# taz.de -- Neues Ankunftszentrum für Geflüchtete: Tegel wird wieder Drehkreuz | |
> Auf dem einstigen Flughafen Berlin-Tegel sollen künftig 10.000 | |
> Geflüchtete pro Tag versorgt und verteilt werden können. Knackpunkt ist | |
> das Personal. | |
Bild: Machten sich ein Bild von der Lage im Ankunftszentrum: Regierende Giffey … | |
BERLIN taz | Der ehemalige Flughafen Tegel soll das zentrale Drehkreuz | |
werden für alle [1][Geflüchteten, die aus der Ukraine in Berlin ankommen]. | |
„Wir wollen in Tegel ein strukturiertes Ankommen ermöglichen“, sagte die | |
Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am späten | |
Sonntagnachmittag bei einem Pressetermin vor den Türen des alten Terminal | |
B. | |
In dem Flughafengebäude und auf Teilen des Rollfelds soll in den kommenden | |
Tagen ein Ankunftszentrum aufgebaut werden. Dort können täglich mindestens | |
10.000 Geflüchtete registriert, versorgt und auf Unterkünfte in Berlin und | |
bundesweit verteilt werden. | |
„Wir sehen uns einer sehr dynamischen Situation ausgesetzt, die uns vor | |
große Herausforderungen stellt“, sagte Giffey. Täglich kämen bis zu 10.000 | |
Menschen vor allem am Hauptbahnhof an, dort „staut sich gerade alles sehr | |
stark“. Die Freiwilligenkoordination [2][Moabit hilft hatte das ebenfalls | |
am Wochenende heftig kritisiert]: Die Situation am Hauptbahnhof sei | |
zunehmend unübersichtlich, Geflüchtete wie Helfende orientierungslos. | |
Sie wolle, sagte Giffey, dass die Menschen am Hauptbahnhof aussteigen, | |
gleich zum Express-Bus nach Tegel geleitet werden, „und dass sie dann | |
wissen, sie sind in 25 Minuten da, bekommen erstmal einen Schlafplatz, zu | |
Essen und zu Trinken“. Auch Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) betonte | |
am Sonntag vor dem künftigen Ankunftszentrum: „Für die großen | |
Ankunftsschübe brauchen wir diese Strukturen.“ Ein Ankunftszentrum für | |
Geflüchtete existiert bereits, unabhängig von dem Ukraine-Krieg, in | |
Reinickendorf. | |
Kipping sagte, Berlin nehme pro Tag im Schnitt 1.000 Menschen in den | |
Notunterkünften des Landes auf. Insgesamt 4.000 seien derzeit alleine am | |
Wochenende in den Landesstrukturen untergebracht worden. Hinzu kämen noch | |
diejenigen, die [3][privat unterkäme]n. | |
Zum Vergleich: Alle anderen Bundesländer meldeten laut Kipping täglich | |
insgesamt 1.000 Platzkapazitäten, an die Berlin Geflüchtete weiterverteilen | |
könnte. „Damit nimmt Berlin gerade so viel Geflüchtete auf, wie alle | |
anderen Bundesländer zusammen. Das ist ein Missverhältnis“, sagte Kipping. | |
Giffey sagte, am Sonntag seien von den anderen Ländern sogar nur 600 Plätze | |
gemeldet worden. Hilfsorganisationen berichten, dass versprochene Busse, | |
die Geflüchtete etwa nach Hannover bringen sollen, mitunter einfach nicht | |
am Hauptbahnhof auftauchen. | |
Kipping sagte, sie rechne fest damit, „dass wir Montag oder Dienstag mit | |
dem Verteilsystem auf die anderen Bundesländer starten“. | |
Bundesinnenministerin [4][Nancy Faeser (SPD) hatte nach anfänglichem Zögern | |
am Freitag den Ländern Hilfe zugesagt]: Die Verteilung der | |
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ins Bundesgebiet soll künftig nach | |
festgelegten Quoten erfolgen. Berlin müsste dann etwa fünf Prozent der | |
ankommenden Geflüchteten vesorgen und unterbringen. Weil die Menschen aus | |
der Ukraine als Kriegsflüchtlinge und nicht als Asylbewerber*innen | |
gelten, hatte es zuvor Streit gegeben, ob auch für sie der sogenannte | |
Königsteiner Schlüssel gelten soll. | |
## Tegel braucht 600 Mitarbeitende | |
Wie schnell das Drehkreuz Tegel nun an den Start gehen kann, hängt auch | |
davon ab, ob genügend Personal gefunden wird. Giffey sagte, man brauche für | |
ein Dreischichtsystem, das rund um die Uhr arbeite, mindestens 600 | |
Menschen. „Das ist eine Größenordnung, die wir nicht mal eben so | |
bereitstellen können.“ Neben fünf Hilfsorganisationen, die in Tegel unter | |
der Regie des Deutschen Roten Kreuz arbeiten, sei man auch auf Bundeshilfe | |
angewiesen, betonte Giffey. | |
Sie habe am Donnerstag deshalb auch die Bundeswehr um Amtshilfe gebeten, | |
auf ihre Anfrage für 80 Personen „aber noch keine offizielle Antwort | |
erhalten“, sagte sie am Sonntag. Das Bundesamt für Migration wolle für eine | |
Woche 20 Mitarbeiter*innen abstellen, die in Tegel bei der | |
Einarbeitung mit dem elektronischen Registriersystem helfen sollen. Darüber | |
freue sie sich, sagte Giffey, „aber das reicht noch nicht“. | |
Personal soll nun vor allem aus den Bezirks- und Senatsverwaltungen kommen. | |
Man baue gerade „einen Pool auf“, sagte Giffey. Dabei setze man „zunächst | |
auf Freiwilligkeit“. Auf einen entsprechenden Aufruf habe es auch schon | |
Meldungen gegeben. | |
Das neue Ankunftszentrum soll künftig zwei Bereiche haben. Alle Menschen, | |
die nach dem Verteilschlüssel nicht in Berlin bleiben, sollen möglichst | |
schnell in die Busse geleitet werden, die sie weiter bringen. Zuvor sollen | |
sie medizinisch betreut werden können, Verpflegung erhalten, auch | |
Duschcontainer gibt es. | |
In der Notunterkunft im Flughafen, die bis zu 3.000 Betten haben soll, | |
sollen nur diejenigen bleiben, die ohnehin auch in Berlin untergebracht | |
werden. „Wir wollen mit Empathie einen guten Betreuungsansatz anbieten“, | |
sagte Detlef Cwojdzinski, der für das DRK den Aufbau des Ankunftszentrum | |
leitet. | |
Giffey kündigte am Sonntag auch an, die Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in | |
Spandau und ein stillgelegtes Flughafen-Terminal in Schönefeld ebenfalls | |
als Notunterkünfte nutzen zu wollen. In Tegel kamen am Wochenende die | |
ersten 500 Geflüchteten unter, 900 weitere Notübernachtungsplätze gibt es | |
ebenfalls seit dem Wochenende in der Messe in Charlottenburg. | |
14 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5841029 | |
[2] /Gefluechtete-aus-der-Ukraine-in-Berlin/!5838541 | |
[3] https://www.unterkunft-ukraine.de/ | |
[4] /Ukraine-Kriegsfluechtlinge-in-Deutschland/!5840877 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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