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# taz.de -- Neue Wege bei psychiatrischer Versorgung: Hamburg will psychisch Kr…
> Hilfsverbünde im Bezirk sollen Menschen mit komplexen Problemen
> Klinikaufenthalte ersparen. Andere Länder sind schon lange so weit.
Bild: Zahl der Unterbringung in Kliniken steigt: Hier der Flur in der psychiatr…
Hamburg will neue Wege in der psychiatrischen Versorgung gehen. Der
Landespsychiatrieplan, den Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) jetzt
vorstellte, ist zumindest ein großer Schritt zur [1][Betreuung psychisch
schwer erkrankter Menschen], die die Betroffenen ins Zentrum rückt. Der
Plan soll eine bedarfsgerechte, wohnortnahe und niedrigschwellige
Versorgung ermöglichen und nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen
verbessern, sondern präventiv wirken und zum Beispiel [2][schwere
Straftaten verhindern]. „Wir wollen Brücken bauen, wo bisher Gräben waren�…
sagte Schlotzhauer.
Kernstück des Vorhabens sind sieben [3][Gemeindepsychiatrische Verbünde]
(GPV), die sich an den Grenzen der Hamburger Bezirke orientieren. Hier
sollen Hilfesysteme von Krankenversicherung über Suchthilfe bis zur
Wohnungslosenhilfe ineinandergreifen. Bereits bestehende Strukturen sollen
weitgehend erhalten bleiben. Bis Ende des Jahres sollen im Hamburger Süden
und im Bezirk Eimsbüttel die ersten zwei GPV entstehen. Die übrigen folgen
später.
Solche Verbünde gab es in Hamburg bisher nicht. In allen anderen
Bundesländern – bis auf Bayern – wird bereits mit ähnlichen Ansätze
gearbeitet. Ziel ist, Betroffene bedarfsgerecht zu erreichen und sogenannte
Drehtüreffekte zu minimieren, also das Phänomen, dass Patient:innen
nach einem Klinikaufenthalt entlassen, aber wegen fehlender oder mangelnder
Nachsorge bald wieder in einer psychiatrischen Klinik aufgenommen werden.
## Versorgungssystem stößt derzeit an Grenzen
Laut Gesundheitssenatorin Schlotzhauer stößt das bestehende
Versorgungssystem immer wieder an Grenzen, insbesondere bei Menschen mit
komplexen Problemlagen. Diese seien oft nicht in der Lage, sich
selbstständig Hilfe zu organisieren, was zu unfreiwilligen und
kostenintensiven Klinikaufenthalten führe. Dies spiegele sich in steigenden
Unterbringungszahlen wider, aber auch in der Forensik, wenn also schwere
psychische Erkrankungen zu Straftaten führen.
Nun werden aufsuchende Versorgungsangebote gestärkt. Das sogenannte Home
Treatment ist ein psychiatrisches Behandlungskonzept, bei dem ein
multiprofessionelles Team psychisch erkrankte Patienten flexibel in ihrer
gewohnten Umgebung behandelt, statt sie stationär aufzunehmen. „Wir kommen
zu den Menschen, nicht umgekehrt“, so Gesundheitssenatorin Schlotzhauer.
Außerdem werden Angebote zur Krisenintervention, zur Selbsthilfe und
Anti-Stigma-Arbeit ausgebaut, darunter sind spezifische Angebote für junge
Menschen, [4][Wohnungs- und Obdachlose] sowie Frauen mit Gewalterfahrungen.
Außerdem werden dezentrale forensische Institutsambulanzen eine
niedrigschwellige Behandlung außerhalb von Kliniken ermöglichen.
Ein zentraler Bestandteil des neuen Psychiatrieplans ist die Einrichtung
einer Präventionsstelle zur Verhinderung forensischer Krankheitsverläufe
und schwerer Straftaten. Es geht darum, die Früherkennung von
Risikopatient:innen zu verbessern und die Beratung von Betroffenen
und Angehörigen auszubauen. Es handele sich ausdrücklich nicht um ein
Register schwer psychisch erkrankter Menschen, so Schlotzhauer.
Jürgen Gallinat vom Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) begrüßt
den Ansatz, das bisher „fraktionierte und wenig koordinierte“ System zu
überwinden. Auch Stephanie Wuensch von der [5][Stiftung Freundeskreis], die
Hilfen für psychisch erkrankte Menschen anbietet, lobt die Einbindung aller
Akteur:innen und die „messbaren Ergebnisse in ungewöhnlich kurzer Zeit“.
Astrid Jörns-Presentati vom Asklepios Klinikum Harburg betont, dass es in
der Modellregion im Hamburger Süden viele positive Erfahrungen mit dem
dezentralen Ansatz gibt.
Finanziert werden soll der Psychiatrieplan mit Geld der Stadt und der
Krankenkassen. Im Hamburger Haushalt sind jährlich rund sieben Millionen
Euro für die Maßnahmen vorgesehen. Bestehende Projekte wie etwa das
[6][Pilotprojekt „DreiFürEins“], bei dem zwei Hamburger Kinder- und
Jugendpsychiatrien gemeinsam mit den Regionalen Bildungs- und
Beratungszentren sowie der Kinder- und Jugendhilfe zusammenarbeiten, sollen
fortgeführt werden. Dieses Projekt wird bereits durch Innovationsfonds und
Brückenfinanzierungen unterstützt.
## Personal soll aus verschiedenen Bereichen kommen
Das Personal für die neuen Maßnahmen soll aus verschiedenen Bereichen
rekrutiert werden, darunter Fachleute aus Krankenhäusern,
sozialpsychiatrische Dienste und Selbsthilfeorganisationen. Der Plan sieht
vor, bestehende Strukturen zu erweitern, etwa durch die Einbindung von
Expert:innen aus den allgemeinpsychiatrischen Fachabteilungen der
Hamburger Krankenhäuser. Zusätzlich sollen neue Stellen für die
aufsuchenden Angebote und regionalen Verbünde geschaffen werden.
Insgesamt umfasst der Landespsychiatrieplan 14 Ziele und 25 Maßnahmen. Der
Senat hat den Plan bereits beschlossen, die Bürgerschaft wird am 26.
Februar darüber abstimmen.
27 Jan 2025
## LINKS
[1] /Psychiatrie-Chefarzt-ueber-Kuendigung/!6054456
[2] /Gewaltpraevention-nach-Brokstedt-Attentat/!5975805
[3] /Psychiatrie-in-Bremen/!5497280
[4] /Hilfe-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!6054743
[5] https://sf.hamburg/
[6] https://www.tk.de/presse/themen/medizinische-versorgung/hamburger-pilotproj…
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
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