# taz.de -- Muslimische Volksgruppe in Myanmar: Rohingya kämpfen für Wahlrecht | |
> Vertriebene Rohingya harren seit Jahren in Lagern in Bangladesch aus. Von | |
> dort aus wollen sie bei der kommenden Parlamentswahl abstimmen. | |
Bild: Seit Jahrzehnten werden die Rohingya in Myanmar verfolgt | |
BANGKOK taz | Anfang Juli hat Myanmars Wahlkommission bekannt gegeben, dass | |
auch im Ausland lebende Myanmaren bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres | |
die Möglichkeit haben werden, ihre Stimmen abzugeben. Mehr als eine Million | |
Menschen allerdings werden davon wohl ausgeschlossen sein: die muslimische | |
Volksgruppe der Rohingya, die seit inzwischen fast drei Jahren in | |
[1][Flüchtlingslagern in Bangladesch] ausharrt und über Jahrzehnte nach und | |
nach staatenlos gemacht wurde. | |
Doch Aktivisten der Volksgruppe fordern den Weg an die Wahlurne ein. „Wir | |
sind Bürger Myanmars und als solche sollten wir wählen dürfen“, heißt es … | |
einem offenen Brief der in den Flüchtlingslagern in Bangladesch ansässigen | |
Organisation Arakan Rohingya Society for Peace & Human Rights im Mai. Auch | |
die 2015 aus dem Parlament verbannte Rohingya-Partei „Democracy and Human | |
Rights Party“ forderte die Wahlkommission auf, sie zur Wahl zuzulassen. | |
Noch 2010 nahmen die Rohingya an politischen Prozessen in Myanmar teil. Bei | |
den ersten als frei und fair anerkannten Wahlen fünf Jahre später, ließ die | |
Regierung weder zu, dass Rohingya wählen, noch, dass sie sich aufstellen | |
lassen durften. | |
Seit Jahrzehnten [2][werden die Rohingya in Myanmar verfolgt.] 2016 und | |
2017 vertrieb das Militär mehr als 800.000 Mitglieder der Volksgruppe aus | |
ihrer Heimat. Die UN spricht von Völkermord. Menschenrechtler schätzen, | |
dass bis zu 600.000 Rohingya nach wie vor in Rakhine im Westen des Landes | |
leben und dort weiterhin Verfolgung ausgesetzt sind. | |
## Wahl in Flüchtlingslagern möglich | |
Aktivisten weisen darauf hin, dass die Glaubwürdigkeit der Wahlen am 8. | |
November mit dem Wahlrecht der Rohingya verknüpft sei. „Wählen ist auch in | |
Abwesenheit durchaus möglich“, sagt Matthew Smith von der in Bangkok | |
ansässigen Menschenrechtsorganisation Fortify Rights. „Die Regierung hat | |
ausreichend Zeit, dafür zu sorgen, dass die Wahlen frei und fair sind.“ Die | |
Rohingya würden gerne konstruktiv am Leben in Myanmar teilnehmen. | |
Es wäre nicht das erste Mal, dass Flüchtlinge außerhalb ihrer Heimat in | |
Lagern oder per Briefwahl wählen dürfen. 2004 wählten rund 850.000 | |
afghanische Flüchtlinge mit Hilfe internationaler Hilfsorganisationen in | |
Pakistan und Iran bei den ersten parlamentarischen Wahlen des Landes. | |
Dass die Rohingya in naher Zukunft nach Myanmar zurückkehren können, | |
scheint unrealistisch. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle | |
Bachelet sagte im Rahmen der Sitzungen des Menschenrechtsrats im Juni, dass | |
die Situation in Rakhine sich nicht verbessert habe und die Umstände für | |
eine sichere, würdige und nachhaltige Rückkehr aus Bangladesch immer noch | |
nicht gegeben seien. | |
Vielmehr hat sich die Situation seit der Vertreibung der Rohingya 2017 | |
verschlechtert. Zehntausende sind durch [3][Kämpfe zwischen Aufständischen | |
der Arakan Army und dem Militär] vertrieben worden. Amnesty International | |
wirft dem Militär willkürliche Attacken auf Zivilisten vor und fordert den | |
UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf. | |
## Aung San Suu Kyi ist große Enttäuschung | |
Als die Rohingya 2010 noch wählen durften, setzten sie ihre Hoffnungen auf | |
eine bessere Zukunft in die [4][Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu | |
Kyi] von der Nationalen Liga für Demokratie (NLD). In einem Artikel des | |
Guardian aus demselben Jahr sagte Shira Bhanu, eine damals 50-jährige | |
Rohingya: „Unsere einzige Hoffnung ist, dass Aung San Suu Kyi an die Macht | |
kommt.“ | |
Doch die einstige Demokratie-Aktivistin entpuppte sich stattdessen als | |
große Enttäuschung. Im Dezember verteidigte sie das Militär, das sich wegen | |
Kriegsverbrechen an den Rohingya verantworten muss, vor dem Internationalen | |
Gerichtshof in Den Haag. | |
Neben den Rohingya werden auch Mitglieder anderer Volksgruppen in Myanmar, | |
in deren Wahlkreisen sich das Militär und bewaffnete Gruppen bekämpfen, | |
offiziell aus Sicherheitsgründen nicht an die Wahlurnen gelassen. | |
25 Jul 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Coronafall-im-Rohingya-Fluechtlingscamp/!5685926 | |
[2] /Voelkermordverfahren-gegen-Myanmar/!5653676 | |
[3] /Kaempfe-im-Suedwesten-von-Myanmar/!5681249 | |
[4] /Gambia-verklagt-Myanmar/!5648223 | |
## AUTOREN | |
Verena Hölzl | |
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