# taz.de -- Polizei ohne Statistik: Nirgends rechtsextreme Polizisten? | |
> Polizisten fallen immer wieder mit rechten Ausfällen auf. Die Behörden | |
> wissen dazu wenig: Die Vorfälle werden kaum erfasst. | |
Bild: Rechtsextreme in der sächsischen Polizei? Für das Innenministerium unsi… | |
BERLIN taz | Die zwei sächsischen SEK-Beamten waren im September für einen | |
Großeinsatz in Berlin ausgewählt, in die entsprechende Einsatzliste | |
[1][trugen sich die beiden unter dem Namen eines Rechtsterroristen ein]: | |
Uwe Böhnhardt, verantwortlich für die Morde des NSU. Ein [2][Mitarbeiter | |
des LKA Sachsen bedrängte im August auf einer Pegida-Demonstration ein | |
Kamerateam des ZDF]. Ein Ex-Polizeischüler berichtete, wie er in seiner | |
[3][Ausbildung in Sachsen rassistische Sprüche seiner Mitschüler erlebte]. | |
Immer wieder fallen Mitglieder der sächsischen Polizei durch rechte | |
Ausfälle auf. Alles Einzelfälle? Man weiß es leider nicht. Denn auf | |
taz-Anfrage an das sächsische Innenministerium, wie viele rechtsextreme | |
Vorfälle in den vergangenen Jahren in der Landespolizei gezählt wurden, | |
heißt es: „Dem Innenministerium liegen keine Erkenntnisse über | |
rechtsextremistische Beamte und/oder Mitarbeiter in der Polizei vor.“ Da es | |
auch in der Vergangenheit allenfalls „Einzelfälle“ gegeben habe, „wird | |
keine Statistik geführt“, so ein Sprecher. | |
Das erstaunt. Denn der sächsische LKA-Präsident Petric Kleine hatte etwa | |
den „Böhnhardt-Vorfall“ keineswegs heruntergespielt, sondern als | |
„vollständig inakzeptabel“ kritisiert. Den beiden Beamten wurde die | |
Ausführung ihrer Dienstgeschäfte untersagt. Der Grünen-Innenexperte | |
Valentin Lippmann kritisiert die fehlende Erfassung: „Wir brauchen klare | |
Erkenntnisse darüber, wie stark rechtsextreme Tendenzen in der Polizei | |
präsent sind.“ Dafür bedürfe es eine Statistik und auch eine Studie. | |
Sachsen ist indes nicht allein. Die Linkspartei fragte jüngst auch die | |
Bundesregierung nach rechtsextremen Vorkommnissen in der Bundespolizei seit | |
2012. Die Antwort liegt der taz vor. Demnach gab es seitdem nur 17 | |
Vorfälle, fünf davon in diesem Jahr. Vier Polizisten wurden entlassen, vier | |
erhielten andere Strafen. Die anderen Verfahren laufen noch. | |
## Blackbox Bundespolizei | |
Der Linken-Politikerin Ulla Jelpke erscheinen die 17 Fälle „verdächtig | |
niedrig“. Ein Generalverdacht sei nicht angebracht, aber: „Ich gehe davon | |
aus, dass es hier ein massives Erfassungsproblem gibt.“ Das Problem werde | |
einfach ignoriert, so Jelpke. | |
Bei der Bundeswehr wurden im vergangenen Jahr 162 rechtsextreme | |
Verdachtsfälle gezählt. In den Reihen der Bundespolizei aber fast keinerlei | |
Probleme? Erst im September sorgten zwei Beamte für Schlagzeilen, die in | |
Rosenheim betrunken in einem Restaurant den Hitlergruß gezeigt und rechte | |
Parolen gerufen haben sollen. Die Bundesregierung informiert in ihrer | |
Antwort immerhin, dass die Sicherheitsbehörden zuletzt im Fall rechter | |
Prepper einen Bezug zu Polizisten prüften. | |
Jelpke fordert die Einrichtung eines unabhängigen Polizeibeauftragten, um | |
rechtsextreme Vorfälle „neutral“ aufzuklären. Die Grünen teilen diese | |
Forderung. Aus der Bundesregierung heißt es dazu allerdings: „Für die | |
Bundespolizei und das Bundeskriminalamt wird derzeit keinen Bedarf zur | |
Einrichtung einer oder eines Polizeibeauftragten gesehen.“ | |
22 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /LKA-Sachsen-entschuldigt-sich/!5539112 | |
[2] /Pressefreiheit-in-Sachsen/!5530302 | |
[3] /Rechtsextremismus-bei-der-Polizei/!5543569 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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