# taz.de -- Rechte Gewalt in Dresden: Unbehelligtes Zuschlagen | |
> Seit Jahren begeht die rechte Hooligangruppe „Faust des Ostens“ aus | |
> Dresden Straftaten. Angeklagt wurde sie vor vier Jahren – bislang ohne | |
> Ergebnis. | |
Bild: Gewalt von rechts, und der Staat schaut weg – nicht nur ein Problem bei… | |
Dresden taz | Sie gründeten sich am „Führergeburtstag“ im April 2010 in d… | |
„Torwirtschaft“ gegenüber dem Dresdner Dynamo-Stadion und nennen sich | |
„Faust des Ostens“. Die Hooligans aus dem Umfeld des Dresdner | |
Zweitligaclubs werden vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem | |
eingestuft. Neben der Staatsmacht gehören auch westdeutsche Fans und | |
Ausländer zu ihren Hassobjekten. Doch juristisch zur Rechenschaft gezogen | |
wird die Gruppe bis heute nicht. | |
Die Dresdner Staatsanwaltschaft klagte schon im Juli 2013 fünf Rädelsführer | |
wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung an. Eine Hauptverhandlung am | |
Landgericht Dresden steht indes seit vier Jahren aus. Daran wird sich trotz | |
der angekündigten Bildung einer zweiten Staatsschutzkammer vorerst auch | |
nichts ändern. | |
In den 162 Aktenordnern, die die Staatsanwaltschaft während der | |
zweijährigen Ermittlungen und nach einer Großrazzia 2012 erstellte, wird | |
den Angeklagten bandenmäßiger Diebstahl, Raub, Landfriedensbruch und | |
schwere Körperverletzung vorgeworfen. Und die ausbleibende Strafverfolgung | |
ermuntert die kampfsportgestählten Hooligans offenbar zu weiteren | |
Straftaten. | |
Der grüne Landtagsabgeordnete Valentin Lippmann erfuhr vom sächsischen | |
Justizministerium, dass seit 2013 allein gegen die fünf Rädelsführer zwölf | |
neue Ermittlungsverfahren eröffnet wurden. Neben den üblichen Delikten geht | |
es um das Fahren ohne Fahrerlaubnis und Verstöße gegen das von Dynamo | |
Dresden verhängte Stadionverbot. Gegen zwölf weitere mutmaßliche | |
Gruppenmitglieder laufen 24 Verfahren, nur wenige Einzeltäter wurden | |
verurteilt. | |
Auch als Neonazis im Januar 2016 den Leipziger Szene-Stadtteil Connewitz | |
überfielen, waren Mitglieder der „Faust des Ostens“ dabei. In eine | |
Schlägerei mit Migranten beim Dresdner Stadtfest im Vorjahr war die Gruppe | |
offenbar ebenso verwickelt. Ob sie auch hinter den Krawallen und einem | |
Aufmarsch in Militärkluft von etwa 2.000 Hooligans beim Spiel der Dresdner | |
gegen Karlsruhe Mitte Mai steckt, wird derzeit geprüft. | |
## Ermuntert die juristische Folgenlosigkeit die rechte Bande? | |
„Offiziell laufen die Ermittlungen noch gegen unbekannt“, sagt Tobias | |
Wagner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Er ist zuversichtlich, | |
dass konkrete Personen identifiziert werden können. Das Auftreten der | |
Truppe sehe aus, als sei es „vorher abgestimmt worden“. | |
Nicht nur der Grüne Lippmann sieht in der bisher juristischen | |
Folgenlosigkeit geradezu eine Ermunterung der rechten Bande. So weit will | |
Lorenz Haase, Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, nicht gehen. Aber er | |
findet es schon „extrem ärgerlich“, dass die Strafe nicht auf dem Fuß | |
folgt. Denn die lange Verfahrensdauer ist in der Regel strafmildernd. Wie | |
ein Teufelskreis wirkt zudem, dass keiner der Beschuldigten mehr in U-Haft | |
sitzt. Damit sinkt die Dringlichkeit: Bei überlasteten Gerichten stehen | |
solche Verfahren noch länger in der Warteschlange. | |
Nach interner Kritik will nun das Landgericht ab 1. Juli eine | |
Hilfs-Staatsschutzkammer eröffnen. Sie soll die bislang mit | |
Staatsschutzdelikten befasste 3. Strafkammer entlasten. Deren Überlastung | |
begründet Gerichtssprecher Thomas Ziegler unter anderem mit der Zunahme | |
komplexer Verfahren bei Bandenkriminalität mit vielen Beschuldigten. | |
Derzeit ist die Staatsschutzkammer allerdings mit einem delikaten Fall | |
beschäftigt, der von der Anklage bis zur Eröffnung der Verhandlung auch | |
sieben Jahre brauchte. Es geht um Ermittler des Verfassungsschutzes im | |
sogenannten „Sachsensumpf“, wo der Verdacht auf Verbindungen von Justiz und | |
organisierter Kriminalität besteht. Deshalb sieht Gerichtssprecher Ziegler | |
keine Chance, dass die „Faust des Ostens“ noch in diesem Jahr zur | |
Rechenschaft gezogen wird. Das sächsische Justizministerium wollte sich zur | |
Brisanz dieser Verschleppung nicht äußern. | |
8 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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