# taz.de -- MedUni Wien streicht Homöopathiekurs: Studierende: 1, Globuli: 0 | |
> Wundermittel oder Scharlatanerie? Nach Beschwerden von Student*Innen | |
> streicht die Medizinische Universität Wien das Wahlfach „Homöopathie“. | |
Bild: Streitthema „Homöopathie“: In Deutschland sind alternative Verfahren… | |
BERLIN taz | Beim Thema Homöopathie spalten sich die Meinungen: Während die | |
einen in ihr ein alternatives Wundermittel sehen, ist sie für andere nicht | |
mehr als [1][überteuerte Zuckerbällchen]. Zur zweiten Gruppe gehören wohl | |
auch die Studierenden der Medizinischen Universität Wien. Denn wie [2][die | |
Jungmediziner*Innen-Plattform netxdoc] berichtete, hatten diese sich im | |
Rektorat über eine Vorlesung beschwert, die sich genau diesem Thema | |
widmete. Die Folge: Das Wahlfach „Homöopathie“ wurde in diesem Semester | |
erstmals aus dem Vorlesungsverzeichnis gestrichen. | |
Die Studienabteilung informierte die Teilnehmer*Innen mit einer Email über | |
die gestrichene Lehrveranstaltung. Darin heißt es unter anderem: „Aufgrund | |
von zahlreichen Beschwerden wird das Wahlfach ab der nächsten Einheit | |
31.10.2018 nicht mehr stattfinden. Sie werden alle von der LV abgemeldet.“ | |
Die besagte Homöopathie-Vorlesung stand bereits seit vielen Jahren in der | |
Kritik. Ursprünglich sei sie als eine kritische Auseinandersetzung mit | |
Homöopathie beworben worden. Gegenüber der Jungmediziner*Innen-Plattform | |
sagte Julia Wunsch, Vorsitzende der Österreichische Hochschüler_innenschaft | |
(ÖH) MedUni Wien, nun dazu: „Da dies aber in den vergangenen Semestern | |
nicht der Realität entsprach und sich mehrere Studierende direkt bei der | |
Uni beschwert hatten, wurde die Vorlesung auch zum Teil aufgrund unseres | |
Feedbacks vorerst beendet.“ Die ÖH hätte prinzipiell nichts gegen eine | |
Auseinandersetzung mit alternativmedizinischen Heilmethoden, jedoch sollte | |
diese kritisch sein und nicht als Werbeveranstaltung erfolgen. | |
## Homöopathie bei Krebserkrankungen? | |
Das Wahlfach wurde vom Internisten Michael Frass angeboten. Er ist seit 24 | |
Jahren Professor an der MedUni und leitet zudem die homöopathische Ambulanz | |
für bösartige Tumorerkrankungen. [3][In einem Gespräch mit dem Standard] | |
begründete Rektor Markus Müller die Entscheidung, die Veranstaltung zu | |
streichen, damit, dass sich „die MedUni von unwissenschaftlichen Verfahren | |
und Scharlatanerie klar distanziert“. Er habe Frass bereits gegen Anfang | |
des Jahres signalisiert, dass er seine persönlichen Interessen, gemeint ist | |
damit Homöopathie, nicht mit seiner Funktion als Wissenschaftler der MedUni | |
Wien vermischen dürfe. | |
Wie der Standard berichtet hatte, war der Rektor verärgert darüber, dass | |
Frass gegenüber Medien behauptet, Homöopathie wirke bei Krebserkrankungen | |
unterstützend. Zudem habe Müller auch die Ethikkommission informiert. Der | |
Professor des Wahlfachs sagte gegenüber dem Medium, dass er über die | |
interne Kritik nicht verwundert sei. Die Methode sei schwer zu fassen. | |
Frass wolle auch weiterhin an der Klinik zu Homöopathie forschen. | |
Erst kürzlich wurde in Österreich im Rahmen eines neuen Ärztegesetzes | |
heftig über die Komplementär- und Alternativmedizin – zu der auch | |
Homöopathie zählt – diskutiert. Das [4][berichtete die Presse.] Dabei ging | |
es vor allem um die Frage, wer homöopathische Behandlungen ausüben darf. | |
Denn der ursprüngliche Gesetzesentwurf sah vor, dass solche Heilverfahren | |
nur noch von ÄrztInnen praktiziert werden dürfen. | |
Dagegen hatten sich nicht nur die AnbieterInnen von alternativen Verfahren | |
gewehrt, sondern auch die Wirtschaftskammer. Sie argumentierte damit, dass | |
komplementäre Heilverfahren auch Hautanalysen oder Massagen betreffen, wie | |
sie etwa in Hotels angeboten werden. Daraufhin wurde dieser Passus wieder | |
aus dem Gesetz herausgenommen. Es soll noch im Dezember vom | |
österreichischen Nationalrat beschlossen werden. | |
## Kritik an Homöopathie-Lehrstühlen in Deutschland | |
Auch in Deutschland gibt es universitäre Lehrstühle für | |
Komplementärmedizin, zum Beispiel an der Berliner Charité. [5][Der Berliner | |
Tagesspiegel] kritisierte die Uniklinik im August dafür, dass sie auf ihrer | |
Website homöopathische Mittel als Wirkstoff gegen Krebs dargestellt hatte. | |
Die Angaben wurden mittlerweile wieder aus dem Netz entfernt. | |
Die alternativmedizinischen Lehrstühle an ihrer Uniklinik begründet Manuela | |
Zingl, Pressesprecherin der Berliner Charitè, so: „Es ist uns wichtig, dass | |
die Studierenden auch wissen, was Komplementärmedizin ist, welche Verfahren | |
und Methoden diese beinhaltet und dass sie Kenntnis darüber haben, ob es | |
bereits Studien gibt, bei denen eine Wirkung nachgewiesen werden konnte. | |
Wir wollen kritische Studierende, die Kenntnisse über Limitationen, Vor- | |
und Nachteile einer Komplementärmedizin haben.“ | |
Die Lehrstühle für Komplementärmedizin an der Berliner Charitè sind mit | |
Stiftungsprofessuren besetzt. Das heißt: Im Gegensatz zu herkömmlichen | |
Professuren, werden diese nicht oder nicht ausschließlich von der | |
Hochschule, sondern von außerhalb finanziert. Laut Zingl hat das aber | |
keinen Einfluss darauf, wie die Vorlesungen inhaltlich gestaltet sind: „Die | |
Stiftungsprofessuren haben, wie alle anderen Professuren an der Charité, | |
Aufgaben in Forschung, Lehre und Patientenversorgung.“ | |
Für die Professuren verantwortlich seien Benno Brinkhaus und Andreas | |
Michalsen, erklärt Zingl. Die Stiftungsprofessur von Brinkhaus werde von | |
einem Konsortium finanziert. Dazu gehörten unter anderem der Kneipp-Bund, | |
eine Krankenkasse und die Software-AG-Stiftung. Bei Michalsens Professur | |
für Naturheilkunde handle es sich um eine Erstattungsprofessur, die durch | |
das Immanuel Krankenhaus finanziert wird. | |
28 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Ex-Homoeopathin-ueber-Globuli/!5289991 | |
[2] https://www.nextdoc.at/die-meduni-wien-distanziert-sich-von-der-homoeopathi… | |
[3] https://derstandard.at/2000092345586/Homoeopathie-Polarisierende-Potenzen | |
[4] https://diepresse.com/home/innenpolitik/5533844/Aerztegesetz-kommt-ohne-ums… | |
[5] https://www.tagesspiegel.de/politik/heftige-kritik-an-berliner-uniklinik-ch… | |
## AUTOREN | |
Irina Angerer | |
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