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# taz.de -- Konferenz der Welthandelsorganisation: Die WTO kommt nicht voran
> Die Konferenz der Welthandelsorganisation einigt sich in vielen Fragen
> nicht. Nur das Zollverbot für digitale Güter wird verlängert.
Bild: WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala bei der Konferenz der Welthande…
Abu Dhabi taz | Die Ministerkonferenz der [1][Welthandelsorganisation (WTO)
in Abu Dhabi] ist ohne wesentliche Ergebnisse zu Ende gegangen. Trotz
Verlängerung konnten sich die 166 Mitgliedstaaten weder bei strittigen
Agrarthemen einigen noch eine Lösung für den blockierten
Streitschlichtungsmechanismus für Handelskonflikte finden. Selbst [2][das
Abkommen zu Fischereisubventionen], dessen Abschluss als wahrscheinlich
galt, kam nicht zustande: Zu umstritten war die Frage, welche Ausnahmen für
wen gelten würden. Stattdessen einigten sich die Delegierten darauf, an
zahlreichen offenen Themen weiterzuarbeiten – und verlängerten in letzter
Minute auch das Zollverbot für digitale Güter.
Damit ähnelte die Konferenz in Abu Dhabi vielen ihrer Vorgänger. [3][Seit
mehr als zwanzig Jahren stagniert ein Großteil der WTO-Verhandlungen].
Dabei ist die Organisation alles andere als belanglos: Drei Viertel des
globalen Handels basieren auf ihren Regeln. So wissen die großen
Wirtschaftsverbände der EU und USA genau, was sie an ihr haben: Während der
Verhandlungen luden der Verband schwedischer Unternehmen, BusinessEurope
und die US Chamber of Commerce zu Drinks und Häppchen ein, um über die
Bedeutung der WTO zu sprechen. „Es geht um Vorhersagbarkeit und
Stabilität“, sagte eine Vertreterin von Ikea.
Viele Unternehmen wünschen sich ein permanentes Zollverbot für digitale
Güter wie Musik, Filme und E-Books. Stattdessen beschloss die Versammlung
jedoch wieder nur die Verlängerung des sogenannten „E-Commerce-Moratoriums“
um zwei Jahre. Selbst das war hart umkämpft: Indonesien, Indien und
Südafrika gehören zu jenen Staaten, die Zölle einführen möchten, um ihre
Märkte vor der Big-Tech-Konkurrenz zu schützen. So ist der Kompromiss
beispielhaft für die Art und Weise, wie sich die WTO seit mehr als zwei
Jahrzehnten an zentralen Streitpunkten entlanghangelt. Bereits 1998
beschloss sie das Zollmoratorium für digitale Güter, das seitdem alle zwei
Jahre neu bestätigt werden muss, bis es zu einer permanenten Einigung
kommt.
Auch bei einer langen Liste an strittigen Agrarthemen besteht der einzige
Konsens darin, dass weiter verhandelt werden soll. So fordern die „Cotton
Four“-Staaten Benin, Burkina Faso, Mali und Tschad, deren Wirtschaft vom
Baumwollexport abhängig sind, seit Langem den Abbau von
Baumwollsubventionen in den USA, China und Indien. Doch sie bissen auch in
Abu Dhabi auf Granit. Für besonderen Sprengstoff sorgte die „öffentliche
Lagerhaltung“, bei der Indien seit 2013 eine Ausnahmeregelung genießt: Dort
darf der Staat die heimische Produktion von Reis und Weizen stark fördern,
was offiziell mit Ernährungssicherheit begründet wird. Doch das Land ist
inzwischen auch der größte Reisexporteur der Welt – und will trotzdem, dass
die eigene Praxis nicht mehr nur temporär, sondern permanent anerkannt
wird. Thailand, wiederum der zweitgrößte Reisexporteur der Welt, hat Indien
dafür unter Applaus zahlreicher anderer Delegationen scharf kritisiert. Die
Frage, wer unter welchen Bedingungen besagte „öffentliche Lagerhaltung“
betreiben darf, wird bei der nächsten Konferenz in Kamerun erneut zum Thema
werden.
## Konflikte auf allen Seiten
Dabei verlaufen die Konfliktlinien in der WTO längst nicht mehr so klar,
wie sie häufig gezeichnet werden: Es streiten nicht die Industriestaaten
auf der einen und die Schwellen- und Entwicklungsländer auf der anderen
Seite, sondern alle miteinander. Auffällig ist dabei der fehlende Konsens
innerhalb der BRICS-Gruppe, die aus Brasilien, Russland, Indien, China und
Südafrika besteht. Die oft als neuer Machtblock beschriebenen Staaten
gehörten zwar auch in Abu Dhabi zu jenen, die in den allerletzten Runden
mit den USA, der EU, Großbritannien und anderen verhandelten, während die
Delegationen der Entwicklungsländer längst draußen warteten. Doch es waren
Indien und Südafrika, die sich gegen ein Investitionsabkommen wehrten, das
China maßgeblich unterstützt hatte. Die EU-Kommission zeigte sich nicht nur
über das Verhalten Indiens verärgert, sondern beklagte den grundsätzlich
fehlenden „Kooperationsgeist“, insbesondere größerer Staaten. „Mehr als…
Länder haben sich etwas anderes gewünscht“, sagte eine
Kommissionsvertreterin mit Blick auf die aufgrund der USA gescheiterten
Verhandlungen zur Reform des Streitschlichtungsverfahrens.
Trotz der Schwierigkeiten ist die WTO die einzige multilaterale
Wirtschaftsorganisation, bei der im Gegensatz zum Internationalen
Währungsfonds und der Weltbank alle Mitglieder das gleiche Stimmrecht
haben. Zumindest theoretisch stärkt dies die Verhandlungsmacht von
kleineren und ärmeren Staaten. Als neue Mitglieder wurden in Abu Dhabi
Osttimor und die Komoren begrüßt. Immerhin, darin waren sich die Länder
einig.
3 Mar 2024
## LINKS
[1] /Welthandelskonferenz-in-Abu-Dhabi/!5992286
[2] /Oekonomin-ueber-Fischereisubventionen/!5991935
[3] /Welthandelsorganisation-in-der-Krise/!5747076
## AUTOREN
Merle Groneweg
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