# taz.de -- Beschlagnahme der Habersaathstraße: Besetzer machen Politik | |
> Ohne renitente Mieter und Besetzer wäre die Habersaathstraße wohl längst | |
> abgerissen. Ihr Druck zwingt die Politik zum Handeln. | |
Bild: Wohnraum für alle! | |
Der Bezirk Mitte [1][beschlagnahmt mindestens 30 seit Jahren leer stehende, | |
aber bezugsfertige Wohnungen und stellt sie wenigstens vorübergehend | |
Wohnungslosen zur Verfügung]. Moralisch ist das richtig, denn es ist nicht | |
einzusehen, wieso Menschen auf der Straße oder in wenig komfortablen und | |
unter Coronabedingungen problematischen Notunterkünften schlafen sollten, | |
wenn anderswo Wohnraum ungenutzt zur Verfügung steht. Auch rechtlich ist es | |
folgerichtig: Spekulativer Leerstand ist in Berlin verboten. | |
Dass man sich dennoch verwundert die Augen reibt, liegt am meist wenig | |
entschiedenen Vorgehen der Politik gegen Eigentümer. Dass dieses Wegducken | |
im Fall der Habersaathstraße ein Ende hat, ist dabei dem Druck der | |
Initiative Leerstand-hab-ich-Saath zu verdanken. Ein Jahr nach einem ersten | |
[2][Besetzungsversuch] und wenige Tage nach einem daraus resultierenden | |
[3][Gerichtsprozess] haben die Aktivist:innen, darunter viele Wohnungslose, | |
das Haus ein zweites Mal besetzt – was für eine Chuzpe. Belohnt wurden sie, | |
weil auch der Bezirksbürgermeister erkannte, dass eine polizeiliche Räumung | |
ein Armutszeugnis wäre. | |
Die Pläne des Eigentümers, das intakte Haus abzureißen und durch einen | |
Neubau seinen Profit in die Höhe zu treiben, sind eine Anmaßung. Dass er | |
damit bislang nicht durchgekommen ist, ist den verbliebenen renitenten | |
Mieter:innen und der Initiative zu verdanken. Ihr hartnäckiger Kampf hat | |
den Bezirk erst dazu getrieben, sich gerichtlich gegen die Abrisspläne zur | |
Wehr zu setzen; unterstützt mit Geld vom Senat. Ohne ihren Druck wäre es | |
wohl gelaufen [4][wie am Hackeschen Markt]. Dort konnte ein Eigentümer ein | |
erst 20 Jahre altes Gebäude, in dem sich eine Seniorenunterkunft befand, | |
abreißen lassen. Seit Anfang des Monats beherbergt der Neubau einen | |
Apple-Flagshipstore. | |
Weil nicht an jeder Stelle der Stadt Menschen ihre Lebenszeit gegen diesen | |
spekulativen Wahnsinn einsetzen können, muss die Politik lernen. Abriss von | |
intaktem Wohnraum ist zu untersagen und auch gerichtlich durchzukämpfen. | |
Leerstand gehört konsequent bestraft, Bußgelder von bis zu 500.000 Euro | |
sind möglich. Dass auch eine Beschlagnahme ein Mittel ist, wissen wir | |
jetzt. Danke dafür. | |
20 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Erfolgreiche-Besetzung-in-Berlin/!5822941 | |
[2] /Verhandlungen-nach-Hausbesetzung-in-Mitte/!5721167 | |
[3] /Prozess-um-Besetzung-leerer-Wohnungen/!5817130 | |
[4] /Verdraengung-in-Mitte/!5497539 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
## TAGS | |
Hausbesetzung | |
Leerstand | |
Zweckentfremdung | |
Wochenkommentar | |
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin | |
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
Hausbesetzung | |
Berlin-Mitte | |
Leerstand | |
Sozialer Zusammenhalt | |
Hausbesetzung | |
Obdachlosigkeit | |
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wohnungspolitik in Berlin: Spekulation mit Wohnraum lohnt sich | |
Der Bezirk Mitte hat den Weg frei gemacht für den Abriss der | |
Habersaathstraße 40-48. Das ist ein fatales Signal für alle Mieter*innen | |
der Stadt. | |
Obdachlosenprojekt Habersaathstraße: Die zaghafte Politik rächt sich | |
Der Eigentümer der Häuser in der Habersaathstraße will 56 Obdachlose | |
rauswerfen – und der Bezirk Mitte meint, dagegen machtlos zu sein. | |
Mietenwahnsinn in Berlin: Haus für Obdachlose wird abgerissen | |
Das bekannte Haus in der Habersaathstraße darf einem Neubau weichen. Es | |
gibt scharfe Kritik an der Einigung zwischen Bezirk und Eigentümer. | |
Obdachlose ziehen in besetztes Haus: Willkommen zuhause! | |
In das Haus in der Berliner Habersaathstraße sind die ersten | |
Bewohner*innen eingezogen. Am Montag gab es eine kleine | |
Willkommensfeier. | |
Besetztes Haus in Berlin: 21 Obdachlose ziehen ein | |
Die ersten Bewohner*innen ziehen in die besetzte Habersaathstraße in | |
Mitte ein. Zu verdanken ist das dem Einsatz einer Initiative. | |
Habersaathstraße nach der Besetzung: Warten haben sie saath | |
Brandschutzmängel verhinderten bislang den Einzug von Wohnungslosen. Die | |
Besetzerinitiative fordert nun ein Go – ohne Deal mit dem Eigentümer. | |
Tagestreff für Obdachlose am Alex: Obdach und Leberkäs | |
Im Hofbräu am Alexanderplatz können Obdachlose eine warme Mahlzeit bekommen | |
– auch zu Weihnachten. Die kalten Tage treffen Menschen ohne Wohnung hart. | |
Erfolgreiche Besetzung in Berlin: Wohnungslose erkämpfen Haus | |
In der Habersaathstraße führt eine erneute Besetzung zum Erfolg. Der Bezirk | |
will die Wohnungen beschlagnahmen und zur Verfügung stellen. | |
„Gedenkort von unten“ in Berlin: Eine Bühne für Wohnungslose | |
Im Wedding macht ein Denkmal auf die Bedürfnisse von Obdachlosen aufmerksam | |
– und stellt einen Bezug zur geräumten Habersaathstraße 46 her. | |
Kampf gegen Wohnungslosigkeit: Kreuzberger Linke wollen mehr tun | |
Die „Sicherstellung“ von Wohnungen zur Vermeidung vor Zwangsräumungen darf | |
kein Tabu mehr sein, sagt Bürgermeisterkandidat Oliver Nöll. |