# taz.de -- Ministerpräsident in Schweden gewählt: Die Rechtsregierung steht | |
> Zusammen mit den rechtsextremen Schwedendemokraten regiert nun Ulf | |
> Kristersson. Das Parlament hat bereits über das Regierungsprogramm | |
> debattiert. | |
Bild: Ulf Kristersson wurde zum neuen Ministerpräsidenten Schwedens gewählt | |
STOCKHOLM taz | Der Rechtsschwenk in der schwedischen Politik ist ein Fakt. | |
Mit 176 zu 173 Stimmen wählte der Reichstag in Stockholm am Montag Ulf | |
Kristersson, den Vorsitzenden der Moderaten zum neuen Ministerpräsidenten | |
des Landes. | |
Für den 58-Jährigen stimmten alle Abgeordneten der drei Koalitionsparteien: | |
seine konservativen Moderaten, die Christdemokraten und die Rechtsliberalen | |
– und die Abgeordneten der rechtsextremen Schwedendemokraten. Die gesamte | |
Opposition stimmte gegen ihn. | |
Vor der Abstimmung kritisierten die vier Oppositionsparteien vor allem die | |
zentrale Machtposition, die die Schwedendemokraten nun erstmals innehaben. | |
Lena Hallengren, Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, befürchtet, | |
dass diese Partei die „Richtung diktieren“ und die sozialen Gräben weiter | |
vertiefen werde. | |
Auf Schweden, das historisch für Offenheit und Toleranz stehe, komme jetzt | |
eine autoritäre, nationalistische Regierungspolitik zu, bei der „Verlierer | |
die sein werden, die jetzt schon am wenigsten haben“, warnte der | |
Grünen-Vorsitzende Per Bolund. | |
## Aufenthaltstitel leichter aberkennen | |
Die Schlüssel zur Regierungskanzlei habe erstmals eine | |
[1][fremdenfeindliche, nationalistische Partei bekommen], beklagte auch | |
Annie Lööf, Vorsitzende des liberalen Zentrums. Und die Linken-Vorsitzende | |
Nooshi Dadgostar sprach von der „rechtesten Regierungsplattform, die | |
Schweden seit Einführung der Demokratie hatte. „Wir sind zurück in den | |
1930er Jahren.“ | |
Der [2][Schwedendemokraten-Vorsitzende Jimmie Åkesson] selbst begrüßte die | |
„Zeitenwende“, vor der Schweden jetzt stehe. Führende Parteivertreter | |
sprachen vom größten Sieg in der Geschichte der Partei und davon, dass man | |
viel mehr erreicht habe, als man sich erträumt habe. | |
Im „[3][Tidöabkommen]“, dem Programm der künftigen Regierung, finden sich | |
nahezu alle wesentlichen Punkte zu den Themen Migrations- und | |
Kriminalpolitik aus dem Parteiprogramm der Schwedendemokraten nun als | |
Regierungsziele wieder. | |
Ein Programmdetail führte schon zu einer Debatte: Aufenthaltstitel sollen | |
leichter entzogen werden. Menschen, die keine schwedische | |
Staatsangehörigkeit besitzen, sollen allein wegen eines „fehlerhaften | |
Lebenswandels“ das Aufenthaltsrecht verlieren können. | |
Ein solcher liege vor, wenn „grundlegende schwedische Werte bedroht“ sind | |
oder es „Anmerkungen zur Lebensart“ gibt. Der liberale Dagens Nyheter | |
konstatierte dazu: „Es gibt keine Grenzen, was nicht unter solch eine | |
Gummivorschrift fallen könnte.“ Betteln, der Missbrauch von Drogen oder | |
Alkohol könnten ausreichen. | |
Auch der „Umgang in einem extremistischen Umfeld“ soll für eine Abschiebung | |
reichen. In Schweden lebende KurdInnen sind deshalb besorgt, dass sich die | |
Regierung Kristersson bald mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip | |
Erdoğan über die von diesem geforderte Auslieferung von 73 „kurdischen | |
Terroristen“ einig wird. Das war seine Voraussetzung für ein Ja zum | |
Nato-Beitrittsgesuch Schwedens. | |
17 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-schwedische-Mitte-rechts-Regierung/!5885748 | |
[2] /Schwedens-neue-konservative-Regierung/!5888210 | |
[3] https://www.liberalerna.se/wp-content/uploads/tidoavtalet-overenskommelse-f… | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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