# taz.de -- Polizeieinsätze zu Silvester: Aufrüsten für den Jahreswechsel | |
> Die Polizei rechnet zu Silvester erneut mit Ausschreitungen und reagiert | |
> mit Großaufgeboten. Innenministerin Faeser warnt vor einer Terrorgefahr. | |
Bild: Viele Städte versuchen mit einem Feuerwerksverbot Ausschreitungen an Sil… | |
BERLIN taz | Polizeigroßeinsätze, Social Media-Appelle, | |
Law-and-Order-Forderungen: Die Länder bereiten sich auf erneute | |
Ausschreitungen zu Silvester vor und rüsten auf. Zudem warnt | |
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor einer fortbestehenden | |
Anschlagsgefahr auch zum Jahreswechsel. | |
Vor einem Jahr war es vor allem in Berlin zu [1][Angriffen auf Polizei- und | |
Feuerwehrkräfte] gekommen – und zu einer wochenlangen Diskussion im | |
Nachgang. Ein bundesweites Lagebild zu den Vorfällen, das Faeser | |
angekündigt hatte, [2][kam indes nie zustande]. In diesem Jahr rechnen die | |
Sicherheitsbehörden aber vor allem angesichts der [3][aufgeladenen | |
Nahostdebatte] erneut mit Ausschreitungen. | |
So plant nicht nur die Berliner Polizei mit bis zu 2.500 Beamt*innen, 500 | |
Bundespolizist*innen an den Bahnhöfen, extra Staatsanwält*innen | |
und vier Böllerverbotszonen ihren [4][bisher größten Einsatz zum | |
Jahreswechsel]. Auch in Hamburg steht der größte Silvestereinsatz bevor. | |
Mehrere Hundertschaften sollen über die Stadt verteilt werden, die bei | |
Ausschreitungen sofort eingreifen sollen. Beide Länder sprachen zudem | |
gezielt Jugendliche an, die zuvor mit Straftaten aufgefallen waren und | |
veröffentlichten [5][Social Media-Videos], in denen Polizei- und | |
Feuerwehrkräfte appellieren, [6][sie nicht anzugreifen]. | |
## „Ein explosives Gemisch“ | |
In Nordrhein-Westfalen sollen bis zu 6.600 Polizeikräfte im Dienst sein – | |
500 mehr als im Vorjahr. Dort wird zudem auf mobile Videoüberwachung und | |
auf den frühen Einsatz von Bodycams gesetzt. NRW-Innenminister Herbert Reul | |
(CDU) sagte, die Stimmung sei durch den Nahostkonflikt schon jetzt | |
aufgeheizt, dazu kämen alkoholisiert Feierende, „ein explosives Gemisch“. | |
Auch Sachsen kündigte 550 zusätzliche Polizeikräfte für Silvester an, etwa | |
in Leipzig oder Borna, [7][wo es vergangenes Jahr zu Randalen kam]. | |
Baden-Württemberg will ebenso mehrere hunderte zusätzliche Einsatzkräfte | |
bereitstellen. Man werde „vorbereitet und hellwach sein“, so Innenminister | |
Thomas Strobl (CDU). Zudem verhängten mehrere Städte wie Hannover für Teile | |
der Innenstadt Verbote, Feuerwerkskörper mitzuführen und abzubrennen. | |
Jochen Kopelke, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagte der taz, | |
man dürfe Krawalle nicht herbeireden, aber vieles spreche dafür, dass vor | |
allem Berlin vor einer ähnlich schwierigen Silvesternacht stehe wie beim | |
vergangenen Jahreswechsel. Das große Kräfteaufgebot und der Extra-Einsatz | |
von Staatsanwält*innen sei daher richtig, „um die Treiber der Konflikte | |
früh aus dem Verkehr zu ziehen“. | |
## Gewerkschaft der Polizei sieht Politikversagen | |
Das Grundproblem aber sei, dass es in der Gesellschaft eine wachsende | |
Gruppe gebe, für die Gewalt gegen andere „hip“ sei und Angriffe auf | |
Polizisten oder Sanitäter das eigene Image fördere, warnte Kopelke. Hier | |
müsse man mit konsequenten Strafen, besseren Präventionskonzepten und mehr | |
Forschung gegensteuern. Zugelich müsse man aber auch die Frage beantworten, | |
warum man diese Gruppen nicht mehr erreicht. „Das ist Aufgabe der Politik. | |
Sie hat hier total versagt.“ | |
Kopelke kritisierte die Politik zudem für eine zu geringe Bezahlung der | |
Polizeikräfte. „Wenn man weiß, dass meine Kolleginnen und Kollegen, die in | |
der schwierigen Silvesternacht den Kopf für andere hinhalten, für ihre | |
langen Nachschichten mit Zulagen abgespeist werden, die seit zwanzig Jahren | |
nicht erhöht worden sind, ist sofort klar, auch hier besteht | |
Handlungsbedarf“, so der GdP-Vorsitzende zur taz. „Mehr Respekt gegenüber | |
den Polizistinnen und Polizisten lassen daher nicht nur die Randalierer | |
vermissen, sondern auch die Politiker.“ | |
Bundesinnenministerin Faeser erklärte am Donnerstag, „gewalttätige | |
Übergriffe gegen Menschen, die anderen das Leben retten, sind und bleiben | |
völlig unbegreiflich“. Es gebe „eine Verrohung in unserer Gesellschaft, die | |
uns große Sorgen machen muss“. Faeser verweis auf eine aktuelle Befragung | |
des Feuerwehrverbands und der Gesetzlichen Unfallversicherung, laut der | |
jede zweite Feuerwehrkraft bereits Anfeindungen erlebte. Die | |
Sozialdemokratin forderte eine konsequente Strafverfolgung und eine | |
breitere Solidarität mit den Einsatzkräften. | |
Diskutiert werden aber auch andere Maßnahme. So forderte | |
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zu Silvester einen | |
flächendeckenden Polizeieinsatz von Tasern. Burkhard Dregger von der | |
Berliner CDU plädierte für Wasserwerfer, den Einsatz von Bodycams und | |
Präventivgewahrsam für Personen, die zu Gewalt an Silvester aufriefen oder | |
damit früher auffielen. | |
## Erhöhte Anschlagsgefahr auch zu Silvester | |
Faeser warnte zudem vor einer [8][fortbestehenden Anschlagsgefahr]. Es | |
bestehe eine „erhöhte Bedrohungslage“ durch islamistischen Terrorismus. Die | |
Sicherheitsbehörden handelten „mit größter Wachsamkeit“ und tauschten si… | |
mit internationalen Partnern aus, betonte ihre Sprecherin. „Dies gilt auch | |
zu besonderen Ereignissen wie zu Silvester.“ | |
Erst kurz vor Weihnachten hatten Sicherheitsbehörden den Hinweis erhalten, | |
Islamisten könnten [9][zu Silvester einen Anschlag auf den Kölner Dom | |
verüben]. Involviert sei der afghanische IS-Ableger „Provinz Khorasan“. Die | |
Kathedrale wurde darauf durchsucht und für Besucher geschlossen. | |
Gottesdienste blieben nach Kontrollen möglich. | |
Heiligabend wurden dann in Köln fünf Männer durchsucht, gegen einen | |
30-jährigen Tadschiken wurde bis zum 7. Januar ein Gewahrsam zur | |
Gefahrenabwehr verhängt. Der Kölner Kripochef Michael Esser betonte: „Wir | |
schöpfen alle rechtlichen Möglichkeiten aus, um die Menschen, den Dom und | |
die bevorstehenden Silvesterfeierlichkeiten zu schützen.“ Der Kölner Dom | |
selbst erklärte, „Sicherheit geht vor“. Die Kirche bedankte sich bei | |
Besucher*innen „für Ihre Geduld, Ihre Gelassenheit und Ihren Zuspruch“. | |
Man sei überzeugt, dass man diese „Ausnahmesituation“ gut meistern werde. | |
28 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Gewalt-an-Silvester/!5903865 | |
[2] /Zahlen-zu-Angriffen-in-Silvesternacht/!5909821 | |
[3] /Islamistische-Terrorgefahr/!5977130 | |
[4] /Silvester-in-Berlin/!5981673 | |
[5] https://www.instagram.com/p/C1WVvXct9B8/ | |
[6] https://twitter.com/polizeiberlin/status/1739967242245411121 | |
[7] /Ausschreitungen-zu-Silvester/!5905056 | |
[8] /Terrorgefahr-in-Deutschland/!5976662 | |
[9] /Mutmassliche-Anschlagsplaene-in-Koeln/!5981521 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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