| # taz.de -- Nathanael Liminski in NRW: Die rechte Hand Laschets | |
| > Nathanael Liminski ist Chef der NRW-Staatskanzlei, Armin Laschets engster | |
| > Vertrauter und sehr konservativ. Manche sehen ihn im Kanzleramt. | |
| Bild: Noch ist Liminskis Platz im Düsseldorfer Landtag, eine Reihe hinter Lasc… | |
| Lady Bitch Ray gibt alles. In einem goldglänzenden Top sitzt die Rapperin | |
| und Feministin 2007 in Sandra Maischbergers Talkshow. Sie spielt mit den | |
| Kordeln, die auf Höhe ihrer Brustwarzen an dem Oberteil befestigt sind, | |
| legt ihrem Gegenüber die Hand auf den Oberschenkel und beugt sich zu ihm. | |
| „Ich hab deinen Arsch schon abgecheckt“, versucht sie ihn zu provozieren. | |
| Man könne sich doch mal zu zweit treffen, „ich zeig dir mal was“. Dem | |
| jungen Mann ist die Irritation über das Angebot nur den Bruchteil einer | |
| Sekunde lang anzumerken. | |
| Nathanael Liminski, als Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei | |
| heute der engste Mitarbeiter des CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet, ist | |
| damals 22 Jahre jung. Braune Augen, hellblaues Hemd und Cordhose, ist er zu | |
| Maischberger eingeladen, um [1][in der Sendung] „Keuschheit statt Porno – | |
| brauchen wir eine neue Sexualmoral?“ die Enthaltsamkeit zu verteidigen. | |
| Gerade hat er die Initiative „Generation Benedikt“ ins Leben gerufen, | |
| benannt nach dem damaligen Papst. Doch Liminski, dessen Positionen neben | |
| den Studiogästen Oswalt Kolle und „Frau Bitch Ray“, wie er die Rapperin | |
| anspricht, aus der Zeit gefallen scheinen, schlägt sich gut. | |
| „Ich kann kaum an mich halten“, kontert Liminski, „ich scharre schon mit | |
| den Hufen.“ Wie um dem Ton das Herablassende zu nehmen, die Schärfe, | |
| lächelt er Lady Bitch Ray freundlich an. Dann geht er unbeirrt dazu über, | |
| seine Thesen zu erläutern. „Kein Sex vor der Ehe“ diene der „vollen | |
| Entfaltung von Sexualität“. Die Botschaft von Zärtlichkeit sei: „Du, nur | |
| du, und du für immer.“ Und: Homosexualität halte er nicht „für eine | |
| vollendete Form von Sexualität“ – schließlich fehle die „Dimension der | |
| Fortpflanzung“. | |
| Trotz der Homophobie: Es ist beeindruckend, wie ruhig, wie in sich ruhend | |
| Liminski schon damals auftritt. Er nimmt sich Zeit und Raum, testet die | |
| Grenzen der Arroganz, die er durch Mimik und Gestik selbst relativiert. Und | |
| wer hat schon den Mut, sich mit Anfang 20 vor ein Millionenpublikum zu | |
| setzen und die eigene sexuelle Unerfahrenheit zum Vorbild zu erklären? | |
| ## „Mastermind“, „Schattenmann“, „Schaltzentrale“ | |
| Heute ist der Katholik Nathanael Liminski 35 Jahre alt, mächtig – und auf | |
| dem Weg zu noch größerer Macht. Nach einer steilen Karriere in den | |
| Maschinenräumen der Politik ist er heute Staatssekretär, er gilt als | |
| Architekt der Siege Armin Laschets bei der Landtagswahl 2017 und bei der | |
| Wahl zum Bundesvorsitzenden der CDU im Januar. „Mastermind“, | |
| „Schattenmann“, „Schaltzentrale“ – das sind die Titel, die ihm raunend | |
| zugeschrieben werden. Nun soll Liminiski seinem Chef den Weg zur | |
| Kanzlerschaft ebnen. Der Lohn dafür, damit rechnen am Rhein viele, könnte | |
| für ihn das Amt des Kanzleramtsministers sein. | |
| Wie vertraut die beiden sind, lässt sich bei nahezu jeder Landtagssitzung | |
| beobachten. Liminskis Platz auf der Regierungsbank ist in der zweiten | |
| Reihe, direkt hinter Laschet. Immer wieder beugt sich der Regierungsmanager | |
| zu seinem Ministerpräsidenten vor, bespricht Details. Oft dreht sich aber | |
| auch Laschet zu ihm um. | |
| Wer da wen prägt, fragen sich in Düsseldorf viele. Fest steht: Nach sechs | |
| Jahren Zusammenarbeit mit Liminiski will Laschet, der als | |
| Bundestagsabgeordneter im Bonn der 1990er Jahre als [2][„junger Wilder“] | |
| und als Mitbereiter der schwarz-grünen „Pizza-Connection“ galt, von der | |
| Oppositionspartei offiziell nicht mehr viel wissen. Hatte er im Kampf um | |
| den CDU-Bundesvorsitz noch mit seinem liberalen Image gepunktet, erklärt er | |
| jetzt die Grünen zum Hauptgegner: „Es gibt kein schwarz-grünes Projekt, | |
| keine gemeinsame Idee, für die man antritt“, [3][sagt Laschet]. „Dafür si… | |
| die Gegensätze doch zu groß.“ Stattdessen beschwört er die Vorteile einer | |
| Koalition mit der FDP – und sei es nur aus Wahlkampftaktik. | |
| Liminski ging lange auf Distanz zum liberalen Modernisierungsflügel der | |
| Union rund um Kanzlerin Angela Merkel, in dem auch Laschet verortet wurde. | |
| Und anders als in den vergangenen Jahren, in denen Liminski die Presse | |
| mied, suchte er früher die Öffentlichkeit. Dafür steht etwa die „Generation | |
| Benedikt“, die Liminski kurz nach seinem Abitur in Bonn mit gründete und | |
| als deren Sprecher er bei Maischberger saß. | |
| [4][Heute heißt die Gruppe „Initiative Pontifex“]. Ihr Ziel: Deutschland zu | |
| „re-katholisieren“. Die Ehe für alle sei ein „Verlustspiel“, heißt es… | |
| der Website, Schwangerschaftsabbrüche „ein Unrecht“, das es zu bekämpfen | |
| gelte. Und Informationen über Abbrüche auf Webseiten von Ärzt:innen, die | |
| nach Paragraf 219a hierzulande verboten sind, gelten der Initiative als | |
| „Werbung für die vorgeburtliche Tötung von Kindern“. | |
| Schon im Studium sucht Liminski Kontakt zur „Lebensschutz“-Szene, den | |
| aggressiven Gegner:innen von körperlicher Selbstbestimmung. 2005 macht | |
| er ein Praktikum bei der Unions-Bundestagsabgeordneten Christa Reichard, | |
| die Bustouren zum [5][„Marsch für das Leben“] organisiert. Zu dem reisen | |
| christliche Fundamentalist:innen ebenso wie konservative | |
| Unionsabgeordnete, heute auch AfDler:innen, um gegen | |
| Schwangerschaftsabbrüche auf die Straße zu gehen. | |
| In den USA macht er ein Praktikum beim republikanischen | |
| Kongressabgeordneten Mark Souder, einem Evangelikalen, der seinerseits die | |
| Lebensschutzbewegung unterstützt. 2009 veröffentlicht der Student der | |
| Geschichte, Politischen Wissenschaft und des Öffentlichen Rechts mehr als | |
| ein Dutzend Texte auf der Website freiewelt.net. Die ist heute Teil des | |
| Netzwerks „Zivile Koalition“ der stellvertretenden AfD-Bundeschefin Beatrix | |
| von Storch und deren Ehemann Sven. | |
| Liminski polemisiert in seinen Texten gegen die damalige | |
| Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, die „als Erfüllungsgehilfe | |
| ihrer ideologischen Strategen im Familienministerium“ dem traditionellen | |
| Modell „Vater, Mutter, Kind, verheiratet“ den Kampf angesagt habe. | |
| Kanzlerin Merkel hege „ein tiefes Misstrauen gegenüber den Familien und | |
| damit gegenüber den Bürgern“. Eltern hätten keine Lobby, empört er sich �… | |
| all das sind oft bediente Codes derjenigen, die gegen gleichgeschlechtliche | |
| Partnerschaften, „Genderismus“ und Sexualaufklärung mobilisieren. Im | |
| Übrigen hätten Kondome im Kampf gegen HIV versagt, die „Promotion ehelicher | |
| Treue in den jeweiligen Gebieten“ dagegen wirkungsvoll die Infektionsraten | |
| gesenkt. | |
| Wie kommt es, dass ein 24-Jähriger so fundamentalistisch argumentiert? Wie | |
| stark ist Liminski heute noch in seinen damaligen Überzeugungen verwurzelt? | |
| Und was würde all das für eine Kanzlerschaft Laschets bedeuten? | |
| Liminski wächst als achtes von zehn Kindern bei Bonn auf, seine Mutter ist | |
| Lehrerin, später Hausfrau, sein Vater der Journalist Jürgen Liminski, einst | |
| Redakteur bei Springers Welt und dem Deutschlandfunk. Dort gilt er als | |
| Rechter – nicht nur wegen seiner Mitgliedschaft in der ultrakonservativen | |
| katholischen Laienvereinigung Opus Dei, deren Gründer Bewunderer des | |
| faschistischen spanischen Diktators Franco war. | |
| Zur Neuen Rechten pflegt er im Lauf der Zeit wohl enger werdende | |
| Verbindungen: 2008 hält Jürgen Liminski eine Laudatio auf Ellen Kositza, | |
| die mit ihrem Mann Götz Kubitschek das „Institut für Staatspolitik“ | |
| betreibt, die Denkfabrik der Neuen Rechten. Regelmäßig schreibt Liminski | |
| senior für die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit, 2019 trat er beim | |
| „Familienpolitischen Symposium“ der Brandenburger Landtagsfraktion der AfD | |
| auf. | |
| Ihre Familie, ihre zehn heute erwachsenen Kinder, inszenieren Martine und | |
| Jürgen Liminski als Vorzeigeprojekt eines konservativen Christentums. | |
| Nachzulesen ist das in ihrem 2002 erschienenen Buch „Abenteuer Familie“. | |
| Darin beschreibt das Ehepaar ihre Familie als ein von Glauben | |
| durchdrungenes mittelständisches Unternehmen. Im „Familienrat“ würden | |
| Debatten erprobt, voreinander herrsche Respekt. Doch die Eltern folgen | |
| einem streng konservativen Wertesystem: Der Vater bezeichnet sich als | |
| „Ordnungsmacht“, „die Würde der Frau wurzelt in ihrem Mutter-Sein“. Den | |
| „radikalen Feminismus“ lehnen die Eltern ab, Homosexualität habe einen | |
| „Krankheitscharakter“. | |
| Seinen Sohn Nathanael, benannt nach einem der ersten Jünger Jesu im Neuen | |
| Testament, beschreibt Jürgen Liminski stolz als „Ausnahmeschüler“ – sein | |
| Abitur wird Nathanael mit der Durchschnittsnote 1,1 bestehen. Einen | |
| besonderen Job hat er schon als Teenager: „Er verdient die Prämie seiner | |
| Lebensversicherung als Sekretär des Vaters“. Er kümmert sich um die | |
| Abrechnung von dessen Texten und Radiobeiträgen, taucht in die politische | |
| Gedankenwelt Jürgen Liminskis ein und übt im geschützten Raum, zu | |
| organisieren, zu managen, wohl auch, zu überzeugen. | |
| 2009 erst, gegen Ende des Studiums, verlässt Nathanael Liminski Bonn | |
| endgültig, um die Politik zum Beruf zu machen. Wo er zuvor wie der Vater | |
| die Öffentlichkeit sucht, um zu missionieren, hält er sich seitdem bedeckt. | |
| Karrierefördernd im konservativen Mainstream, so viel ist klar, sind | |
| ultraorthodoxe Positionen nicht – schon gar nicht, wenn sie auf neurechten | |
| Kanälen ihren Weg in die Welt finden. Als Assistent für den | |
| CSU-Abgeordneten Martin Kastler arbeitet Liminski etwa im Brüsseler | |
| EU-Parlament – einer Institution, die er auf freiewelt.net noch als | |
| „Biotop“ schmähte, in dem „viele Menschen arbeiten, die ihr persönliches | |
| Fortkommen über alles Andere gestellt haben“. | |
| Doch je prominenter die Stationen, desto bedeckter hält sich Liminski, was | |
| die eigenen Positionen betrifft. 2010 wechselt er als Redenschreiber in die | |
| Hessische Staatskanzlei Roland Kochs, 2011 ins Verteidigungsministerium von | |
| Karl-Theodor zu Guttenberg. Dessen Rücktritt wegen seiner Doktorarbeit wird | |
| zu einem Sprungbrett für Liminski: Unter Guttenbergs Nachfolger Thomas de | |
| Maizière steigt er vom Planungs- in den Leitungsstab, in die unmittelbare | |
| Nähe des Ministers auf – und wechselt mit de Maizière 2014 ins | |
| Bundesinnenministerium. | |
| In Düsseldorf ist da längst Armin Laschet auf den jungen Konservativen | |
| aufmerksam geworden. Doch 2014 kann sich Laschet seines weiteren Aufstiegs | |
| noch keinesfalls sicher sein. Zwar ist Laschet CDU-Landeschef und | |
| Vorsitzender der Landtagsfraktion. Doch in Nordrhein-Westfalen regiert | |
| SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Trotz seiner Ämter ist Laschet | |
| innerparteilich schwach. Besonders im konservativen Flügel gilt er als | |
| Notbesetzung, wird als „Lusche Laschet“ verspottet. Weil er zuvor außerdem | |
| erster Integrationsminister des Landes war, nennen ihn die, die gegen | |
| „Multikulti“ sind, gern [6][„Türken-Armin“]. | |
| Der damals vielen zu liberale, zu grüne Laschet wirbt um Liminski. Die | |
| Personalie ist ein Signal an die Konservativen und die christlichen | |
| Fundamentalist:innen seiner Partei. Als Ministerpräsident wird | |
| Laschet diese Form der Personalpolitik zu seinem Markenzeichen machen, in | |
| seiner Regierung ist für alle parteiinternen Strömungen Platz. Erst nach | |
| zähen Gesprächen kann Laschet Liminski 2014 nach Düsseldorf locken. Vom Amt | |
| des Regierungschefs noch mehr als drei Jahre entfernt, macht Laschet den 24 | |
| Jahre Jüngeren zu seinem Fraktionsgeschäftsführer. | |
| Und der liefert. Der Aktenfresser Liminski, von schneller Auffassungsgabe | |
| und blitzgescheit, habe den oft unstrukturiert, chaotisch wirkenden Laschet | |
| organisiert und ihm eine Kampagne gezimmert, heißt es noch heute bewundernd | |
| aus Parlamentskreisen: Die Kampagne prangert die Unsichtbarkeit der Polizei | |
| bei den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der [7][Kölner Silvesternacht | |
| 2015] ebenso an wie die Dauerstaus auf den Autobahnen. Auch die Integration | |
| von Kindern mit Handicap in Regelschulen, die die grüne Schulministerin | |
| Sylvia Löhrmann vorantreibt, wird zum angstbesetzten Thema. Entgegen allen | |
| Erwartungen wird Laschet von Liminskis Kampagne in die Staatskanzlei | |
| getragen. | |
| Heute sitzt Liminski, verheiratet und mittlerweile selbst Vater von vier | |
| Kindern, regelmäßig bis spät in den Abend an seinem Schreibtisch in der | |
| Staatskanzlei. Doch nach außen dringt nichts. Seit 2009 vermeidet er jede | |
| eigene inhaltliche Festlegung. Auch in der nordrhein-westfälischen | |
| Öffentlichkeit ist Liminski kaum bekannt. „Er arbeitet geräuschlos“, sagt | |
| die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel fast bewundernd, | |
| selbst Teil des rechten Flügels der CDU-Fraktion und lebensschutznah. | |
| Als „seriös, ordentlich und anständig“ beschreibt Pantel Liminski, | |
| kommunikativ und ergebnisorientiert: „Er stellt die Weichen und hat seinen | |
| Laden im Griff.“ Dass Laschets schwarz-gelbe Regierung mit der FDP trotz | |
| knappster Mehrheit von nur einer Stimme weitgehend reibungslos arbeite, sei | |
| auch und vor allem sein Verdienst. | |
| ## Papsttreue als Jugendsünde? | |
| Zwar ist Liminski selbst immer in der Nähe des Ministerpräsidenten – doch | |
| in den Medien präsent sein soll Laschet. Zitieren lässt sich Liminski kaum, | |
| und wenn, dann mit Ergebenheitsadressen. „Die Gegensätze“, die zwischen | |
| ihm, dem tiefgläubigen Konservativen, und dem lange als Wegbereiter von | |
| Schwarz-Grün geltenden Laschet aufgebaut würden, „erleben wir beide, glaube | |
| ich, im Alltag nicht so“, versicherte er bei einem seltenen Interview dem | |
| Deutschlandfunk. „Er ist der Chef. Er entscheidet.“ Aus einem Telefonat mit | |
| der taz, für das sich Liminski zwei Stunden Zeit nimmt, darf kein einziges | |
| Wort zitiert werden – nur unter dieser Bedingung stimmt Liminski dem | |
| Gespräch zu. | |
| Selbst bei Gremiensitzungen der CDU schweigt Laschets engster Mann | |
| auffallend oft. Dabei war Liminski lange Chefredakteur der Entscheidung, | |
| des Magazins der Jungen Union. In der Partei ist er deshalb bestens | |
| verdrahtet. „Er hört mit maximaler Aufmerksamkeit zu, registriert alles, | |
| sagt aber kaum etwas“, so ein Parteifreund. | |
| Doch Christdemokraten, die Laschet nahe stehen, wissen um die Gefahr, dass | |
| Liminskis einst zur Schau gestellte Fundamentalpositionen auch Stimmen bei | |
| liberalen, großstädtischen Wählerinnen und Wählern kosten können. Die | |
| Papsttreue, die Nähe zur Lebensschutzszene seien Jugendsünden, wird im | |
| Hintergrund beschwichtigt. | |
| Und latent homophob könne der Staatskanzleichef gar nicht sein – | |
| schließlich verstehe er sich bestens mit Bundesgesundheitsminister Jens | |
| Spahn. Zitieren lassen wollen sich allerdings die wenigsten. Liminski, der | |
| „riesigen Einfluss“ auf Laschet habe, gilt als Machtmensch, dessen | |
| Missfallen CDU-Landtagsabgeordneten „Schweißperlen auf die Stirn“ treiben | |
| könne. | |
| Einer jedoch, der offen redet, bewegt sich jenseits des Systems | |
| gegenseitiger Abhängigkeiten in NRW: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak. Bei | |
| der Jungen Union lernten sich die Gleichaltrigen kennen, die heute auch | |
| persönlich eng befreundet sind. Und wohl aus beiden Gründen will Ziemiak | |
| Liminski den Rücken stärken. | |
| Ziemiak, ebenfalls schnelle Karriere, ebenfalls religiös und einst Mitglied | |
| katholischer Studentenverbindungen, ist Pate einer Tochter Liminskis. Er | |
| gerät ins Schwärmen, wenn er von Liminski spricht: Unglaublich humorvoll, | |
| immer fair, absolut loyal sei der. Gläubig und mit „klaren Werten und | |
| Überzeugungen“ – ein Ideologe aber keineswegs. | |
| Den Rückzug aus der Öffentlichkeit beschreibt Ziemiak nicht als taktisch | |
| motiviert, sondern als Ausdruck von Professionalität: Es sei Liminskis | |
| Aufgabe, die Staatskanzlei im Sinne des Ministerpräsidenten zu führen. | |
| „Nathanael Liminski weist auf vieles hin, sieht Probleme, behebt sie“, sagt | |
| Ziemiak. Er sei grundsätzlich in der Lage, „viele politische Ämter“ | |
| auszuüben. Im Klartext heißt das: Natürlich hält Paul Ziemiak seinen Freund | |
| für geeignet, jedes Ministerium zu leiten. Genau wie das Kanzleramt. Und da | |
| braucht ihn Armin Laschet. | |
| Für den rechten Flügel der CDU ist Liminski ein Mann der Zukunft: smart, | |
| umgänglich, kompromissfähig, aber doch zweifelsfrei im Lebensschutz und dem | |
| christlich-konservativen Wertefundament verwurzelt. Wichtig ist | |
| allerdings, ihn auch der breiten Öffentlichkeit schmackhaft zu machen – und | |
| die allzu radikalen Aussagen glatt zu bügeln, die Liminski in jüngeren | |
| Jahren so unverblümt propagierte. | |
| Dass Liminski längst die Berliner Machtzentrale im Blick hat, bezweifelt in | |
| Düsseldorf niemand. Als CDU-Chef habe Armin Laschet nun mal den ersten | |
| Zugriff auf die Kanzlerkandidatur, finden seine Parteifreunde. Markus Söder | |
| werde einsehen, dass er als bayerischer Christsozialer bundesweit | |
| schlechter vermittelbar sei als der Rheinländer. Und auf Liminski könne | |
| Laschet nicht verzichten: Nirgendwo könne der ihm besser dienen als im | |
| Kanzleramt. | |
| ## Familie spielt zentrale Rolle | |
| Verhindern könnte das nur noch ein Image als „katholisches Monster“, das | |
| wohl kaum jemand so fürchtet wie Liminski selbst. Möglich, dass dieses Bild | |
| aus heutiger Perspektive tatsächlich überzeichnet ist. Doch offensiv | |
| emanzipiert vom Wertefundament der Eltern hat sich Liminski nicht: „Familie | |
| spielt die zentrale Rolle“, sagt sein Freund Ziemiak. „Das ist der | |
| Mittelpunkt seines Handelns, Denkens und Fühlens.“ | |
| Zu seinen Eltern habe er nach wie vor ein enges Verhältnis. Ganz besonders | |
| aber gelte das für seine Frau Hanna, eine Wirtschaftspsychologin, und die | |
| vier Kinder. Natürlich, sagt Ziemiak, könne Liminski seine Lebenswelt von | |
| der Politik trennen. „Aber ihn treibt die Frage um, was möglich ist, um | |
| bessere Bedingungen für Familien zu schaffen.“ Und das wiederum kann auch | |
| als Signal in die Szene derjenigen verstanden werden, die für | |
| „Elternrechte“ und den sogenannten Lebensschutz kämpfen. | |
| Was all das für Schwarz-Grün im Bund bedeutet? Auf den Paragrafen 219a, | |
| dessen Abschaffung die Union verhinderte, will der Generalsekretär nicht | |
| weiter eingehen – schon gar nicht in Verbindung mit Liminski. Die Grünen | |
| ihrerseits halten die damalige Reform des Paragrafen für gescheitert. Fiele | |
| eine neuerliche Reform oder Abschaffung bei einer möglichen Koalition mit | |
| der Union unter den Tisch, wäre ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der | |
| frauenpolitischen Szene massiv geschwächt. | |
| Armin Laschet selbst war als Landespolitiker bisher vorsichtig genug, das | |
| sensible Thema Schwangerschaftsabbruch nicht anzusprechen. Bei | |
| Koalitionsverhandlungen wird er es als CDU-Bundeschef nicht vermeiden | |
| können. Wie Liminski ist auch Laschet tief im Katholizismus verwurzelt. | |
| Schon bei der Frage, ob Gottesdienste wegen der Pandemie verboten werden | |
| dürften, vermied Laschet jeden direkten staatlichen Eingriff und setzte auf | |
| das Einsehen der Religionsgemeinschaften. | |
| Für schwarz-grüne Bruchstellen im Bereich der Gesellschaftspolitik, also | |
| etwa auch bei der Gleichstellung von homosexuellen Paaren, bedeutet das: | |
| Einfach würden die Verhandlungen ohnehin nicht. Wie konservativ die Union | |
| aber wirklich ist, dürfte sich dann zeigen, wenn der Schreibtisch Nathanael | |
| Liminskis tatsächlich im Kanzleramt stehen sollte. | |
| 1 Mar 2021 | |
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| [1] https://www.youtube.com/watch?v=N3Wb6D1tLtU | |
| [2] /Kanzlerkandidatur-in-der-Union/!5739922 | |
| [3] https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/cdu-chef-armin-laschet-wirft… | |
| [4] https://www.initiative-pontifex.de/ | |
| [5] /Marsch-fuer-das-Leben-2019/!5748399 | |
| [6] /CDU-Kandidat-Armin-Laschet/!5666729 | |
| [7] /5-Jahre-Koelner-Silvesternacht/!5734263 | |
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