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# taz.de -- Fischbestände weltweit bedroht: WTO verhandelt weiter
> Die Abschaffung von Fischereisubventionen scheint möglich. Alle Minister
> seien bereit für Gespräche, sagt die Welthandelsorganisation.
Bild: Fischfang in Frankreich: Auch die EU subventioniert Fischer
Hamburg/Genf taz/dpa/afp | Der Fortschritt bei den WTO-[1][Verhandlungen
über die Abschaffung schädlicher Fischereisubventionen] besteht offenbar
darin, dass sie weitergehen. Erstmals in dem seit nunmehr 20 Jahren
laufenden Prozess seien alle Minister immerhin bereit für Gespräche
gewesen, sagte Ngozi Okonjo-Iweala, die Chefin der Welthandelsorganisation,
am Donnerstag.
„Wir hätten uns kein besseres Ergebnis wünschen können“, versicherte die
Nigerianerin. Sie habe die politische Unterstützung bekommen, die sie
gesucht habe. Aber es müssten noch eine Reihe von Differenzen überbrückt
werden.
In zahlreichen Regionen weltweit sind die Fischbestände bedroht. 34 Prozent
gelten derzeit als überfischt – 1974 traf dies nur für zehn Prozent der
Bestände zu.
Die staatlichen Beihilfen sind teilweise der Grund dafür: Das zentrale
Problem ist aus Sicht der WTO, dass die Subventionen Fangflotten weiter auf
See halten, die sich angesichts sinkender Bestände ohne staatliche
Hilfsgelder nicht rentieren würden. [2][Ziel der Verhandlungen] ist es
deshalb, Subventionen für illegale, unregulierte Fischerei und für solche,
die zur Überfischung beiträgt, zu verbieten. Beihilfen sollen lediglich
dann genehmigt werden können, wenn sie die Erholung der Fischbestände auf
ein biologisch nachhaltiges Niveau fördern.
## Fisch wichtig für 3,3 Milliarden Menschen
Viele Delegationen verlangten Änderungen am Vertragsentwurf. Dabei sind die
zentralen Streitfragen noch offen. Zu diesen gehört der Status Chinas. Das
Land unterhält die größte Fischereiflotte der Welt und gibt dafür [3][einer
kanadischen Studie zufolge] auch die höchsten Subventionen aus. Zugleich
stuft es sich als Entwicklungsland ein und reklamiert entsprechende
Ausnahmen für sich.
Dabei sollen solche Ausnahmen die Lebensmittelversorgung von
Küstenanrainern sicherstellen. Rund 39 Millionen Menschen sind nach
WTO-Angaben für ihren Lebensunterhalt vom Fischfang abhängig. Zugleich
seien „gesunde Meere“ wichtig für die Lebensmittelsicherheit, da Fisch für
rund ein Fünftel des tierischen Eiweißbedarfs von rund 3,3 Milliarden
Menschen stehe, betont die Welthandelsorganisation.
Der für Außenhandel zuständige Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis
Dombrovskis, und die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai sprachen sich
deshalb gegen eine pauschale Ausnahmeregelung für alle Entwicklungsländer
aus. Tai verlangte Maßnahmen gegen Zwangsarbeit auf Fischerbooten. „Diese
Praxis tangiert den Wettbewerb, sie ist unfair und skrupellose Ausbeutung“,
sagte sie.
Dombrovskis warb dafür, eine „Liste“ von Ländern auszuhandeln, die für
Ausnahmen in Frage kommen. Diese sollten zudem lediglich für die sogenannte
Subsistenzfischerei, also für die Selbstversorgung innerhalb von zwölf
Seemeilen von der Küste gelten, nicht für große Fangflotten wie die Chinas.
## Position der EU umstritten
Umstritten ist allerdings auch die Position der EU, deren subventionierte
Fischer ebenfalls weltweit Gewässer leer fischen. EU-Vizekommissionschef
Dombrovskis forderte Ausnahmen für Subventionen, wenn Bestände gleichzeitig
geschützt werden. „Die Rolle von Bewirtschaftungsmaßnahmen zum Aufbau von
Beständen muss berücksichtigt werden, das funktioniert“, sagte er.
Ob solche Maßnahmen wirkten, werde nicht kontrolliert, kritisierte dagegen
Anna Holl von der Umweltstiftung WWF. Das würde der EU ermöglichen, auch in
Zukunft schädliche Subventionen etwa für Treibstoff oder den Kauf neuer
Schiffe zu gewähren.
Die EU will Steuernachlässe für Treibstoff aus dem Abkommen heraushalten.
Dabei gelten Treibstoffsubventionen als größter Treiber der Überfischung.
Viele Schiffe können nur durch billigen Treibstoff Tausende Kilometer von
ihren Heimathäfen entfernt fischen.
16 Jul 2021
## LINKS
[1] /Zu-hohe-Subventionen-fuer-Trawler/!5781490
[2] https://www.wto.org/search/search_e.aspx?search=basic&searchText=FISHER…
[3] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0308597X19303677
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Fischerei
WTO
Biodiversität
WTO
Schwerpunkt Klimawandel
Ostsee
Meere
Lesestück Recherche und Reportage
Schwerpunkt Artenschutz
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