| # taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Langsam wehende Schleifen | |
| > Dass Loops ihre ganz eigene Wirkung haben, zeigt die in Rom geborene | |
| > Berliner Komponistin Marta De Pascalis auf ihrem aktuellen Album „Sonus | |
| > Ruinae“. | |
| Bild: Arbeitet mit analogen Synthesizern: Marta de Pascalis | |
| Loops sind heute so allgegenwärtig wie normal. Dass es in der Musik auch | |
| Zeiten gab, in denen die stetige Wiederholung desselben abgelehnt wurde als | |
| regressiv und abstumpfend, ist heute einigermaßen schwer vorstellbar. In | |
| seinem Buch [1][„Schleifen“] (Berlin 2015) hat der Medienwissenschaftler | |
| und taz-Autor Tilman Baumgärtel diese Vorbehalte in der Kunstwelt gegen das | |
| Repetitive beschrieben. | |
| In der Nachkriegsmoderne kam obsessive Wiederholung entsprechend selten | |
| vor. Loops wurden erst in der Minimal Music salonfähig. Mit dem Siegeszug | |
| von Techno fanden sie dann spätestens auch ihren festen Platz im Pop. | |
| Dass Loops ihre ganz eigene Wirkung haben, dass sie den Geist anregen | |
| können, statt ihn bloß einzulullen oder gar abzutöten, gehört mittlerweile | |
| zu den aufgeklärten Einsichten unter Musikern. Eine von ihnen, die in Rom | |
| geborene Berliner Komponistin [2][Marta De Pascalis], hat ihren Zugang zu | |
| Loops auf eine fast altmodische materielle Grundlage gestellt. | |
| Inspiriert von frühen Heroen der italienischen elektronischen Musik wie der | |
| Gruppo di Improvvisazione Nuova Consonanza verwendet sie für ihre Klänge | |
| analoge Synthesizer und Tonbänder, mit denen sie Schleifen „zum Anfassen“, | |
| mindestens aber zum Anschauen erzeugt. | |
| Eines ihrer Motive für die Arbeit mit der „zeitlosen Zeit“ (Baumgärtel) d… | |
| Loops ist die Nähe dieser Schleifen zur Erinnerung. Ihr aktuelles Album | |
| [3][„Sonus Ruinae“] führt die Erinnerung denn auch deutlich im Titel. | |
| Ruinen sind die Überreste einer Vergangenheit, die sich in ihrer | |
| abgeschliffenen Gestalt in die Gegenwart gerettet hat, die aber nie wieder | |
| so sein wird wie in der Zeit ihrer Entstehung. Selbst Rekonstruktionen | |
| sehen lediglich so aus wie früher. | |
| Ruhig und langsam wehen De Pascalis' luftige elektronische Loops durch | |
| verlassene Räume, wo ihre Resonanzen Spuren hinterlassen. Dass man auch | |
| Schleifen schleifen kann, deuten die rauen, kratzenden Töne zu Beginn der | |
| Platte an, ein schroffer, kurzer Auftakt. Der Rest ist nachdenkliche | |
| Erinnerung, die den Ohren kaum weh tut, sie dafür umso mehr öffnet. | |
| 17 Oct 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.kulturverlag-kadmos.de/buch/schleifen.html | |
| [2] http://www.martadepascalis.com/ | |
| [3] https://maesia.bandcamp.com/album/sonus-ruinae | |
| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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