# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Das süße Jenseits | |
> Alles polierte muss immer auch ein paar Schrammen enthalten. So wie die | |
> Musik des Berliner Popmusikers John Moods. | |
Bild: In seiner Musik erklingen Stimmen, die so piepsig wirken, dass sie spukha… | |
Die eigene Wahrnehmung kann schon mal in die Irre führen. Je nach dem, wie | |
sie konditioniert wurde, schnappt man bei bestimmten Reizen zu und beginnt | |
begeistert zu kauen oder verschmäht den Bissen als ungenießbar. | |
Beim Berliner Musiker Jonathan Jarzyna, der solo unter dem Namen John Moods | |
in Erscheinung tritt, kann sein zweites Album durchaus trügerische Signale | |
aussehen. Das fängt beim Titel an: „So Sweet, So Nice“, das klingt erst | |
einmal freundlich und harmlos. | |
Der Mitgründer der [1][international besetzten Berliner Popband mit dem | |
treffend gewählten Namen Fenster] klingt in den zwölf Songs der Platte | |
ebenfalls freundlich und harmlos in dem Sinn, dass sein an die sanften | |
Klänge des synthesizerverstärkten Erwachsenenrocks der späten Siebziger und | |
Achtziger angelehnter Pop den Hörern keine sperrigen Widerstände bietet. | |
Alles fließt, perlt und weht bei ihm unangestrengt. Was man dann, je nach | |
Vorlieben, mag oder eben nicht. | |
## Es spukt im Klang | |
Doch er wäre nicht John Moods, wenn diese polierte Oberfläche nicht die | |
eine oder andere Schramme aufwiese. Kurz vorbeihuschende, seltsam | |
hochgeschraubte Stimmen, die so piepsig wirken, dass sie etwas Spukhaftes | |
bekommen, oder vereinzelt schroffere Gitarrenklänge etwa zum Ausklang von | |
„All You Gotta Do Is Wait“ sind kleine Gesten am Rand, die andeuten, dass | |
harmonisch nicht zwingend bedeutet, dass alles zum Besten steht. „Are You | |
Ready?“ riskiert neben leiernden Instrumenten sogar ein paar Dissonanzen. | |
Was sich auch in den Texten widerspiegelt. Im Titelsong singt er: „So | |
sweet, so nice; everything is waiting to die / So sweet, so high; nothing | |
ever felt so alive.“ Mit dem direkten Hinweis auf die Vergänglichkeit ist | |
er in guter Gesellschaft seines Fenster-Kollegen Lucas Chantre alias World | |
Brain, auf dessen Album „Peer 2 Peer“ ein Song gleich im Titel verkündet: | |
„Everybody Dies“. | |
In beiden Fällen ist diese Form von Nachdenklichkeit nicht weinerlich, | |
sondern [2][auf melancholische Weise] charmant. Und John Moods kann einfach | |
wunderbar elegante Popsongs schreiben. Deren Botschaft allmählich ihren | |
bitteren Geschmack verbreitet. | |
14 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tim Caspar Boehme | |
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