# taz.de -- Reaktionen auf EU-Klimapaket: Für 1,5 Grad reicht es nicht | |
> Klimaschützer finden die EU-Ziele zu niedrig und den Weg zu unsozial. Die | |
> Wirtschaft wiederum fühlt sich nicht ausreichend „geschützt“. | |
Bild: Demonstration gegen deutschen Klimapolitik am 8. Juni 2021 in Berlin. Wir… | |
Für viele Umweltverbände stand schon vor der offiziellen Vorstellung des | |
„Fit for 55“-Pakets am Mittwochnachmittag fest, dass sie damit nicht | |
zufrieden sind. Denn ganz unabhängig von den Maßnahmen, die dabei im | |
Mittelpunkt stehen, geht ihnen das Ziel nicht weit genug, das sich im Namen | |
des Pakets findet: Die Reduktion der Treibhausgase um 55 Prozent bis 2030 | |
im Vergleich zu 1990 reiche nicht, um einen fairen Anteil der EU [1][zum | |
Erreichen des Pariser Klimaziels zu erbringen], meint etwa der | |
BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. „Wir nehmen erste Ambitionen wahr, doch um | |
[2][die Klimaerhitzung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen], muss die EU ihre | |
Emissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent reduzieren.“ Auch der | |
Dachverband DNR plädiert für ein höheres Ziel. | |
Doch auch die Maßnahmen stoßen bei Umweltverbänden teilweise auf Kritik. | |
Während manche Vorschläge wie das Aus für neue Verbrennungsmotoren im Jahr | |
2035 und eine Steuer auf Kerosin grundsätzlich begrüßt werden, sehen die | |
Verbände den neuen europaweiten CO2-Emissions-Handel im Bereich Verkehr und | |
Wohnen skeptisch: Denn während in Deutschland geplant ist, die Einnahmen | |
daraus zum Großteil an die Bürger*innen zurückzugeben, spricht die EU | |
davon, dass nur ein Teil des Geldes zur Unterstützung ärmerer Menschen | |
verwendet werden soll. Es müsse sichergestellt werden, dass die „Kosten | |
nicht einseitig zu Lasten Geringverdienender gehen“, meint der BUND. | |
Auch das European Environmental Bureau (EEB) warnt: „Ohne ein Auslaufen | |
fossiler Kraftstoffe wird die Kraftstoffindustrie die Emissionskosten für | |
Gebäude und Verkehr an die Verbraucher weitergeben und weiterhin immense | |
Profite machen“. Kritisch sieht EEB-Experte Stephane Arditi auch den | |
geplanten Schutz der europäischen Industrie durch eine neue CO2-Abgabe für | |
importierte Produkte. So wie diese derzeit geplant sei, diene sie eher | |
dazu, „die EU-Industrie zu schützen, als die Dekarbonisierung der | |
Wirtschaft zu beschleunigen“. | |
Kritik an diesem Instrument kommt auch von der Industrie, allerdings mit | |
einer völlig anderen Stoßrichtung: Sie fühlt sich nicht ausreichend | |
geschützt. Die geplanten Grenzausgleichsmechanismen seien | |
„missbrauchsanfällig“ und riskierten „neue Handelskonflikte“, erklärt… | |
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Stattdessen müsse die | |
international konkurrierende europäische Wirtschaft weiterhin kostenlose | |
CO2-Zertifikate erhalten, fordert der BDI ultimativ: Das sei „unter keinen | |
Umständen verhandelbar“. | |
## Die Stunde hat geschlagen | |
Die Lufthansa kritisierte zudem die Vorschläge der EU-Kommission für eine | |
Kerosinsteuer und eine verbindliche Quote für nachhaltige Kraftstoffe. | |
Diese könnten zu „erheblichen Wettbewerbsnachteilen für europäische | |
Fluggesellschaften“ führen, warnte eine Sprecherin. | |
Anders fällt die Einschätzung zum geplanten Verbot neuer | |
Verbrennungsmotoren aus: Während der Verband der Automobilindustrie dies | |
ablehnt, plant Volkswagen ohnehin schon, in Europa spätestens 2033 keine | |
Verbrenner mehr zu verkaufen; andere europäische Hersteller haben ähnliche | |
Pläne. Patrick Hummel, Autoanalyst bei der UBS-Bank, sieht die Ankündigung | |
darum entspannt. „Das hilft, den Übergang ins neue Zeitalter zu meistern“, | |
sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. „Die wenigen, die bislang den Kopf | |
in den Sand gesteckt haben, bekommen schwarz auf weiß, dass die Stunde | |
geschlagen hat.“ | |
15 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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