# taz.de -- Oktober so warm wie nie: Welt ist zu heiß und zu dreckig | |
> Trotz existenzieller Folgen der Klimakrise soll die Förderung von Kohle, | |
> Öl und Gas noch wachsen. Die Folge: die CO₂-Emissionen steigen weiter. | |
Bild: Wortwörtlich ein gestrandeter Vermögenswert: Brücke über der Loire in… | |
BERLIN/PUERTO RÍO TRANQUILO taz/ap | Den Gletscher Exploradores kann man | |
nur noch von Weitem sehen. Wandern oder klettern ist nicht mehr erlaubt – | |
zu gefährlich. Durch die Klimakrise schmilzt die Eismasse, ganze Brocken | |
könnten sich lösen und herabfallen. Das kann tödlich enden. Besichtigen | |
lässt die örtliche Forstbehörde den Gletscher im südchilenischen | |
Nationalpark Laguna San Rafael deshalb nur noch vom Boot aus. | |
Die Tourismusbranche beklagt sich bitterlich. Der Exploradores ist ein | |
beliebtes Ziel, 20.000 Menschen besuchen ihn jedes Jahr. Ob sie sich mit | |
der Fernsicht zufriedengeben oder von nun wegbleiben? | |
Indes häufen sich die globalen Temperaturrekorde. Der Oktober war der | |
wärmste jemals gemessene. Die Temperaturen lagen im Schnitt 1,7 Grad über | |
dem, was vor der Industrialisierung normal gewesen wäre. Sie lagen sogar um | |
0,4 Grad über dem vorherigen Rekord aus dem Oktober 2019 – eine | |
unglaubliche Marge. | |
Auch die Vormonate waren schon viel zu heiß gewesen. „Wir können nahezu | |
sicher sagen, dass 2023 das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung | |
wird, und bisher liegt es 1,43 Grad Celsius über dem vorindustriellen | |
Durchschnitt“, sagte Copernicus-Vizechefin Samantha Burgess am Mittwoch. | |
Einen so heißen Oktober hat es [1][der Klimaforscherin zufolge] zuletzt vor | |
mehr als 125.000 Jahren gegeben. | |
## Weiter steigende Fossilen-Förderung erwartet | |
Bei 1,5 Grad Celsius will die Menschheit die Erderhitzung eigentlich | |
stoppen, um katastrophale Folgen des eigens durch Treibhausgase ausgelösten | |
Klimawandels zu verhindern. Das Jahr 2023 kratzt also gefährlich an dieser | |
Marke, auch wenn ein Einzelfall noch nicht unbedingt den permanenten | |
Eintritt in eine Welt jenseits der 1,5 Grad bedeutet. | |
Aktuell trägt beispielsweise auch das natürliche Klimaphänomen El Niño zu | |
mehr Hitze bei, das sich alle paar Jahre mit seinem kühlenden Gegenstück La | |
Niña abwechselt. Dennoch: „Der Handlungsdruck beim Klimaschutz war nie | |
größer als jetzt vor der COP 28“, so Burgess. | |
COP 28 ist die Abkürzung für die [2][28. Weltklimakonferenz]. Sie soll ab | |
dem 30. November in Dubai stattfinden. Unter anderem geht es darum, ob sich | |
alle Staaten darauf einigen könnten, perspektivisch aus allen fossilen | |
Energien auszusteigen. Bisher geht es global gesehen in die | |
entgegengesetzte Richtung: Der weltweite Energiesektor war im vergangenen | |
Jahr mit einem CO₂-Ausstoß von 37 Milliarden Tonnen so klimaschädlich wie | |
noch nie zuvor. | |
Die Zahl wird weiter steigen, wenn alle internationalen Förderpläne für | |
Kohle, Öl und Gas auch wirklich in die Tat umgesetzt werden. Das | |
Umweltprogramm der Vereinten Nationen hat diese zusammen mit | |
Forschungsinstituten [3][analysiert]. Demnach sollen noch doppelt so viele | |
fossile Energieträger aus dem Boden geholt werden, wie mit der | |
1,5-Grad-Grenze vereinbar wäre. | |
Unterbinden die Regierungen es nicht, wird die globale Kohleförderung noch | |
bis zum Ende des Jahrzehnts anwachsen, die von Öl und Gas sogar noch bis | |
2050. Laut dem Weltklimarat müssen sich die weltweiten Emissionen bis 2030 | |
etwa halbieren, um bis 2050 praktisch bei null zu liegen. Nach neueren | |
Berechnungen könnte selbst das noch zu optimistisch sein. | |
Harjeet Singh vom Climate Action Network kritisierte die Regierungen am | |
Mittwoch scharf: „Der Bericht offenbart die eklatante Heuchelei, die | |
Herzstück des globalen Klimaschutzes ist.“ | |
8 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:7127892256233054208/ | |
[2] /Klimakonferenz-in-Dubai/!t5018328 | |
[3] https://www.unep.org/resources/production-gap-report-2023 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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