| # taz.de -- Proteste für Geflüchtete: Schuhe dürfen nicht demonstrieren | |
| > Eine Aktion für die Geflüchteten in den griechischen Lagern wird in | |
| > Berlin und anderswo polizeilich unterbunden. Das pauschale Verbot wird | |
| > kritisiert. | |
| Bild: Schuhe vor dem Brandenburger Tor, bevor die Polizei kam | |
| Berlin taz | Am Ende war es weder für die Polizei noch die Gerichte zu | |
| verhindern: Das Zeichen der Solidarität für die in griechischen Lagern | |
| eingesperrten Flüchtlinge – und für die Versammlungsfreiheit in Zeiten von | |
| Corona-Ausnahmeverodnungen. Trotz Demonstrationsverbot und starkem | |
| Polizeiaufgebot verteilten eine Handvoll AktivistInnen am Sonntagmittag | |
| Punkt 12 Uhr vor dem Brandenburger Tor leere Schuhe, dazu Forderungen auf | |
| Schildern und Plakaten – etwa: „Open the borders.“ | |
| „Wir hinterlassen Spuren – [1][#LeaveNoOneBehind]“ heißt die u.a. von der | |
| Seebrücke initiierte und von Fridays for Future unterstütze bundesweite | |
| Aktion. Die Schuhe erfüllen dabei eine symbolische Doppelfunktion: Sie | |
| stehen für die ProtestteilnehmerInnen, denen eine gemeinsame Aktion derzeit | |
| untersagt ist und für die Geflüchteten in den Lagern, die weiter auf ihre | |
| Rettung warten müssen. | |
| Die Polizisten, die sich vor dem Hotel Adlon versammelt hatten und schon | |
| vorsorglich drei potentielle Demonstrantinnen zur Personalienfeststellung | |
| abgeführt hatten, kamen mit Verspätung dazu. Wohl mangels auszumachender | |
| Protestler widmeten sie sich den zahlreichen FotografInnen, von denen | |
| einige ihre Daten abgegeben mussten. Bei mindestens einem entschuldigten | |
| sich ein Beamter kurz darauf. Ein Missverständnis mit Aufklärungsbedarf. | |
| Fast unbemerkt kommen in den folgenden Minuten weitere Schuhe hinzu. Ein | |
| junger Mann mit schwarzem Basecap stellt im Vorbegehen ein Paar alte | |
| Sneaker auf den Platz. Ein Polizist eilt ihm hinterher und hält ihn an. | |
| „Ich habe doch nur Schuhe abgelegt und gehe jetzt wieder“, so der | |
| Angehaltene. Der Beamte hat kein Erbarmen und verlangt den Ausweis. Es | |
| drohen Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Corona-Verordnung und das | |
| Versammlungsgesetz. | |
| ## Streit über Verbot | |
| Schon im Vorfeld war die angekündigte und angemeldete Aktion zum Politikum | |
| geworden – denn sie wurde polizeilich untersagt; nicht nur in Berlin, | |
| sondern auch in Hamburg. Die Veranstalter hatten vor den jeweiligen | |
| Verwaltungsgerichten dagegen geklagt – und verloren. Ein Eilantrag vor dem | |
| Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, am Freitag angekündigt und noch | |
| am Samstagabend eingereicht, blieb bis zur Aktion am Sonntagmittag | |
| unbeantwortet. | |
| Alina Lyapina, Sprecherin der Seebrücke, kritisierte vor dem Brandenburger | |
| Tor das Verbot und die Auflösung des Protests als „Schikane“. Das Bündnis | |
| habe angekündigt, „alle gesundheitlichen Regeln zu respektieren“. Laut dem | |
| Anwalt Ralph Monneck habe die Polizei ein Gesprächsangebot der | |
| Organisatoren über die geeigneten infektionsschutzrechtlich gebotenen | |
| Bedingungen für die Aktion nicht wahrgenommen. Monneck kritisierte das | |
| Verbot scharf: „Die Verfassung wurde durch die Pandemie nicht außer Kraft | |
| gesetzt. Es ist verfassungsrechtliche Aufgabe des Staates die Grundrechte | |
| auf Versammlungsfreiheit und der Meinungskundgabe jederzeit zu | |
| gewährleisten, also auch jetzt.“ | |
| Vor Ort sah die Realität dann aber anders aus: Mindestens eine zweistellige | |
| Zahl Protestler wurde polizeilich überprüft, die Schuhe und Schilder | |
| wanderten in große Müllsäcke der Polizei. Doch ganz so schnell war die Lage | |
| nicht unter Kontrolle. Bis in den Nachmittag hinein wurden immer wieder | |
| Spruchbänder entrollt und erklungen Sprechchöre über den Platz. Derweil | |
| wurden in Berlin auch an vielen anderen Orten [2][Schuhe, Transparente] und | |
| [3][sonstige Spuren hinterlassen]. | |
| Während auch in Hamburg Personalien von Menschen aufgenommen wurden, die | |
| Forderungen mit Kreide auf den Boden malten, und ein [4][Protest in | |
| Frankfurt/Main trotz Mindestabstand unterbunden wurde], ist etwa in Münster | |
| der Umgang mit demokratischen Grundrechten weniger restriktiv. Eine | |
| Mahnwache gegen einen Transport mit Uranmaterial darf am Montag stattfinden | |
| – mit Mundschutz und Mindestabstand. | |
| Warum das in Berlin nicht möglich ist, ist auch für Ronja Weil, Sprecherin | |
| vom ebenfalls an den Protesten beteiligten Bündnis Ende Gelände, nicht | |
| nachvollziehbar. Sie erinnert die Berliner Regierungsparteien daran, die | |
| Stadt zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete erklärt zu haben: „Nun ist … | |
| der Zeit, dass auf Worte auch Taten folgen.“ | |
| 5 Apr 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://twitter.com/search?q=%23LeaveNoOneBehind&src=typeahead_click | |
| [2] https://twitter.com/solcitybln/status/1246794379395846144?s=20 | |
| [3] https://twitter.com/Bleibpassiv/status/1246778921816915968?s=20 | |
| [4] https://twitter.com/Protestfoto_ffm/status/1246788923982036993?s=20 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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