld | |
in den Rachen werfen“ wolle. Konsequenz: Disziplinarverfahren vor einem | |
Truppengericht, Urteil unbekannt. | |
3. Ein Soldat sagte über einen Kameraden seines Zuges: „Der soll kellnern, | |
der ist schwarz.“ Konsequenz: eine einfache Disziplinarmaßnahme, also ein | |
Verweis, eine geringe Geldbuße, oder ein kurzer Arrest. | |
4. Ein Unteroffizier zeigte beim Neujahrsempfang seiner Einheit den | |
Hitlergruß und sagte: „Sieg Heil!“. Konsequenz: Disziplinarverfahren ist | |
eingeleitet. | |
5. Ein Offizier beleidigte während einer Weiterbildung seine Kameraden mit | |
den Worten: „Bin ich hier in einer Mongowerkstatt? Ihr seid Affen mit | |
Trisomie 21!“ Konsequenz: Beförderungsverbot für zwei Jahre, gekürzter Sold | |
für ein Jahr. | |
6. Ein Bundeswehrarzt sagte zu einer Soldatin, Soldatinnen seien keine | |
richtigen Frauen und für Männer nicht attraktiv. Früher sei alles besser | |
gewesen: Da habe einen die Frau nach Feierabend mit dem Abendessen begrüßt. | |
Konsequenz: Die Bundeswehr hat dem Arzt „klargemacht, dass sein Verhalten | |
mit der dienstlichen Stellung eines Offiziers in keiner Weise vereinbar | |
ist.“ Laut Jahresbericht war das eine „erfreulich deutliche“ Reaktion. | |
7. Eine Soldatin hatte Vorgesetzte mit dem Vorwurf der sexuellen | |
Belästigung intern angezeigt. Die Ermittlungen ergaben Nachweise für | |
„unangemessene Verhaltensweisen“, aber keinen eindeutigen Beweis für die | |
Belästigung. Die Bundeswehr gab den Vorgang an die Staatsanwaltschaft ab – | |
damit diese gegebenenfalls wegen falscher Verdächtigung ermitteln kann. | |
Konsequenz: Für die Soldatin zum Glück keine. Die Staatsanwaltschaft kam zu | |
dem Ergebnis, dass die Übergabe des Falls nicht gerechtfertigt war. | |
8. Ein Offizier drohte einem Untergeben damit, ihn „abzustechen“ und | |
„blutig zu ficken“. Außerdem schlug er ihm auf den Hinterkopf und die | |
Wange. Einen minderjährigen Rekruten nahm er zudem mit in ein Bordell. | |
Konsequenz: Disziplinarverfahren ist eingeleitet. | |
9. Ein Ausbilder ließ 81 Rekrut*innen bei 28 Grad Celsius mit Feldanzug, | |
Handschuhen und Wollsocken bekleidet 2,5 Kilometer laufen und zwischendurch | |
Liegestütze absolvieren. 16 der Teilnehmer*innen mussten hinterher wegen | |
Dehydrierung und Überlastung zum Arzt. Konsequenz: Nicht angegeben. | |
10. In einem anderen Fall gab ein Rekrut an, dass ihn ein betrunkener | |
Feldwebel nachts geweckt habe, um ihm zu befehlen, 70 Liegestütze zu machen | |
und hinterher sechs Bier zu exen. Konsequenz: Da Aussage gegen Aussage | |
stand, ordneten die Vorgesetzten lediglich eine „engere Dienstaufsicht“ an. | |
Dem Wehrbeauftragen zufolge ist aber nicht alles schlecht. Im Bereich | |
Rechtsextremismus wurden dem Militärischen Abschirmdienst im vergangenen | |
Jahr 363 neue Verdachtsfälle gemeldet, was zwar mehr ist als in den | |
Vorjahren, laut Bartels aber nicht zuletzt auf eine erhöhte Sensibilität | |
zurückzuführen sei: „Extremisten können sich nicht darauf verlassen, dass | |
Kameraden weghören oder wegschauen“, sagte er am Montag. Lobend erwähnt er | |
im Bericht unter anderem, dass die Bundeswehr im Kommando Spezialkräfte | |
(KSK), das [2][besonders stark betroffen] ist, Gegenmaßnahmen ergriffen hat | |
– etwa durch mehr Veranstaltungen zur politischen und historischen Bildung. | |
Kritik kommt dagegen aus der Opposition. Der Anstieg der Verdachtsfälle | |
lasse sich nicht nur auf eine gestiegene Sensibilität zurückführen, sagte | |
Christine Buchholz (Linke). „Es drückt in dramatischer Weise das Anwachsen | |
der Gefahr von rechts aus. Doch nicht nur die Bundesregierung, auch der | |
Wehrbeauftragte tut immer noch so, als ob es sich um eine Ansammlung von | |
Einzelfällen handelt.“ Diese Taktik erleichtere es Nazis, „innerhalb der | |
Bundeswehr Netzwerke aufzubauen“. | |
28 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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