# taz.de -- Hilfe am Hamburger Hauptbahnhof: Ein Rückzugsort für Drogenkranke | |
> Hamburg errichtet in einem leeren Bürohaus am Hauptbahnhof 30 | |
> Notschlafplätze für drogenabhängige Obdachlose. Konsumräume soll es dort | |
> nicht geben. | |
Bild: Raus aus der Verelendung: Hier gibt es 30 Zimmer für drogenkranke Obdach… | |
Hamburg taz | Das Projekt ist nicht unumstritten. Mitten in Hamburgs | |
Bahnhofsviertel [1][kaufte die Stadt im Frühjahr ein großes Bürohaus], um | |
Hilfsangebote für Drogenabhängige zu schaffen. Am Dienstag nun stellten | |
Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat und Gesundheitsstaatsrat Tim Angerer die | |
ersten konkreten [2][Pläne für die Repsoldstraße 27] vor. Im ersten Quartal | |
des nächsten Jahres sollen dort 30 Notschlafplätze für drogenabhängige | |
Obdachlose entstehen. Zusätzlich soll eine Psychiatrische Ambulanz in das | |
Gebäude einziehen. | |
Anders als von einigen Politikern [3][zwischzeitlich gefordert] wurde, ist | |
dort weder ein Trinkerraum noch ein Drogenkonsumraum geplant, obwohl in dem | |
6.500 Quadratmeter großen Bürokomplex sicher Platz dafür wäre. Doch es gab | |
Kritik, [4][zum Beipiel vom Einwohnerverein St. Georg], an einer | |
Konzentration unterschiedlicher Hilfsangebote an einem Ort, die zur | |
Verschärfung von Problemen führen könne. Direkt auf der anderen | |
Straßenseite liegt die Drogenhilfseinrichtung Drob Inn. | |
Petra Lotzkat sagte, „das Kernanliegen ist, den drogenkranken Menschen | |
Angebote zu machen, damit sie aus ihrer Lebenslage heraus kommen“. Die | |
Zimmer sind Einzelzimmer mit Bett, Schrank und Tisch. Die Menschen könnten | |
sich dort erst mal ausschlafen und blieben, legt man Erfahrungen | |
vergleichbarer Angebote zu Grunde, um die sechs Wochen. In dem Gebäude soll | |
es Waschmöglichkeiten, eine Kleiderkammer und weitere Angebote der | |
Grundversorgung geben. | |
Für den kontrollierten Drogenkonsum gebe es [5][im gegenüberliegenden Drob | |
Inn] noch Kapazitäten, sagte Angerer. Dort gebe es Räume, wo Drogen | |
gespritzt und Crack geraucht werden kann. Trinkerräume hätten sich nicht | |
bewehrt. | |
## Es geht um 300 bis 400 Menschen | |
Ergänzend solle es in dem Haus niedrigschwellige Angebote für Beschäftigung | |
geben, für die Staatsrätin denkbar wäre etwa ein Bistro-Cafe in einer noch | |
aus Bürozeiten vorhandenen Essensausgabe. Auch das Jobcenter für Obdachlose | |
und die Fachstelle für Wohnungslose solle dort Beratung anbieten. Das | |
Gebäude an diesem Ort zur Verfügung zu haben, sei ein Glücksfall. „Das kann | |
ein Game-Changer werden“, sagte Lotzkat. | |
Man habe gerade erst Kollegen aus Wien zu Besuch gehabt, ergänzte Staatsrat | |
Tim Angerer. „Die haben uns beglückwünscht, so eine Entwicklungsmöglichkeit | |
zu haben“. Nach den Erfahrungen der Wiener sei vor allem die ambulante | |
psychiatrische Versorgung, die dort auch in Cafes und Wärmestuben | |
stattfinde, ein richtiger Weg. Denn viele Suchtabhängige hätten auch eine | |
psychische Belastung. | |
Die beiden Staatsräte betonten, dass die Konzeption mit in Hamburg-Mitte | |
ansässigen Trägern der Straßensozialarbeit, der Sucht- und Obdachlosenhilfe | |
gemeinsam entwickelt werde. Das Gebäude sei im Besitz der städtischen | |
„Fördern & Wohnen“, die einzelnen Angebote stellten aber die | |
spezialisierten Träger. So soll das Drob Inn die Notschlafplätze betreiben. | |
Das Cafe könne ein Beschäftigungsträger übernehmen. Der Träger Hanseatic | |
help solle gefragt werden, ob er die Kleiderkammer stellen kann. | |
Das Gebiet südöstlich des Hauptbahnhofs gilt seit Ende der Pandemie [6][als | |
stärker verelendet], weshalb der Rot-Grüne-Senat bereits [7][eine Reihe von | |
Maßnahmen ergriff]. Laut einer Zählung soll es 300 bis 400 Betroffene | |
geben, die für die Hilfsangebote in Frage kommen. Die Sozialbehörde räumt | |
offen ein, dass es beim Kauf der Repsoldstraße auch darum ging, | |
drogenabhängige und obdachlose Menschen aus dem Stadtbild zu holen und so | |
den öffentlichen Raum zu entlasten. | |
Es fehle aber ebenso ein „Hinterland“, ein „Rückzugsort“, wo diese Men… | |
sich nicht nur stabilisieren, sondern ihre Lebenslage nachhaltig verändern | |
könnten und so aus der Verelendung geholt werden, sagten die Staatsräte. | |
Diese Analyse hätten sie gemeinsam mit den Trägern entwickelt. | |
Der größere Teil des U-förmigen Gebäude ist noch nicht verplant. Dort | |
„Housing First“-Wohnungen einzurichten, wie vom Einwohnerverein St. Georg | |
gefordert, sei schwierig, sagte Lotzkat, da dies Gewerbegebiet sei. „Dieser | |
Vorschlag ist aber noch als Prüfauftrag auf der Liste“. Auch | |
Notschlaftplätze für Frauen sind im Gespräch. Ebenso eine Nutzung für | |
Initiativen aus dem Stadtteil oder die Einrichtung von | |
Beschäftigungswerkstätten- und Ateliers. | |
„Viele Anwohner sehen in dem Projekt auch Chancen“, sagte Tim Angerer. Man | |
sei regelmäßig mit dem Stadtteilbeirat im Gespräch. Die Gefahr, dass das | |
Haus auch einen Pull-Effekt auf Betroffene habe, schätze er geringer ein, | |
als andere dies tun. Lotzkat stimmte dem zu, schränkte aber ein, dass | |
Berlin gerade [8][bei der Sucht- und Drogenhilfe] kürzt. Sollten die Träger | |
melden, dass vermehrt Menschen von dort eintreffen, müsste man „mit den | |
Berlinern reden“. | |
4 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburg-kauft-Immobilie-fuer-Suchtkranke/!6008296 | |
[2] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/sozialbehoerde/them… | |
[3] https://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article406975548/st-georg-v… | |
[4] /Hilfsangebote-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!6034076 | |
[5] https://www.google.com/search?q=Taz+Sozialrauml%C3%A4ufer&client=firefo… | |
[6] https://www.google.com/search?q=Taz+Sozialrauml%C3%A4ufer&client=firefo… | |
[7] /Hamburger-Hauptbahnhof/!5990597 | |
[8] /Milliardenloch-im-Berliner-Haushalt/!6047597 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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