| # taz.de -- Abriss von Wohnhäusern: Wohnraum zu Bauplatz | |
| > Im Stadtentwicklungsausschuss Mitte war Mittwoch der Mettmannkiez Thema: | |
| > In Wedding will Bayer Wohnhäuser abreißen – eine umstrittene | |
| > Angelegenheit. | |
| Bild: „Hier werden Wohnungen abgerissen“ – Transparent im Mettmannkiez in… | |
| Berlin taz | „Ich hatte mir etwas mehr erwartet. Es blieb jetzt leider | |
| etwas unkonkret“, sagt Sascha Schug (SPD) um 21.30 Uhr am Mittwochabend in | |
| der per Videokonferenz öffentlich zugänglichen Sitzung des | |
| Stadtentwicklungsausschusses Mitte. Sein Redebeitrag war der letzte zum | |
| Vorhaben der Bayer AG in Wedding. Der Pharmakonzern möchte in der Tegeler | |
| Straße vier an das Firmengelände anliegende Wohnhäuser abreißen, um seine | |
| Produktionsstätte zu vergrößern. Die Sitzung ergab keine neuen konkreten | |
| Beschlüsse, KritikerInnen des Vorhabens konnten aber ihren Unmut und ihre | |
| Bedenken artikulieren. | |
| Vor allem ging es bei der Sitzung um die Fragen: Welche Perspektive gibt es | |
| für die verbleibenden MieterInnen? Welche konkreten Pläne hat Bayer auf der | |
| betroffenen Fläche? Und ist das Vorhaben mit Blick auf Berlins Mangel an | |
| bezahlbarem Wohnraum vertretbar? | |
| Zur Eröffnung der Debatte stellt sich zunächst Stefan Klatt vor: „Ich bin | |
| der Standortleiter von Bayer in Berlin, das können sie sich bei den 5.000 | |
| MitarbeiterInnen vorstellen wie den Bürgermeister einer kleinen Stadt.“ | |
| Folglich stellt er die Relevanz Bayers als großen Arbeitgeber und | |
| Hersteller von Medikamenten, die tagtäglich Leben retten heraus. Es scheint | |
| ihm wichtig, die Diversität und Nachhaltigkeit des Bayer-Konzerns zu | |
| betonen. Freundlich weist ihn der Moderator der Sitzung, Hoang Nguyen von | |
| den Grünen, darauf hin, zur eigentlichen Sache zu kommen: Der geplante | |
| Abriss. | |
| ## Die Suche nach Alternativen ist kompliziert | |
| Zum umstrittenen Vorhaben fallen Klatts Äußerungen kürzer aus: „Der | |
| Stadtentwicklungsplan weist die betroffene Fläche schon seit Jahrzehnten | |
| als Gewerbegebiet aus. Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Bezirk | |
| den Abriss der Häuser genehmigt.“ Klatt fügt hinzu, dass ihm und Bayer die | |
| soziale Verantwortung gegenüber der verbleibenden MieterInnen bewusst sei: | |
| „Wir haben den betroffenen Mietparteien Lösungen angeboten. Bisher kam von | |
| ihnen aber noch keine Rückmeldung.“ | |
| Weiter beschreibt der Berliner Bayer-Chef die Suche nach alternativem | |
| Wohnraum als kompliziert, da aus rechtlichen Gründen der Bezirk dies nicht | |
| übernehmen könne. | |
| Der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung, Ephraim Gothe (SPD), fragt nach, | |
| was denn konkret an der Abrissstelle geschehen soll. Klatt erklärt, dass | |
| zumindest für die nächsten 2 bis 3 Jahre ein konkreter Plan bestehe: Die | |
| Fläche würde benötigt, um zur Modernisierung des Standorts notwendige | |
| Baumaßnahmen umzusetzen. | |
| Die Notwendigkeit des Abrisses können die meisten an der Debatte | |
| Beteiligten allerdings nicht ganz nachvollziehen. Von der Linkspartei übt | |
| Martha Kleedörfer scharfe Kritik an dem Vorhaben: „Es wird nahezu unmöglich | |
| sein für die Menschen, alternativen Wohnraum mit vergleichbaren Mietpreisen | |
| zu finden“, sagt sie und spricht von womöglicher Verdrängung von Menschen | |
| an den Stadtrand. | |
| ## Kein konkretes Angebot | |
| Auch der Sprecher für Stadtentwicklung von den Grünen, Tarek Massalme, | |
| beteuert, dass der Abriss nicht geschehen könne, ohne den verbleibenden | |
| MieterInnen eine Perspektive zu bieten. Er fordert zudem immer wieder klare | |
| Ansagen und konkrete Pläne von Bayer. Und Klatt von Bayer verweist immer | |
| wieder auf die rechtliche Gültigkeit des Abrisses und darauf, dass es an | |
| den MieterInnen selbst liege, auf die Angebote zu reagieren. | |
| Empört über diese Aussagen ist der Vertreter der Initiative | |
| „MettmannkiezBleibt“. „Es ist unzutreffend, dass die MieterInnen ein | |
| Angebot bekommen haben. Es gab lediglich ein Schreiben, in dem steht, dass | |
| Bayer Interesse an einer einvernehmlichen Lösung hat. Das ist kein | |
| konkretes Angebot.“ Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins Reiner | |
| Wild kommentiert die Situation im Mettmannkiez so: „Der Abriss von Wohnraum | |
| ist aus der Zeit gefallen. So können wir nicht mehr verfahren.“ Und dass es | |
| überhaupt nicht erkennbar sei, warum ein Konzern wie Bayer seine Flächen | |
| nicht woanders rekurieren könne. | |
| Die Diskussion um den geplanten Abriss dauert lange an, die Sitzung wird am | |
| Ende gar verlängert. Von vielen Seiten hagelt es Kritik an Bayers Vorhaben | |
| beziehungsweise dem Mangel an Perspektiven. | |
| Der Abriss aber ist beschlossene Sache. Der für diese Woche angesetzte | |
| Start der Bauarbeiten wurde bislang nur ausgesetzt, [1][da die | |
| Naturschutzbehörde noch prüfen muss, ob schützenswerte Fledermäuse in den | |
| Häusern ihr Winterquartier eingerichtet haben.] Die Suche nach alternativem | |
| Wohnraum für die MieterInnen mit vergleichbaren Mietpreisen und Konditionen | |
| ist eine komplizierte Angelegenheit. | |
| 27 Jan 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Josua Gerner | |
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