| # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Fluss ohne Tanzufer | |
| > Der in Berlin lebende britische Produzent Sam Shackleton legt nach | |
| > einigen Jahren Pause nun wieder ein Soloalbum vor. | |
| Bild: Der britische Musiker und Produzent Sam Shackleton lebt in Berlin | |
| Apokalyptische Zeiten erfordern apokalyptische Musiker? Oder bringen | |
| apokalyptische Zeiten apokalyptische Musiker erst hervor? Bei [1][Sam | |
| Shackleton] spricht einiges dafür, dass er schon lange eine wenig | |
| optimistische Weltsicht pflegt und davon in seiner Musik einiges, aber | |
| nicht bloß das anklingen lässt. Die Lage der Welt [2][passt sich | |
| anscheinend seiner Musik an]. | |
| Bandnamen wie [3][Tunes of Negation], ein Projekt, mit dem der in Berlin | |
| lebende britische Produzent Shackleton in der jüngeren Vergangenheit sehr | |
| aktiv war, lassen andererseits nicht allein an den Weltuntergang denken, | |
| sondern auch an Sigmund Freud. Jetzt hat Shackleton nach einigen Jahren | |
| Pause wieder ein Soloalbum veröffentlicht, und auch hier gibt es einigen | |
| Interpretationsspielraum. | |
| Bekannt geworden ist Shackleton zu Beginn des Jahrtausends mit Musik, bei | |
| der sich darüber streiten ließe, ob sie wegen einiger Ähnlichkeiten zu | |
| Dubstep durch Verwendung von Hall, Bass und schlackerigen Rhythmen mit | |
| Clubmusik verwechselt wurde. Man könnte sie allemal als seltsame Clubmusik | |
| bezeichnen. | |
| Seit einigen Jahren haben die Klänge und Rhythmen, mit denen sich | |
| Shackleton beschäftigt, allerdings nichts mehr mit Tanzen zu tun. Am | |
| häufigsten fällt in Beschreibungen seiner Musik das Wort „psychedelisch“, | |
| auch auf sein Album „Departing Like Rivers“ dürfte das zutreffen. Wobei er | |
| weiter Bässe, Hall und schlackerige Rhythmen verwendet, er bindet sie aber | |
| einerseits loser zusammen, andererseits ist die gesamte Bewegung in einen | |
| ruhigeren Fluss geraten. | |
| Viele Sprachsamples kommen auf der Platte hinzu, einige erzählen von der | |
| Unordnung, in der die Welt ist: „Even the stars here in the sky look like a | |
| mess“, sagt eine Stimme. Man sollte vermutlich in einer einigermaßen guten | |
| Verfassung sein, um vom uferlosen Strom dieser Langformstücke nicht auf | |
| eine dunkle Reise geschickt zu werden. | |
| Meditieren, wie Shackleton es anregt, kann man dazu wohl ganz gut. Die | |
| Aufgabe wird sein, etwaige apokalyptische Gedanken zur Kenntnis zu nehmen, | |
| zu betrachten und dann im Fluss des Was-auch-immer weiterziehen zu lassen. | |
| 11 Sep 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://samshackleton.bandcamp.com/ | |
| [2] /Shackletons-Musikprojekt-Powerplant/!5224885 | |
| [3] /Jugendliteraturpreis-fuer-Antarktisbuch/!5729570 | |
| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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