Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Welthandelsorganisation verbietet Subventionen: Leichter neue Coron…
> Überraschende Einigung: WTO will ärmeren Ländern
> Covid-Impfstoff-Produktion ermöglichen und Fischereisubventionen
> begrenzen. Kritik an zu wenig Klimaschutz.
Bild: Glückliche und applaudierende Verhandler:innen am Schluss des Gipfels
Basel taz | Um 5 Uhr in der Früh gab es Applaus: Am Freitag ging in Genf
die Ministerkonferenz der [1][Welthandelsorganisation WTO] nach zähen
Verhandlungen zu Ende – zwei Tage später als gedacht, aber mit den ersten
multilateralen Abkommen seit neun Jahren, dem „Genf-Paket“. Es werde „das
Leben der Menschen auf der ganzen Welt verbessern“, sagte WTO-Chefin Ngozi
Okonjo-Iweala. Die Ergebnisse zeigten, dass die WTO „in der Lage ist, auf
die Notlagen unserer Zeit zu reagieren“.
Streit unter den 164 Mitgliedsländern hatte die Funktionsfähigkeit der WTO
zuvor jahrelang infrage gestellt. Und wieder gab es heftige Kritik an den
Ergebnissen. Die Einigung zu Patenten [2][von Covid-Impfstoffen] hebe „die
geistigen Eigentumsrechte nicht für alle erforderlichen medizinischen
Mittel in angemessener Weise auf“, ärgerte sich die Hilfsorganisation Ärzte
ohne Grenzen. Außerdem schaffe der Deal „einen schlechten Präzedenzfall für
künftige Pandemien“.
Indien und Südafrika drängen seit zwei Jahren darauf, Impfstoffe selbst
herstellen und exportieren zu dürfen. Die EU und auch Deutschland lehnten
dies aber stets ab: Die Hersteller hätten dann keinen Anreiz mehr, solche
Mittel zu entwickeln. Laut dem Genfer Kompromiss sollen Patente auf
Corona-Impfstoffe für Entwicklungsländer nun fünf Jahre lang aufgehoben
werden. Für Corona-Medikamente gilt dies hingegen nicht.
Der größte Erfolg des Genf-Pakets ist wohl das Abkommen zu Subventionen für
den Fischfang. Über deren Verbot wurde 21 Jahre lang verhandelt. Rund ein
Drittel der globalen Fischbestände gilt als überfischt. Nun sollen
zumindest Subventionen für den illegalen Fischfang wegfallen, damit sich
die Fischbestände erholen können. Der WTO-Mitglieder einigten sich zudem
darauf, den Fischfang auf der Hochsee nicht länger zu subventionieren.
[3][Fischfang] außerhalb der 200-Meilen-Zone dürfte sich dann in den
meisten Fällen nicht mehr lohnen. Laut Studien ist mehr als die Hälfte der
Hochseefischerei nur wegen Subventionen profitabel.
## Harte Kritik von NGOs
Die Minister stimmten zudem zu, dass Einkäufe des Welternährungsprogramms,
das Hungernden in aller Welt mit Nahrungsmitteln hilft, nicht durch
Ausfuhreinschränkungen behindert werden sollen. Allerdings ließen sie
gleichzeitig das Türchen offen, genau dies zu tun, wenn es dazu dient, die
eigene Bevölkerung adäquat zu versorgen. Wichtig für Indien, das mit einem
Exportverbot für Weizen die Versorgung der eigenen Bevölkerung
sicherstellen will.
Die Länder einigten sich auch darauf, sich noch einmal an einer Reform der
WTO zu versuchen. Derzeit ist das Schiedsgericht der WTO für
Handelsstreitigkeiten nicht entscheidungsfähig, weil die USA sich weigern,
neue Richter zu berufen. Für Washington übertrat das Gericht zuletzt seine
Befugnisse. Diese Blockade soll nun in den kommenden zwei Jahren gelöst
werden. Für EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis ist das von zentraler
Bedeutung: „Letztlich geht es darum, das regelbasierte multilaterale
Handelssystem mit einer reformierten WTO als Kernstück aufrechtzuerhalten.“
NGOs kritisierten die WTO-Ergebnisse hart. Zwar hätten alle strittigen
Themen Auswirkungen auf Umwelt und Klima, sagte Greenpeace-Experte Jürgen
Knirsch. „Aber Klimaschutz und die Erhaltung der Artenvielfalt tauchten in
den Verhandlungen so gut wie gar nicht auf.“
17 Jun 2022
## LINKS
[1] /WTO/!t5027542
[2] /Patente-fuer-Corona-Impfstoffe/!5846277
[3] /Zu-hohe-Subventionen-fuer-Trawler/!5781490
## AUTOREN
Christoph Müller
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Impfstoff
WTO
Welthandelsorganisation
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Internet
Fischerei
WTO
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ökonomin über Fischereisubventionen: „Handelsregeln nicht stark genug“
Um bedrohte Fischbestände zu schützen, will die WTO diese Woche
Subventionen für die Fischerei neu regeln. Expertin Ranja Sengupta ist
skeptisch.
Corona-Impfempfehlung der Stiko: Mäuse für Herbst gewappnet
Die miserable Datenlage für die Impfstoffe ist ärgerlich. Fehlende Zahlen
waren zu Beginn der Pandemie ein valides Argument, jetzt sind sie es nicht
mehr.
Einigung zu Corona-Impfstoffen: Den Kürzeren gezogen
Der Kompromiss der WTO zur Aussetzung von Patenten hat den Namen nicht
verdient. Einen gerechten Zugang zu Covid-Arzneien wird es weiter nicht
geben.
Handelsabkommen zu E-Commerce: Industrieparadies in Planung
In der Welthandelsorganisation verhandeln die Staaten über einen Vertrag zu
digitalem Handel. Geht es nur um mehr Macht für die Konzerne?
Fischbestände weltweit bedroht: WTO verhandelt weiter
Die Abschaffung von Fischereisubventionen scheint möglich. Alle Minister
seien bereit für Gespräche, sagt die Welthandelsorganisation.
Welthandelsorganisation in der Krise: Neuer Anlauf für die WTO
Die Welthandelsorganisation steckt in einer grundlegenden Krise. Darin
steckt auch die Chance für Ngozi Okonjo-Iweala, die neue WTO-Chefin.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.