# taz.de -- Dynamo-Präsidium tritt zurück: „Diffamierungen und Anfeindungen… | |
> Trotz sportlicher Erfolge zerlegt sich Dynamo Dresden selbst. | |
> Selbstzerstörungskräfte und Selbstgenügsamkeit dominieren im ostdeutschen | |
> Fußball. | |
Bild: Berüchtigter Block K: die Ultras von Dynamo Dresden drängen Präsident … | |
Berlin taz | Handfeste Drohungen gehören zum Standard-Repertoire der Ultras | |
von Dynamo Dresden. Doch selten haben sie offenbar so durchschlagenden | |
Erfolg wie am Sonntagnachmittag gehabt. Beim Heimspiel gegen Greuther | |
Fürth, das mit 0:1 verloren ging, entrollten die Fans im | |
Rudolf-Harbig-Stadion ein Spruchband mit der Aufschrift: „Der K-Block ist | |
Anti-Ritter!!!“ Und wenig später war auf der Gegengerade zu lesen: „Eure | |
Lügen sind wie ein Kredit – Ihr genießt Sie jetzt – Bezahlen werdet Ihr | |
später“. | |
Adressiert war die Drohung an das Präsidium von Dynamo Dresden. An den | |
Präsidenten Michael Ritter und seine Stellvertreter Michael Winkler und | |
Diana Schantin. Noch am Sonntagabend trat das Trio von seinen Ämtern | |
zurück. Ebenso beugten sich der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende | |
André Gasch und der Ehrenratsvorsitzende Klemens Rasel dem Druck und | |
kündigten ihren Rückzug an. Es mag sein, dass dieser Schritt bereits vor | |
der Partie in Erwägung gezogen wurde, die massiven Anfeindungen im Stadion | |
hatten die Entscheidung dann jedoch offenbar maßgeblich beschleunigt. | |
In einer gemeinsamen Erklärung teilte die Führung nach ihrer Kapitulation | |
mit: „Trotz spektakulärer sportlicher und wirtschaftlicher Erfolge gerade | |
in den vergangenen Jahren müssen wir nun feststellen, dass wieder Kräfte zu | |
Tage getreten sind, die unseren Verein zurück in die alten Zeiten gestoßen | |
haben.“ Zudem sprachen sie „von Lügen, Diffamierungen und persönlichen | |
Anfeindungen“, von Zuständen, die man „nicht weiter mittragen“ wolle. | |
Als Gewinner dieses Konflikts darf sich der Sportdirektor Ralf Minge | |
fühlen, eine von den Fans verehrte Dynamo-Legende und 36-maliger | |
DDR-Nationalspieler, der dem Vernehmen nach vom Präsidium geschasst werden | |
sollte. Es soll Schwierigkeiten zwischen Minge und dem kaufmännischen | |
Geschäftsführer Michael Born sowie zwischen Born und den Mitarbeitern auf | |
der Geschäftsstelle gegeben haben. | |
## Auch in Chemnitz Zerreißprobe | |
Wer in dieser Schlammschlacht welche Rolle eingenommen hat, ist von außen | |
schwer zu bewerten. Festzuhalten bleibt indes, dass wieder einmal die | |
Selbstzerstörungskräfte bei einem ostdeutschen Profiverein am Wirken sind. | |
Auf diese scheinen selbst sportliche Erfolge nicht mäßigend zu wirken. | |
Zwar hatte Dynamo Dresden bereits nach zwei Spieltagen Trainer Uwe Neuhaus | |
entlassen, startete jedoch in den letzten Wochen eine kleine Siegesserie | |
unter ihrem neuen Coach Maik Walpurgis und steht deshalb trotz der jüngsten | |
Niederlage noch recht stabil in der Zweiten Liga im Mittelfeld. | |
Auch der Chemnitzer FC steht vor einer Zerreißprobe, obwohl der Klub nach | |
zehn Spieltagen mit zehn Siegen souverän die Tabelle der Regionalliga | |
anführt. Die Fans revoltieren gegen den aus dem Westen stammenden | |
Insolvenzverwalter Klaus Siemon, der die Profiabteilung ausgliedern will | |
und den Einfluß der Fans auf diese dadurch mindern möchte. | |
Abgesehen vom RB Leipzig, dem Projekt des österreichischen | |
Brause-Milliardärs Dietrich Mateschitz, ist der ostdeutsche Fußball in die | |
unteren Ligen bis in den Amateurbereich verdrängt worden. In der Zweiten | |
und Dritten Liga sind lediglich noch vier beziehungsweise fünf Ostvertreter | |
dabei. In der Regionalliga Nordost treffen einstige DDR-Oberligaklubs wie | |
der Serienmeister BfC Dynamo, der Chemnitzer FC und der FC Rot-Weiß Erfurt | |
aufeinander. | |
## Glückliche Nähe zu Hamburg | |
In Chemnitz hat Insolvenzverwalter Siemon erklärt, man müsse sich zwischen | |
Kreisliga- und Profifußball entscheiden. Für ihn ist die Entscheidung eine | |
klare Angelegenheit. Was er vermutlich unterschätzt, ist das | |
Identitätsbedürfnis der Fans. An Misserfolge indes hat man sich bereits | |
gewöhnt. In Chemnitz fürchtet man vielmehr die Vision zu einer Art Red Bull | |
Chemnitz zu werden. | |
An der fehlenden Berücksichtigung ostdeutscher Standorte bei der Auswahl | |
der Gastgeberstädte für die in Deutschland stattfindende Euro 2024 haben | |
sich bezeichnenderweise vor allem Politiker gestört. | |
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) und | |
Sachsen-Anhalts Sportminister Holger Stahlknecht (CDU) beklagten die | |
verpasste Chance, dem ostdeutschen Fußball Aufmerksamkeit und Auftrieb zu | |
verschaffen. | |
Dagegen zeigten sich die regionalen Fußballfunktionäre erstaunlich | |
genügsam. Joachim Masuch, Präsident des Landesfußballverband (LFV) | |
Mecklenburg-Vorpommern erklärte: „Wir können relativ froh sein, dass wir | |
nicht weit weg sind von den Spielorten Berlin und Hamburg.“ Und Erwin | |
Bugar, sein Kollege aus Sachsen-Anhalt, sagte, Ziel sei es, dass eine oder | |
zwei Nationalmannschaften ihr Quartier während der EM in Sachsen-Anhalt | |
beziehen würden. Wobei er gleich beschwichtigte, das sei eine schwierige | |
Angelegenheit, die Uefa halte die Maßstäbe sehr hoch. Dem ostdeutschen | |
Fußball mangelt es auch an starken Interessensvertretern. | |
1 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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