# taz.de -- Obdachlose ziehen in besetztes Haus: Willkommen zuhause! | |
> In das Haus in der Berliner Habersaathstraße sind die ersten | |
> Bewohner*innen eingezogen. Am Montag gab es eine kleine | |
> Willkommensfeier. | |
Bild: Einzug in das neue Zuhause in der Habersaathstraße | |
BERLIN taz | Endlich kommt Leben in die größtenteils leerstehenden | |
Plattenbauten in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte. „Wir haben endlich | |
ein Zuhause“ steht auf einem Transparent, das aus einem der Fenster [1][des | |
besetzten Hauses hängt]. Unten auf der Straße haben sich am Montagmittag um | |
die 70 Menschen versammelt, um eine kleine Willkommensfeier für die neuen | |
Bewohner*innen in der Habersaathstraße abzuhalten. | |
Gekommen sind Aktivist*innen der Initiative „Leerstand hab-ich-saath“, | |
Bewohner*innen des Hauses und andere Unterstützer*innen. Die | |
Stimmung ist friedlich, so dass die Polizist*innen auf der anderen | |
Straßenseite ihr Auto erst gar nicht verlassen. | |
Es gibt aber ja auch schließlich etwas zu feiern: [2][Eine erfolgreiche | |
Hausbesetzung!] Um die 20 Menschen sind bereits eingezogen und um die 50 | |
sollen es insgesamt werden, erzählt Valentina Hauser, eine der | |
Aktivist*innen. In die teilweise noch möblierten Wohnungen ziehen Menschen | |
ein, die obdachlos sind, und vor allem jene, die aktiv an der Hausbesetzung | |
und den Protesten beteiligt waren. | |
## „Neue Chance“ | |
Einer von ihnen ist Sven. Zuvor hat er mit mehreren Menschen auf engem Raum | |
in einer Massenunterkunft gewohnt. Infektionsschutz und Privatsphäre waren | |
da Fehlanzeige, sagt Sven. „Der Einzug in die Habersaathstraße ist eine | |
enorme Verbesserung. Endlich kann ich mal die Tür hinter mir zu machen und | |
meine Ruhe haben“, erzählt er. | |
Einen Teil zum Erfolg der Hausbesetzung soll der Sozialträger „Neue Chance“ | |
beitragen. Die Organisation unterstützt und begleitet die neuen | |
Bewohner*innen in der Habersaathstraße. Zunächst habe der Träger mit | |
dem Bezirk einen Vertrag für ein halbes Jahr geschlossen, erklärt Ingo | |
Bullermann, der Geschäftsführer der Neuen Chance. | |
Unten im Haus haben sie dafür extra ein neues Büro eingerichtet. Dort | |
können die Bewohner*innen Hilfe von Sozialarbeiter*innen | |
bekommen. Die Organisation möchte ihnen dabei helfen eine | |
Zukunftsperspektive zu schaffen – auch für die Zeit nach der | |
Habersaathstraße. „Das Ganze ist wahrscheinlich ein endliches Vergnügen“, | |
sagt Bullermann und verdeutlicht damit die noch unsichere Perspektive des | |
ganzen Projekts. | |
## „Beschlagnahmt“ | |
Denn auch wenn die Stimmung bei der kleinen Einzugsfeier ausgelassen ist, | |
so richtig trauen kann man dem Ganzen noch nicht. Der ursprüngliche Plan | |
des Eigentümers war, das Haus abreißen zu lassen und Luxuswohnungen an der | |
Stelle zu errichten. Der Bezirk hat allerdings eine Rekommunalisierung des | |
Gebäudes geplant. Darauf bezieht sich auch ein Transparent an dem Haus mit | |
der Aufschrift: „Beschlagnahmt“. Die rechtlich legitime Besetzung basiert | |
auf dem Polizeigesetz ASOG, das ermöglicht, spekulativen Leerstand für die | |
Unterbringung Obdachloser zu beschlagnahmen. | |
Und der legale Einzug wohnungsloser Menschen in die Habersaathstraße ist | |
definitiv ein starkes Zeichen gegen spekulativen Leerstand. Die Frage | |
bleibt eben nur, wie lange sie dort wohnen bleiben können. | |
3 Jan 2022 | |
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[1] /Habersaathstrasse-nach-der-Besetzung/!5821863 | |
[2] /Erfolgreiche-Besetzung-in-Berlin/!5822941 | |
## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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