# taz.de -- Musk und Trump auf Twitter: Moralisch schlecht | |
> Elon Musk will Menschen wie Trump nicht mehr von Twitter ausschließen. | |
> Das kann Konsequenzen haben – für den Konzern und die Gesellschaft. | |
Bild: Kommt er zurück? Donald Trump im Januar vor seinen Anhängern in Arizona | |
Er hat Joe Biden Wahlbetrug unterstellt, die Gefahren von Corona | |
heruntergespielt und seine Unterstützung deutlich gemacht für die Menschen, | |
die am 6. Januar 2021 gewaltsam das US-Kapitol stürmten – alles auf | |
Twitter. Dafür wurde der ehemalige US-Präsident Donald Trump von der | |
Plattform verbannt. Nun will Elon Musk genau diese Konsequenz rückgängig | |
machen, falls er Twitter kauft. Das sagte er am Dienstag [1][der Financial | |
Times]. | |
Er halte die Entscheidung für den lebenslangen Ausschluss Trumps von | |
Twitter für „moralisch schlecht und extrem töricht“. „Sie hat einen gro… | |
Teil des Landes verprellt und letztlich nicht dazu geführt, dass Donald | |
Trump keine Stimme mehr hatte.“ | |
Ja, Trump hat weiterhin „eine Stimme“. Er hat seine eigene | |
Social-Media-Plattform „Truth Social“ aufgebaut, auf der sich vor allem | |
rechtspopulistische Ideolog*innen tummeln. Auch eine gewisse Reichweite | |
außerhalb der sozialen Medien konnte er behalten. Jedoch: Zumindest per | |
Tweet kann er seinen Hass nicht mehr in die Welt schreien. Seine | |
Anhängerschaft mag sich dadurch nicht verringern, doch das Wachstum dürfte | |
etwas eingeschränkter sein. | |
Trump sagte schon vor einigen Wochen, [2][dass er nicht zu Twitter | |
zurückkommen werde], sondern bei seiner eigenen Plattform bleibe. | |
Doch Musk bezieht sich bei seiner Ankündigung nicht nur auf Trump, sondern | |
generell auf das Konzept lebenslanger Account-Sperren auf Twitter. Damit | |
würde Twitter eine Maßnahme aus der Hand geben: Statt Populist*innen | |
und Menschenhasser*innen bei wiederholten Verstößen gegen Gesetze oder | |
Plattformregeln komplett auszuschließen, müssten sie dann jeden einzelnen | |
derartigen Tweet der Person löschen. | |
## Bis das DSA durchgreift, könnte es zu spät sein | |
Man stelle sich vor, jemand würde regelmäßig im Supermarkt um die Ecke | |
menschenfeindliche Parolen an den Kühlschrank kritzeln und das | |
Verkaufspersonal dürfte die Person nicht hinauswerfen, sondern müsste immer | |
wieder die Schmiererei entfernen. Das kostet Zeit und Energie – vermutlich | |
mehr als ein Ladenverbot. | |
Auch Twitter müsste wohl einiges investieren, um die Löscharbeiten schnell | |
und korrekt durchzuführen. Besonders weil die Plattform bald in der EU dem | |
[3][Digital Services Act (DSA, Gesetz über digitale Dienste)] folgen muss, | |
auf das sich die EU Ende April einigte. Der DSA hat unter anderem das Ziel, | |
[4][dass illegale Inhalte wie Hassrede, Terrorpropaganda, Gewaltaufrufe | |
schneller gelöscht werden]. | |
Besonders problematisch könnte es für Twitter werden, falls es von der EU | |
als „sehr große Onlineplattform“ eingestuft wird. Dafür müsste Twitter m… | |
als 45 Millionen Nutzer*innen in der EU haben oder mehr als 100.000 | |
Geschäftskund*innen. Doch bislang ist unsicher, ob Twitter diese Schwelle | |
überschreitet. [5][Im ersten Quartal 2022 kam die Plattform täglich auf 229 | |
Millionen monetarisierbare User*innen weltweit,] über 80 Prozent sitzen | |
außerhalb der USA. Monetarisierbar heißt, dass Twitter die Möglichkeit hat, | |
mit den User*innen Geld zu verdienen, etwa durch Werbung. | |
Diese Plattformen werden dazu verpflichtet, die [6][Risiken auf der eigenen | |
Plattform zu analysieren und eine Risikominderungsanalyse | |
durchzuführen] – jedes Jahr. Damit will die EU sicherstellen, dass die | |
Plattformen genug gegen Hass und andere illegale Inhalte vorgehen. Und | |
damit könnte sie uns helfen herauszufinden, welche Konsequenzen Musks Plan | |
hat, falls er ihn durchsetzt. Das DSA soll 2023 in Kraft treten. Ein Jahr | |
später wäre dann die erste Analyse fällig, also 2024. | |
Um Trumps Ideologie und Hetze aufzuhalten, könnte das zu spät sein: Denn | |
die nächste Präsidentschaftswahl in den USA findet 2024 statt. | |
11 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ft.com/content/2bf4e8db-e35c-40fd-9fdc-bfff6745e90f | |
[2] /Twitter-Verkauf-an-Elon-Musk/!5847177 | |
[3] /Einigung-aufs-Digitale-Dienste-Gesetz/!5846896 | |
[4] /Digital-Services-Act/!5846955 | |
[5] https://www.futurebiz.de/artikel/twitter-statistiken-nutzerzahlen/ | |
[6] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2022/04/23/digital-… | |
## AUTOREN | |
Johannes Drosdowski | |
## TAGS | |
Donald Trump | |
Soziale Medien | |
Elon Musk | |
Twitter / X | |
GNS | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Hassrede | |
Twitter / X | |
Elon Musk | |
Elon Musk | |
Kolumne Digital Naives | |
Internet | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Donald Trump auf Twitter: Einfach entsperrt | |
Musk wollte Accounts erst nach Gründung eines Beratungsgremiums wieder | |
freischalten. Nach einer Umfrage erlaubt er Trump jetzt schon | |
zurückzukehren. | |
Experte über Sicherheit und Hass im Netz: „Ursache für Hass sind Algorithme… | |
Das Europaparlament hat jüngst für das neue Digitale-Dienste-Gesetz | |
gestimmt. Dem Datenschutz-Experten Patrick Breyer geht es nicht weit genug. | |
Gestoppte Twitter-Übernahme: Musk feilscht | |
Der Tesla-Chef besteht darauf: Der Twitter-Deal kann ohne Daten zu | |
Bot-Accounts nicht weitergehen. Außerdem möchte er nochmal über den | |
Kaufpreis reden. | |
Tech-Milliardär Elon Musk: Twitter-Kauf vorerst ausgesetzt | |
Tesla-Chef Elon Musk legt den Kauf des Netzwerks Twitter vorerst auf Eis. | |
Der Konzern habe ungenaue Angaben zur Anzahl von Fake-Accounts gemacht. | |
Twitter-Verkauf an Elon Musk: Hat es sich jetzt ausgezwitschert? | |
Es herrscht große Aufregung in der digitalen Gesellschaft und Wirtschaft, | |
denn es scheint sicher: Elon Musk kauft wohl Twitter. Aber warum | |
eigentlich? | |
Digital Services Act: Das tolle Internet soll kommen | |
Die EU hat am Wochenende ihr großes Internetgesetz beschlossen. Alles soll | |
besser werden – doch es bleiben Kritikpunkte offen. | |
Einigung aufs Digitale-Dienste-Gesetz: EU räumt das Netz auf | |
Brüssel hat sich auf ein Gesetz für Onlineplattformen geeinigt. Es bringt | |
mehr Schutz für User – doch an der Ausbeutung der Daten ändert es wenig. |