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# taz.de -- Ökonomin über Fischereisubventionen: „Handelsregeln nicht stark…
> Um bedrohte Fischbestände zu schützen, will die WTO diese Woche
> Subventionen für die Fischerei neu regeln. Expertin Ranja Sengupta ist
> skeptisch.
Bild: Fischer*innen im Fischereihafen von Xiangzhi in Südostchina
taz: Frau Sengupta, die [1][praktisch totgesagte] Welthandelsorganisation
(WTO) atmet doch noch: Die Fischerei auf den Weltmeeren soll endlich
nachhaltig werden, dabei soll ein internationales Abkommen über
Subventionen für Fischer*innen helfen. Klappt das?
Ranja Sengupta: Der erste Teil des Übereinkommens [2][wurde bereits 2022
unterzeichnet]. Jetzt stehen alle Mitgliedsstaaten unter Druck, das
Abkommen abzuschließen, auch wenn viele Entwicklungsländer mit dem Text
nicht zufrieden sind. Seit Beginn der Verhandlungen fordern die
Entwicklungsstaaten, das Prinzip der „Sonder- und Vorzugsbehandlung“ auch
bei diesem Übereinkommen zu verankern.
Viele Verträge der [3][Welthandelsorganisation] enthalten solche
Bestimmungen, die Ländern des globalen Südens gewisse Vorteile garantieren,
längere Übergangsfristen zu neuen Vorgaben zum Beispiel. Das soll die
Regelungen gerechter machen.
Aktuell scheint sich dieses Prinzip eher umzukehren. Wer nachweisen kann,
dass er „nachhaltig“ fischt, darf weiter subventionieren. Doch den meisten
Entwicklungsländern fehlen die Kapazitäten, um diese aufwendigen Nachweise
zu erbringen, während Industriestaaten über diese Mechanismen verfügen.
Außerdem sind die aktuell erwogenen Handelsregeln nicht stark genug, um
tatsächlich jene Staaten zu treffen, die Großfischerei und Fernfischerei
maßgeblich subventionieren.
Wie wird sich das Abkommen auf Entwicklungsstaaten auswirken, besonders auf
die kleinen Fischereien?
Wir haben mit vielen kleinen Fischereiverbänden in Entwicklungsstaaten
gesprochen, die das Übereinkommen sehr besorgt. Derzeit stellt sich die
Frage, welche Ausnahmen für kleine Fischereien in Entwicklungsstaaten
erlaubt werden. Wer darf noch subventioniert werden: Die Fischer, die nur
bis zu 12 Seemeilen hinausfahren oder auch jene, die bis zu 200 Seemeilen
hinausfahren? Die Grenze von 12 Seemeilen wäre zu eng, da viele kleine
Fischereien weiter hinausfahren. Für Entwicklungsländer wird das ein
zentraler Punkt sein: Solange es keine weitreichenden Ausnahmeregelungen
für Subventionen für kleine Fischereien gibt, werden sie das Abkommen nicht
unterzeichnen.
Haiti hat sich dem Übereinkommen in der vergangenen Woche angeschlossen. In
diesem Fall treten die Entwicklungsstaaten also nicht geschlossen auf.
Ja, aber Einigkeit unter Entwicklungsländern war von Beginn der WTO eine
Herausforderung. Noch dazu hängt sie von einigen wenigen großen Akteuren
ab. Ändert ein großes Land wie Indien seine Position, bricht das ganze
Bündnis zusammen. Außerdem sind die Entwicklungsstaaten nicht nur mit den
eigentlichen Abkommen konfrontiert, sondern auch mit exklusiven
Verhandlungsprozessen.
Wie meinen Sie das?
Viele Diskussionen finden in den sogenannten „green rooms“ statt, also bei
informellen Gesprächen unter mächtigen Ländern. Außerdem ist es für Lände…
die aufgrund mangelnder Kapazitäten nur kleine Delegationen schicken
können, schwer, an den vielen parallelen Verhandlungen teilzunehmen. Viele
Entwicklungsstaaten sind deshalb zunehmend frustriert. Gleichzeitig haben
sie natürlich nicht in allen Bereichen die gleichen Interessen. Also bleibt
es eine Herausforderung, Allianzen aufzubauen. In unserer Arbeit in Genf
erleben wir aber, dass die meisten Entwicklungsstaaten sich immer
intensiver darum bemühen.
Die Welthandelsorganisation zelebriert das Übereinkommen über
Fischereisubventionen als das erste Abkommen, das Nachhaltigkeit in den
Vordergrund stellt. Warum stößt das auf so viel Kritik?
Die Nachhaltigkeits- und Umweltagenda stellt eine große Herausforderung für
Entwicklungsstaaten dar. Nicht, weil sie sich nicht für Umweltschutz
einsetzen wollen, sondern weil die Art und Weise, wie
Nachhaltigkeitsaspekte jetzt themenübergreifend in WTO-Verhandlungen
eingebracht werden, problematisch ist.
Inwiefern?
Das geht über das Fischereiabkommen hinaus: Produzenten in
Entwicklungsstaaten sind oft nicht in der Lage, die geforderten „grünen“
Waren und Dienstleistungen gemäß der von Industriestaaten festgelegten
Standards zu produzieren und zu zertifizieren. Wer die Standards nicht
einhält, wird von den Märkten abgeschnitten. Gleichzeitig möchten die
Industriestaaten sicherstellen, dass die Märkte für „grüne“ Güter und
Dienstleistungen, die durch geistige Eigentumsrechte geschützt bleiben, in
den Entwicklungsländern offen sind.
26 Feb 2024
## LINKS
[1] /Welthandelsorganisation-in-der-Krise/!5747076
[2] /Welthandelsorganisation-verbietet-Subventionen/!5861777
[3] /Welthandelsorganisation/!t5027543
## AUTOREN
Merle Groneweg
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