# taz.de -- Politischer Aschermittwoch der CSU: In Passau bleibt die Basis brav | |
> Horst Seehofer ruft „Bits, Bytes, Bayern“ und „Seid stolz auf eure Unio… | |
> – und erntet Applaus. Die Fans genießen Bier, Blasmusik und Parolen. | |
Bild: Ließ sich bejubeln: Horst Seehofer | |
PASSAU taz | Es ist schon Viertel nach eins, als der Moment kommt, auf den | |
die ganze Halle gewartet zu haben scheint – und der den Zustand des | |
Politischen Aschermittwochs vielleicht am besten beschreibt: Ein | |
75-jähriger Mann tritt auf die Bühne. Für wenige Sekunden nur, er sagt auch | |
nichts, dennoch ist der Beifall so groß wie den ganzen Vormittag nicht. | |
Sprechchöre schwellen in der Passauer Dreiländerhalle an, die Menschen | |
skandieren: „Edmund, Edmund …“ Stoiber, der ehemalige Ministerpräsident … | |
CSU-Vorsitzende. Die Menschen hier lieben ihn noch immer. | |
Sein Nachnachfolger Horst Seehofer macht das Beste aus der Situation. „Herr | |
Generalsekretär, wir brauchen einen zweiten Aschermittwoch für Edmund | |
Stoiber als Redner“, sagt er in Richtung seines Adlatus Andreas Scheuer. | |
Der Unterschied, so Seehofer, wäre nur: „Er hätte um 10 Uhr angefangen und | |
wäre jetzt noch nicht fertig.“ | |
Das ist gut möglich. Franz Josef Strauß jedenfalls sprach ohne Weiteres | |
über drei Stunden. Und auch Stoiber konnte einen Aschermittwoch zumindest | |
noch allein bestreiten. Seehofer spricht genau eine Stunde, mit wenig | |
Leidenschaft und brüchiger Stimme. Gleich drei Vorredner, der | |
Europapolitiker Manfred Weber, der Bundesminister Alexander Dobrindt und | |
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, und eine Inszenierung im | |
amerikanischen Stil mit zahlreichen Einspielfilmchen und Musikeffekten | |
vermögen nicht zu überspielen, dass sich der viel beschworene Mythos des | |
Politischen Aschermittwochs überlebt hat. | |
Früher, da hingen hier noch echte Transparente an den Wänden, von | |
Stoiber-Fans eigenhändig auf alte Betttücher gemalt. Heute hat die CSU | |
digital eingesandte Banner an die Wand gepinnt. Schön ordentlich in Reih | |
und Glied. „#Aufhorstung“ steht dann da. Oder: „Wo wir sind, ist oben!“ | |
Und: „Hier ist die Vorstufe zum Paradies.“ | |
## Die Basis bleibt brav | |
An diesem Morgen ist es ein Sat.1-Moderator, der die erste Pointe bringt – | |
unfreiwillig. Es werde „viel, viel politische Information“ geben, | |
verspricht Ralf Exner, der durch durch Scheuers Multimedia-Spektakel führen | |
darf. Eine politische Bildungsveranstaltung? Oder „eine kleingeistige | |
Comedy-Show“, „in der Politgeschwätz dargeboten wird, das mit ein paar | |
bemühten Scherzen gewürzt ist und den Unterhaltungswert einer lauwarmen | |
Büttenrede besitzt“, wie es die Süddeutsche Zeitung mal liebevoll genannt | |
hat? | |
Aus CSU-Sicht freilich ist es ein großer Erfolg. Vor allem dürfte sich die | |
CSU-Führung über die brave Basis gefreut haben, die sich benahm und sich | |
Anti-Merkel-Aktionen verkniff. Nur als Horst Seehofer sagt, er kenne | |
niemanden außer Angela Merkel, der Deutschland durch die aktuelle Lage | |
führen könne, kommen aus den Tiefen des Saals ein paar Buhrufe, doch die | |
gehen im Applaus unter. „Seid stolz auf eure Union“, ruft Seehofer. Sein | |
Motto laute „Bits, Bytes, Bayern“, erzählt er, und von der größten | |
Steuerentlastung der Geschichte, die er den Deutschen angedeihen lassen | |
wolle. Er erzählt von seiner Herkunft, dem Vater, der Bauarbeiter und im | |
Winter arbeitslos gewesen sei, und dass er wisse, was es heißt, jede Mark | |
umdrehen zu müssen. | |
Einen originellen Vergleich hat Seehofer als Antwort auf die Proteste gegen | |
die Abschiebungen nach Afghanistan parat: „Ich verstehe nicht, warum wir | |
Soldaten nach Afghanistan schicken, die dort den Frieden sichern, aber | |
junge Leute von dort dürfen wir nicht in befriedete Regionen von | |
Afghanistan schicken.“ Auch die Obergrenze darf nicht fehlen, wird aber nur | |
kurz abgehandelt: „Wenn der Horst Seehofer sich etwas in den Kopf setzt, | |
wird er so lange dafür kämpfen, bis es kommt.“ | |
Die CSU-Anhänger, die nicht nur aus ganz Bayern, sondern auch aus | |
Norddeutschland den Weg hierher finden, kommen auf ihre Kosten, genießen | |
Bier, Blasmusik und Parolen. | |
## Die CSU an ihrer Obergrenze | |
Wie viele Besucher es tatsächlich sind, darüber ist schon im Vorfeld | |
leidenschaftlich debattiert worden. Die CSU stoße an ihre Obergrenze, | |
amüsiert man sich bei der SPD. Der Grund: In die Passauer Dreiländerhalle | |
passen 4.100 Besucher, mehr lässt die Polizei nicht zu. Die SPD im | |
benachbarten Vilshofen setzt seit ein paar Jahren aufs Bierzelt. Das lässt | |
sich zur Not auch mal verlängern – so dass in diesem Jahr 5.000 Menschen | |
der Rede von Kanzlerkandidat Martin Schulz folgen können. | |
Scheuer ficht das nicht an. Er gibt sich ganz postfaktisch gefühlsbetont. | |
„Gefühlte 10.000 Besucher“ kämen zur CSU. „Wir freuen uns, dass wir den | |
größten Stammtisch haben.“ Trump’sche Zählmethoden? Alternative Fakten? | |
Aber nicht doch! Von gefühlten Besuchern sprach man bei der CSU schon | |
früher beim Aschermittwoch. | |
Überhaupt diese Amerikaner. Machen alles nach. „Bayern zuerst“, fordert | |
Horst Seehofer in seiner Rede. Das sei schon immer sein einziges großes | |
Ziel gewesen. „Ich kann auch nichts dafür, dass amerikanische Präsidenten | |
unser Programm abschreiben.“ | |
Weniger verschämt gibt sich ein patriotisches Modelabel, das seine adretten | |
Verkäuferinnen durch die Reihen schreiten und T-Shirts mit der Aufschrift | |
„Bavaria first“ verkaufen lässt. | |
Gegen 14 Uhr stimmt der Saal Bayernhymne und Deutschlandlied an. Das „Fest | |
für Demokratie“, wie Generalsekretär Scheuer es nennt, ist vorbei. | |
1 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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