# taz.de -- Nach dem Brandanschlag gegen Tesla: Baumfreunde gegen Autoliebhaber | |
> In Grünheide wird Elon Musk von jubelnden Mitarbeitenden empfangen. | |
> Derweil wollen Umweltaktivisten weiter den Ausbau des Werks | |
> verhindern. | |
Bild: Protest gegen den Ausbau der Tesla Gigafactory am 10.03.2024 in Grünheide | |
GRÜNHEIDE taz | Aus einem Festzelt vor dem Tesla-Werk in Grünheide dröhnen | |
am Mittwochvormittag Techno-Bässe hinüber. Hunderte Mitarbeitende in | |
dunkler Kleidung sind aus der Entfernung in und außerhalb des Festzeltes zu | |
sehen. Sie warten auf [1][Tesla-Chef Elon Musk.] Dieser kommt Minuten | |
später mit einer Kolonne aus drei Tesla-SUVs vorgefahren. „Welcome Elon!“, | |
hallt es wenig später zu den zahlreichen Pressevertretern herüber, die das | |
Spektakel nur vom Werkszaun beobachten dürfen. Gut eine Woche stand die | |
Produktion nach einem Brandanschlag der linksradikalen „Vulkangruppe Tesla | |
abschalten“ still. | |
Diese bekannte sich zu [2][der gezielten Sabotage] eines Strommastes am 5. | |
März, der die etwa 10 Kilometer entfernte Gigafactory sowie einen Teil der | |
umliegenden Haushalte in Grünheide versorgte. Der Werksleiter André Thierig | |
ging zunächst von einem finanziellen Schaden im „hohen neunstelligen | |
Bereich“ aus. Nun ist Elon Musk höchstpersönlich angereist, um die | |
Wiederaufnahme der Produktion zu feiern. Als ein Journalist ihn fragte, ob | |
das Werk weiterhin ausgebaut werden soll, antwortete er nur: „Ja, absolut!“ | |
Szenenwechsel drei Tage zuvor nach Grünheide: Hunderte Menschen gehen nach | |
dem Anschlag auf die Straße, um „für“ oder „gegen“ Tesla zu demonstri… | |
Als sich die „Tesla stoppen“-Demonstration langsam dem Ortskern von | |
Grünheide nähert, positioniert sich die Sprecherin der lokalen Grünen, | |
Lucia Maack, lieber ein paar Meter vom Wegrand entfernt. Mit vielen der | |
Gruppen, die an diesem Sonntag gegen Tesla demonstrieren, stand Maack schon | |
auf der Straße: Nabu, Grüne Liga, Berlin autofrei: Es sind die | |
traditionellen Verbündeten der Grünen. | |
Doch heute steht Lucia Maack im dunkelblauen, rot-weiß karierten | |
Wintermantel mit ihren zwei kleinen Söhnen, ihrem Mann und den Fahrrädern | |
der Familie auf der anderen Seite. Auf der Seite jener, die mit Tesla | |
arbeiten und Kompromisse finden wollen, statt „Tesla den Hahn abzudrehen“, | |
wie es das Anti-Tesla-Bündnis fordert. Erst gerade hat sie auf der | |
Kundgebung der Tesla-Sympathisanten im Bürgerpark Grünheide gesprochen, hat | |
ein Ende der „Spirale der Ablehnung“ beschworen. | |
Doch die Spirale ist heute bereits in vollem Gange. Als der | |
Demonstrationszug die Tesla-Sympathisanten erreicht, wird es hässlich. | |
„Tesla – den Hahn abdrehen“, skandiert der Protestmarsch.„Geht mal zu V… | |
geht mal zu Leag, die verbrauchen 100-mal mehr Wasser“, antwortet ein | |
Tesla-Befürworter. „One struggle, one fight, water is a human right“, | |
schallt es zurück. „Haut ab, ihr Schweine! Ihr Affen! Ihr | |
Kohlefetischisten! Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?“, ruft ein Demonstrant | |
am Straßenrand.„What do we want? Climate Justice! When do we want it? | |
Now!“, schallt es von der Straße zurück. | |
Auf den Straßen von Grünheide wird in diesen Wochen ein Konflikt sichtbar, | |
der die gesellschaftliche Linke noch lange beschäftigen wird. Hier streiten | |
sich reformorientierte Grüne und Sozialdemokraten mit | |
[3][antikapitalistischen Degrowthern]. Es geht um den Umgang mit dem | |
Megakonzern Tesla, mit seinen Verstößen beim Arbeits- und Umweltschutz, | |
dem mangelnden Respekt vor demokratischen Prozessen, zum Beispiel wenn es | |
um die Genehmigungsverfahren für das E-Auto-Werk in Grünheide geht. | |
Es geht um giftige Industrieabwässer und die Tatsache, dass eine Fabrik wie | |
die von Tesla zwar Arbeitsplätze bringt, aber auch steigende Mieten in der | |
Region. Und es geht auch um die viel grundsätzlichere Frage, ob die in | |
Grünheide produzierten, zwei Tonnen schweren Elektro-SUVs des rechten | |
Milliardärs Elon Musk wirklich eine Lösung für die Klimakrise sein können. | |
Drei Stunden vor der „Tesla stoppen“-Demo am Sonntag läuft Manual Hoyer, | |
die Frau, die den Protest nach Grünheide geholt hat, durch einen | |
moosbewachsenen Wald, keine zwei Kilometer vom Ortskern von Grünheide | |
entfernt. Der Wald war mal eine künstlich angelegte und dürreanfällige | |
Kiefernmonokultur. Mittlerweile jedoch stehen neben den hohen Kiefern auch | |
viele Laubbäume. Schon in zehn oder fünfzehn Jahren könnten sie mit den | |
Kiefern auf Augenhöhe sein. | |
Knapp 50 Meter von der Landstraße entfernt haben hier rund 80 | |
Aktivist:innen ihr Camp aufgeschlagen. Mit Ästen gesäumte Pfade führen | |
in den Wald hinein zu Baumhäusern, Zelten und einem Materiallager. Bei | |
einer Sitzgruppe aus Baumstämmen steht ein Klavier. Die Besetzer:innen | |
wollen Tesla daran hindern, den Wald zu roden, um sein Werk um weitere | |
circa 100 Hektar zu vergrößern. So will der Konzern künftig eine Million | |
Autos pro Jahr produzieren. | |
Manuela Hoyer trägt einen blauen Anorak und leicht verdunkelte | |
Brillengläser. Sie ist Vorsitzende der [4][Bürgerinitiative Grünheide]. | |
Seit 2019 klar wurde, dass die Landesregierung Brandenburg eine | |
Elektroautofabrik direkt an einem Trinkwasserschutzgebiet bauen lassen | |
will, engagiert sie sich gegen Tesla. | |
Hoyer, 63 Jahre alt, ist ein gern gesehener Gast hier im Wald. Für die | |
Besetzer:innen, von denen fast niemand aus Grünheide selbst kommt, ist sie | |
das lokale Gesicht des Widerstands. Sie gibt Interviews und korrigiert auch | |
mal eine Pressesprecherin der Besetzung, wenn die sich bei den Details der | |
Kommunalpolitik in Grünheide als nicht 100 Prozent faktenfest erweist. „Die | |
Bürgerbefragung hat die Gemeinde initiiert, nicht die Bürgerinitiative“, | |
gibt sie ihr mit auf den Weg. 62 Prozent der Grünheider:innen hatten im | |
Februar bei einer Befragung durch die Gemeinde gegen die | |
Werkserweiterungspläne von Tesla gestimmt. Das Votum ist für die | |
Gemeindevertretung nicht bindend. | |
Hoyer hat der Brandanschlag der Vulkangruppe mitgenommen. „Das ist ein | |
friedliches, kreatives Camp hier, und dann machen die so eine Scheiße“, | |
sagt sie. Der Anschlag schade ihrer Arbeit. „Wir protestieren hier seit | |
2019 friedlich, aber jetzt werden wir von Politik und Medien alle in einen | |
Topf geworfen.“ Bei der „Vulkangruppe Tesla stoppen“ hat Hoyer sich mit | |
ihrer Distanzierung keine Freunde gemacht. | |
Drei Tage nach deren Brandanschlag landet eine E-Mail in Hoyers Postfach. | |
Betreff: Nachschlag zum Brandanschlag auf Tesla. Absender: Die | |
Vulkangruppe. „Wir glauben nicht der Sache geschadet zu haben“, schreiben | |
sie. „Wir empfehlen den Bürger:innen, den Gruppen vor Ort und in den | |
Baumhäusern sich weniger (…) von dem Distanzierungsdruck beeinflussen zu | |
lassen.“ Und in Bezug auf Elon Musk, der die Täter in einem Tweet als die | |
„dümmsten Öko-Terroristen der Welt“ bezeichnete, schreibt die Gruppe zum | |
Abschied: „Gruß und Kuss, eure dümmsten Ökoterrorist:innen der Welt“. | |
Hoyer ficht das nicht an. Sie ist überzeugt von ihrem friedlichen Ansatz, | |
ihren Methoden. Seit 20 Jahren wohnt die ehemalige Verwaltungsangestellte | |
in der Region, von ihrer Zweizimmerwohnung im Ortsteil Mönchwinkel sieht | |
sie die Spree. Sie weiß, wie knapp das Wasser bei ihr in der Region ist, | |
sieht selbst, [5][wie Dürresommer nach Dürresommer] dem Fluss zugesetzt | |
hat. „Ich konnte mir das in meinen übelsten Träumen nicht vorstellen“, sa… | |
Hoyer. „Dass die Landesregierung quasi eine Chemiefabrik hier ins | |
Trinkwasserschutzgebiet stellt.“ | |
Hoyers Sorge um die Wasserqualität in Grünheide scheint berechtigt. Zuletzt | |
sorgte ein Bericht des regionalen [6][Wasserverbands Strausberg-Erkner | |
(WSE)] für Schlagzeilen. Laut dem Verband überschreite Tesla „ständig und | |
in erheblicher Weise“ die Schadstoffgrenzwerte für Phosphor und | |
Gesamtstickstoff. Teilweise seien die Grenzwerte um das bis zu Sechsfache | |
überschritten worden. Selbst ein Entsorgungsstopp für das Abwasser der | |
Tesla-Fabrik war im Gespräch. | |
Einer, der lange Zeit für die Entsorgung genau jenes Abwassers zuständig | |
war, ist Henryk Pilz. Der Bürgermeister von Erkner war bis vor einer Woche | |
noch Vorsitzender der Verbandsversammlung des WSE. Unter seiner Leitung war | |
eine Sondersitzung zum Tesla-Bericht anberaumt worden. Doch als sich das | |
Gremium nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte, trat Pilz zurück. | |
In der Versammlung sei es um die Interessen verschiedenster Akteur*innen | |
gegangen, aber nicht um die Interessen der Bürger*innen. Er sagt: „Es hat | |
hier jemanden gebraucht, der auf den Tisch haut und ein Zeichen setzt.“ Bei | |
seiner Entscheidung sei es jedoch um mehr als nur um Tesla gegangen. Dem | |
Verband bleibt Pilz als einfaches Mitglied erhalten. | |
Für die Anwohner:innen geht es in Grünheide um ihr Zuhause, um die | |
Zukunft der Region. Doch der Kampf um die Tesla-Fabrik ist längst auch ein | |
Symbol für den globalen Kampf ums Wasser geworden, der sich durch die | |
Klimakrise noch verschärfen dürfte. Das zeigt sich auch bei den Menschen, | |
die Manuela Hoyers Aufruf zu der „Tesla stoppen“-Demo an diesem Sonntag | |
gefolgt sind. | |
Da ist Alex Wernke, 35, der gerade mit Aktivist:innen der Bewegung | |
„Aufstände der Erde“ aus Frankreich durch Deutschland tourt. Ob die | |
geplanten Mega-Pipelines zur Flutung der Tagebaue im Rheinland, ein | |
Amazon-Logistikzentrum am Trinkwasserschutzgebiet bei Nürnberg oder den | |
Kampf für eine nachhaltige Landwirtschaft bei Kassel – gemeinsam wollen sie | |
die sich an vielen Orten zuspitzenden Verteilungskämpfe ums Wasser in | |
Deutschland verbinden. Nach Grünheide geht es weiter zu lokalen | |
Wasserschützer:innen in der Lausitz. | |
## Wasserdeckelungen ab 2025 | |
Da ist Elster, 28, aus einem Dorf in Süddeutschland, studierte*r | |
Umweltingenieur*in und Ausbildung zum/zur Baumpfleger*in. Seit dem | |
Aufbau der Besetzung lebt Elster in einem der Baumhäuser und will nicht | |
länger hinnehmen, in einer Welt zu leben, in der Profitinteressen von | |
Konzernen über den Interessen der Menschen stehen. „Mich treibt ein | |
Gerechtigkeitsempfinden an – auch in Bezug auf die Ungerechtigkeiten des | |
Neokolonialismus“, sagt Elster. | |
Da ist Stephen Musaruwa aus Botswana, der die Besetzung in Grünheide für | |
[7][Fridays for Future Afrika] besucht. „Ihr wisst alle, was gerade im | |
Kongo passiert, oder?“, fragt er. „Die Einnahmen aus den Kobalt-Minen | |
finanzieren dort den Bürgerkrieg.“ Kobalt ist ein essenzieller Bestandteil | |
moderner Lithium-Ionen-Batterien. Laut der Bundesanstalt für | |
Geowissenschaften und Rohstoffe ist der Kongo einer der zehn wichtigsten | |
Rohstofflieferanten Deutschlands. | |
Es sind Argumente, die auch der Sprecherin der Grünheider Grünen Lucia | |
Maack nicht fremd sind. Wie groß der Teil von ihr sei, der gerne bei der | |
Anti-Tesla-Demo mitlaufen würde? „Zehn Prozent“, sagt die 36-jährige und | |
lacht. Aber wegen dieser Grundsatzargumente „Tesla den Hahn abzudrehen“, | |
das sei ihr zu radikal. Schließlich habe der Wassermangel in der Region | |
auch schon vor Tesla bestanden. Allerdings werden ab dem nächsten Jahr alle | |
etwa 170.000 Menschen, die zum WSE gehören, von Wasserdeckelungen betroffen | |
sein und dürfen dann gerade einmal 105 Liter Wasser pro Person pro Tag | |
verbrauchen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 128 Litern pro Tag. In | |
Grünheide betrifft das nicht alle. Etwa die Hälfte der Haushalte gehört zu | |
einem anderen Wasserverband und hat mit den Problemen, die die Gigafactory | |
dem WSE bereitet, deutlich weniger zu tun. | |
Tatsächlich gehört Brandenburg zu den trockensten Regionen Deutschlands. | |
Seit Jahren ist sie von Dürre betroffen. Auch wenn die extreme Dürre laut | |
Expert*innen des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung bundesweit | |
vorerst vorbei ist, erholen sich Brandenburgs Böden langsamer von den | |
Dürrejahren als andere Bundesländer. | |
Maack sieht sich allen voran als Vertreterin der Grünheider:innen. Sie will | |
mit ihnen ins Gespräch kommen. Auch deshalb hat sie sich entschieden, auf | |
der Kundgebung im Bürgerpark Grünheide zu sprechen. Auch wenn sie nicht | |
alle Argumente ihrer Co-Redner von der Industrie- und Handelskammer, der IG | |
Metall und der SPD teilt, hofft sie hier mit den Menschen vor Ort ins | |
Gespräch zu kommen. „Wir brauchen mehr offene Gesprächsorte“, sagt sie. D… | |
basale Kapitalismuskritik der Demonstrierenden aus aller Welt mache die | |
Lage vor Ort nicht einfacher. | |
Um 13.51 Uhr strömen genau jene aus dem RE1 auf den Parkplatz des Bahnhofs | |
Fangschleuse in Grünheide. Gruppen wie Attac, Extinction Rebellion oder | |
Robin Wood. Sie alle haben zu der Demo in Grünheide mobilisiert. Nur 20 | |
Minuten dauert die Fahrt vom Berliner Ostkreuz bis hierher. Manuela Hoyer | |
steigt auf die Ladefläche eines umgebauten Lkws und nimmt ein Mikro in die | |
Hand. „Die Gemeinde hat die Grünheider:innen befragt. Ich hätte es | |
selber nie gedacht, aber wir haben zu 62 Prozent mit Nein gestimmt. Wir | |
Grünheider:innen wollen die Tesla-Fabrik nicht!“ | |
Manchmal verliert Hoyer mitten im Satz kurz die Orientierung, muss neu | |
ansetzen. Der Menge ist das egal. Immer wieder brandet Applaus auf. „Bisher | |
wurde alles über unsere Köpfe hinweg entschieden“, sagt Hoyer. In der | |
Öffentlichkeit tue Tesla so, als bräuchten sie zusätzliche Waldflächen für | |
die Werkserweiterung, um einen Güterbahnhof zu bauen. Dabei hätten sie in | |
einem früheren Bebauungsplan dazu längst die Genehmigung gehabt. | |
Stattdessen habe man sich entschieden, andere Gebäude zu bauen. | |
„Das ist eine Verarschung der Bevölkerung hier, jetzt so zu tun, als ob sie | |
klimafreundlich sind und den Verkehr von der Straße auf die Schiene bringen | |
wollen. Das hätten sie schon längst tun können. Sie haben es nicht getan.“ | |
Um sich von der Gegenkundgebung abzugrenzen, hat Hoyer blaue Bänder für die | |
Seite des Protestzugs organisiert, die am Bürgerpark Grünheide vorbeilaufen | |
wird. Das Blau steht für das Wasser, das sie schützen wollen. | |
Die Gegendemonstrant:innen stehen zwei Kilometer weiter im Bürgerpark | |
Grünheide. Es ist eine Kundgebung unter dem Motto #Grünheidegestalten, | |
organisiert von einem lokalen SPD-Mitglied. Rund 200 Menschen aus Grünheide | |
und Mitarbeiter:innen von Tesla stehen hier zusammen. Es gibt | |
Brötchen, Bratwurst und Buletten. | |
Lucia Maack betritt die Bühne. Lange habe sie darüber nachgedacht, ob sie | |
heute hier sprechen wolle. Demo und Gegendemo – Maack findet das nicht | |
hilfreich. Die 62 Prozent Nein der Grünheider:innen sieht Maack nicht | |
als das klare Mandat gegen Tesla, wie Hoyer das versteht. Das Ergebnis | |
zeige für sie vielmehr, „dass die Menschen in Grünheide bisher nicht | |
ausreichend beteiligt wurden“. Veränderung bringe oft Unsicherheit mit | |
sich. „Eine einfache Abstimmung mit Ja oder Nein wird dem Diskussionsbedarf | |
nicht gerecht!“ | |
Nach der Kundgebung sagt Maack: Sie sei kein großer Fan von motorisiertem | |
Individualverkehr. Aber wenn, dann elektrisch. Und irgendwo müssten sie | |
gebaut werden. Im ländlichen Raum sei man schließlich aufs Auto angewiesen. | |
Ein älterer Ex-Politiker, der neben ihr steht, sagt: „Wir müssen den | |
Menschen sagen, dass sie was von Tesla haben.“ Der Bahnhof zum Beispiel, | |
von dem der Regionalexpress jetzt häufiger nach Berlin fährt. Und der | |
Radschnellweg nach Erkner. | |
Maack ist vor vier Jahren aus Berlin nach Grünheide gezogen, wohnt hier in | |
einem Einfamilienhaus im Ortsteil Altbuchhorst. Sie weiß, dass sie manch | |
einem städtischen Grünen vielleicht nicht radikal genug sei. Aber die Lage | |
auf dem Land sei nun mal eine andere als in der Stadt. „Die AfD könnte hier | |
über 40 Prozent bekommen“, sagt sie. „Wir sind hier viel mehr auf Bündnis… | |
mit anderen demokratischen Parteien angewiesen als in Berlin.“ Etwas | |
entfernt von der Kundgebung steht ein Tesla-Mitarbeiter in Lederjacke, sein | |
Kind im pinken Strampler vor sich auf dem Bauch. Eigentlich dürfe er nicht | |
mit der Presse sprechen. Aber er sei heute hier, weil er für seinen | |
Arbeitgeber einstehe. | |
Die Vorwürfe, bei Tesla häuften sich die Arbeitsunfälle, hält er für | |
überzogen. „Vorher habe ich als Tischler auf dem Bau in Berlin gearbeitet“, | |
sagt er. Einmal sei er mit einer Bohrmaschine abgerutscht, habe sich durch | |
die Hand gebohrt. Jetzt fahre er Gabelstapler in der Logistik, habe Zugang | |
zum Tesla-eigenen Fitnessstudio, verdiene besser und müsse nicht mehr den | |
ganzen Tag schwer schleppen. „Ich glaube, der Ausbau mit Ausbildungswerk | |
und Kita wäre eine große Chance für Grünheide“, sagt er. „Gerade wenn i… | |
an die Zukunft denke.“ | |
Dann nähert sich die Anti-Tesla-Demo, mit lauten Trillerpfeifen und | |
„Anti-Anticapitalista“-Rufen. Der Mitarbeiter flüchtet mit seinem Kind von | |
der Straße in die Eingangshalle eines Seniorenheims.„Macht ihr super! Geht | |
weiter, na komm, macht mal“, ruft ein Grünheider, der von der von der SPD | |
mitorganisierten Kundgebung kommt, dem Protestzug zu. „Wer hat uns | |
verraten, Sozialdemokraten!“, schallt es zurück. | |
Ein paar Meter entfernt steht Lucia Maack. „Das ist nicht nur der schwarze | |
Block hier, das sind auch Umweltaktivisten“, sagt sie zu einem Grünheider | |
neben ihr. „Ich hab sehr gemischte Gefühle, wenn ich das sehe.“ Das | |
Vorgehen von Tesla, den bereits in einem früheren Bebauungsplan genehmigten | |
Güterbahnhof nicht zu bauen und stattdessen jetzt neue Flächen zu fordern, | |
findet sie „schwierig“. Eine Salamitaktik, eine Umkehrung der | |
Verantwortung, bei der es jetzt so wirke, als ob die Kommunalpolitik dafür | |
sorgen müsste, dass Tesla mit dem Güterbahnhof mehr Verkehr von der Straße | |
auf die Schiene bringen kann. | |
Warum sie dann trotzdem hier auf Seiten derjenigen steht, die weiter mit | |
Tesla arbeiten wollen? „Einfach Tesla den Hahn abdrehen, das ist mir zu | |
absolut“, sagt Maack. Die Brandenburger Grünen versuchten Tesla kritisch zu | |
begleiten. In den ersten Antragsunterlagen hatte Tesla noch ein Werk ohne | |
geschlossenen Produktionswasserkreislauf geplant. Nach Einwendungen unter | |
anderem der Grünen Liga Brandenburg habe Tesla dann seine Pläne angepasst: | |
seitdem gebe es sowohl einen geschlossenen Produktionswasserkreislauf als | |
auch eine dezentrale Regenwasserversickerung. | |
Die Abwässer der Produktion reinigt Tesla mittlerweile selber und führt das | |
gereinigte Wasser wieder in den Produktionskreislauf zurück. Aber Tesla hat | |
noch einen zweiten Prozess, in dem nach wie vor Abwässer entstehen. Das mit | |
Schadstoffen angereicherte Wasser aus Sanitäranlagen, Duschen und Küche ist | |
noch immer ein Fall für den WSE. | |
Trotz einer unterschwelligen Anspannung herrscht im Waldcamp am Mittwoch | |
noch reges Treiben. Holzstücke werden durch die Gegend getragen, | |
Neuankömmlinge lernen am Seil zu klettern. Die offizielle Duldung des | |
Baumhausdorfes läuft am Freitag aus. Obwohl sie eine Verlängerung ihrer | |
Duldung angefragt haben, bereiten die Besetzer*innen sich am Dienstag | |
und Mittwoch schon mit „Räumungsworkshops“ darauf vor, dass ihr Dorf bald | |
von der Polizei gestürmt wird. | |
„Es ist wichtig, dass die Leute wissen, worauf sie sich einlassen“, erklärt | |
Pressesprecher:in Leo. Trotzdem wollen die Aktivist:innen nicht | |
aufgeben. „Wir bleiben so lange, bis klar ist, dass die Fabrik nicht gebaut | |
wird!“, bekräftigt Leo. Ob der Besuch vom Tesla-Chef sie beunruhigt? | |
Pressesprecher René Sander verneint: [8][„Elon Musk ist nicht ins Berghain | |
gekommen], er wird auch nicht in den Wald reinkommen!“ | |
13 Mar 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Der-Rechtslibertarismus-des-Elon-Musk/!5962309 | |
[2] /Brandanschlag-auf-Tesla-Werk/!5994711 | |
[3] /Wachstumskritisches-Denken/!5960802 | |
[4] https://www.bi-gruenheide.de/ | |
[5] /Landwirtschaft-in-Klimakrise/!5865074 | |
[6] https://www.w-s-e.de/startseite | |
[7] https://twitter.com/FFF_Africa | |
[8] https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/04/elon-musk-party-berghain-berl… | |
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