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# taz.de -- Neuer Elbtunnel gestoppt: Gewässerschutz über alles
> Pläne für Autobahn A20 vom Bundesverwaltungsgericht für rechtswidrig
> erklärt. Der geplante Tunnel unter der Elbe bei Glückstadt missachtet
> EU-Vorgaben.
Bild: Sie wird noch viele Jahre fahren können: die Elbfähre zwischen Glückst…
HAMBURG taz | Der Weiterbau der Autobahn A20 samt eines Elbtunnels westlich
von Hamburg wird immer unwahrscheinlicher. Das Bundesverwaltungsgericht
(BVerwG) in Leipzig erklärte am Donnerstag den Planfeststellungsbeschluss
des Landes Schleswig-Holstein „für rechtswidrig und nicht vollziehbar“. Das
führe „zu weiteren Verzögerungen von bis zu fünf Jahren“, sagt Rüdiger
Nebelsieck, Anwalt der klagenden Umweltverbände BUND und Nabu.
Grund ist ein fehlerhafter Umgang der Planungsbehörden mit dem
Gewässerschutz und der Wasserrechtsrahmenrichtlinie (WRRL) der EU. Diese
war im Juli vorigen Jahres vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verbindlich
und sehr streng ausgelegt worden (siehe Kasten).
Demzufolge stellt auch der 9. Senat des Leipziger Bundesgerichts klar,
„dass die Genehmigung eines Vorhabens regelmäßig versagt werden muss, wenn
es geeignet ist, nach Maßgabe bestimmter Kriterien den Zustand der
fraglichen Wasserkörper zu verschlechtern oder die Erreichung eines guten
Zustandes zu gefährden“. Und eben diese Kernfrage wird durch die
Planunterlagen weder positiv noch negativ beantwortet.
Zwar könne der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein, der
die Planungen im Auftrag des Verkehrsministeriums erarbeitet hat, durch ein
„ergänzendes Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung diesen Fehler
heilen“, urteilte das Gericht. Daran schließe sich aber wieder eine
inhaltliche Überprüfung durch das Gericht an, sagt Anwalt Nebelsieck: „Das
dauert.“
Die A20 verläuft über 345 Kilometer entlang der Ostseeküste von Stettin bis
westlich von Lübeck. Sie soll über weitere fast 200 Kilometer bis zur A28
bei Oldenburg fortgeführt werden. Das Umweltbundesamt hatte jüngst aus
Naturschutzgründen die Streichung der Trasse gefordert.
Gegen den 5,6 Kilometer langen Tunnel zwischen Glückstadt und Drochtersen
hatten die Umweltverbände BUND und Nabu sowie der Landesnaturschutzverband
(LNV), die Gemeinde Kolmar, der Kreis Steinburg, ein Fährbetrieb und 22
Anwohner geklagt. Sie halten ihn für nicht notwendig sowie nicht
finanzierbar und ziehen die Tunnelsicherheit in Zweifel. Der Fährbetrieb
auf dieser Strecke fürchtet um seine Existenz. Sämtliche Klagen wurden vom
Gericht zurückgewiesen – bis auf die der Umweltverbände zum Gewässerschutz
und zur Anbindung an das Verkehrsnetz.
Denn auf niedersächsischer Seite soll die Planfeststellung für die nächste
Etappe der A20 erst im kommenden Jahr beginnen. Planerisch endet der Tunnel
zurzeit südlich der Elbe als Loch im Boden ohne Anbindung an das dortige
Straßennetz. Um einen deshalb drohenden förmlichen Baustopp zu verhindern,
gestand Schleswig-Holstein vor dem Leipziger Gericht zu, mit dem Tunnelbau
erst zu beginnen, wenn in Niedersachsen die Anbindung an die Autobahn A26
bei Stade rechtskräftig geplant ist. Das wird Jahre dauern.
Das Urteil sei zu ihren Gunsten ausgefallen, kommentieren die drei
Umweltverbände. Vor allem ihrer Kritik an der Missachtung der
Wasserrahmenrichtlinie sei das Gericht gefolgt, stellen sie „mit
Befriedigung“ fest. Politik und Planer hätten die Anforderungen des EuGH
zum Wasserschutz, die das oberste europäischen Gericht in anhängigen
Verfahren zur Vertiefung von Elbe und Weser formuliert hatte, „einfach
nicht ernst genommen“. Deshalb werde ein langwieriges
Planergänzungsverfahren mit daraus resultierenden neuerlichen Klagerechten
der Verbände erforderlich.
Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) versprach, die
Öffentlichkeitsbeteiligung beim Gewässerschutz „zügig nachzuholen“.
Zugleich betonte er, es gehe „ab heute nicht mehr um das Ob einer
durchgängigen A20 von Mecklenburg-Vorpommern bis nach Niedersachsen,
sondern nur noch um das Wann“. Über diesen Zeitpunkt macht sich der
Unternehmensverband Logistik hingegen keine Illusionen mehr. Für ihn reiht
sich die A20 „nahtlos in die Kette der öffentlichen Planungsdefizite wie
des Berliner Flughafens ein“.
28 Apr 2016
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Elbtunnel
Autobahn
Autobahn
Gewässerschutz
Umweltschutz
Bundesverwaltungsgericht
Gewässerschutz
A26
Verkehr
A20
postfaktisch
A20
Schleswig-Holstein
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