# taz.de -- Maskendeals von Unions-Abgeordneten: SPD will Korruptionslücken st… | |
> Der BGH hat die Maskendeals von CSU-Abgeordneten für straflos erklärt. | |
> Nun könnte der Bundestag die Gesetzeslage verschärfen. | |
Bild: Justizminister Buschmann will in Sachen Abgeordnetenbestechlichkeit keine… | |
KASSEL taz | Die SPD will die Strafnorm zu Abgeordnetenbestechlichkeit | |
verschärfen, damit Abgeordnete ihr Mandat künftig nicht mehr versilbern | |
können. Die Partei reagiert damit auf eine am Dienstag veröffentlichte | |
[1][Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Straflosigkeit der | |
Maskendeals von CSU-Abgeordneten.] | |
Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüsslein und der | |
CSU-Landtagsabgeordnete Alfred Sauter setzten sich im März 2020 bei den | |
Gesundheitsministerien im Bund und in Bayern für Firmen ein, die | |
Corona-Schutzmasken verkaufen wollten. Nüßlein erhielt dafür 660.000 Euro, | |
Sauter sogar rund 1,2 Millionen Euro. | |
Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelte gegen beide wegen | |
Bestechlichkeit von Abgeordneten. Doch das Oberlandesgericht München | |
stoppte im November letzten Jahres die Ermittlungen. Das Verhalten von | |
Nüßlein und Sauter sei nicht strafbar. | |
Auch der Bundesgerichtshof kam nun zum gleichen Schluss: Das Verhalten von | |
Nüßlein und Sauter sei straflos gewesen. Der BGH stellte klar, dass die | |
Vorschrift im Strafgesetzbuch, die die Abgeordnetenbestechung regelt | |
(Paragraf 108e) eng konstruiert ist. Es gehe nur um Tätigkeiten bei der | |
„Wahrnehmung des Mandats“. Gemeint seien damit Tätigkeiten in den Gremien | |
des Parlaments oder der Fraktion, also die Teilnahme an Abstimmungen oder | |
das Stellen von Anfragen und Anträgen. | |
## SPD macht Druck, FDP bleibt vorsichtig | |
Keine „Wahrnehmung des Mandats“ liege dagegen vor, so der BGH, wenn jemand | |
sein Renomée als Abgeordneter oder seine entsprechenden Beziehungen für | |
außerparlamentarische Tätigkeiten nutzt und sich dafür bezahlen lässt. Über | |
diesen Willen des Gesetzgebers könne sich der BGH nicht durch eine weite | |
Interpretation der Strafnorm hinwegsetzen, betonten die Richter. Nüsslein | |
und Sauter können damit ihre Provisionen behalten. | |
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition heißt es nur schwammig: „Wir | |
werden den Straftatbestand der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit | |
wirksamer ausgestalten“. Da die Vorschrift jedoch in vielerlei Hinsicht als | |
verkorkst gilt, ist damit nicht zwingend eine Ausweitung der | |
Abgeordneten-Bestechlichkeit auf außerparlamentarische Vorgänge gemeint. | |
Für Johannes Fechner, parlamentarischer Geschäftsführer der | |
SPD-Bundestagsfraktion, war aber sofort nach der BGH-Entscheidung klar, | |
dass nun Handlungesbedarf besteht. „Die SPD sieht hier klare Lücken, die | |
wir schließen sollten“, sagte Fechner zur taz. | |
Sein FDP-Pendant Stephan Thomae äußerte sich vorsichtiger: „Das Urteil des | |
BGH zu den Maskendeals zeigt, dass die Norm zur Abgeordnetenbestechung und | |
-bestechlichkeit auf den Prüfstein muss“, sagte Thomae. Dabei dürfe aber | |
die „freie Ausübung des Mandats nicht beschnitten“ werden. | |
Das Justizministerium von Marco Buschmann (FDP) will in dieser Sache keinen | |
eigenen Entwurf vorlegen. „Da es hier um die Grenzen der Ausübung des | |
Mandats geht, sollte ein Gesetzentwurf aus der Mitte des Bundestags | |
kommen.“ | |
Die NGO Transparency International hatte Anfang Juli bereits ein | |
Positionspapier zur Verschärfung von Paragraf 108e vorgelegt. So soll die | |
Formulierung „bei der Wahrnehmung des Mandats“ ersetzt werden durch die | |
Worte „unter Ausnutzung der Stellung als Mandatsträger“. | |
Vor den CSU-Maskendeals gab es bereits andere anrüchige Fälle, die wegen | |
der engen Fassung von Paragraf 108e nicht bestraft wurden. So verschaffte | |
der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor der Sicherheitsfirma Augustus | |
Intelligence Kontakte ins Wirtschaftsministerium. Als Gegenleistung | |
[2][erhielt Amthor Aktienoptionen und einen Posten als Direktor der Firma.] | |
Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft lehnte die Strafverfolgung ab. | |
13 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Maskenaffaere-von-CSU-Abgeordneten/!5867609 | |
[2] /Korruptionsvorwurf-gegen-Philipp-Amthor/!5689623 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Korruption | |
Atemschutzmasken | |
Bestechlichkeit | |
Union | |
Bundesgerichtshof | |
Schwerpunkt Korruption | |
Bundestag | |
Bürgergeld | |
Sommer | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Maskenpflicht | |
Schwerpunkt Korruption | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ampel will Gesetz verschärfen: Strengere Strafen für Korruption | |
Die Ampel will Abgeordnete sanktionieren, die ihr Mandat nutzen, um | |
Geschäfte zu machen. Hintergrund sind die Maskendeals von Unionspolitikern. | |
Interessenkonflikte bei Abgeordneten: Zwischen Aktien und Amt | |
Abgeordnete haben Zugang zu exklusiven Informationen, die an der Börse | |
Vorteile bringen können. Doch die Regeln für Aktien sind im Bundestag lax. | |
Die SPD und das Bürgergeld: Der lange Weg zu sich selbst | |
Die SPD hat Eckpunkte für ein Bürgergeld vorgestellt. Konsequent umgesetzt | |
könnte es viel Gutes bringen – und die Genossen mit ihren Idealen | |
versöhnen. | |
Sondersitzungen im Bundestag: Vorerst aufatmen | |
Der Bundestag ist in Sommerpause, aber in Bereitschaft, weil ein | |
Gas-Lieferstopp drohte. Die Linke hätte eine Sondersitzung begrüßt. | |
Maskenaffäre von CSU-Abgeordneten: BGH sieht keine Bestechlichkeit | |
Die bayerischen Politiker Sauter und Nüßlein vermittelten beim Ankauf von | |
Masken zu Beginn der Pandemie. Die erhaltenen Provisionen dürfen sie | |
behalten. | |
Maskengeschäfte-Urteil in München: Windige Deals, unklare Rechtslage | |
Ein Münchner Gericht hat entschieden, dass die Maskengeschäfte zweier | |
CSU-Abgeordneter legal waren. Der Bundesgerichtshof könnte das anders | |
sehen. | |
Untersuchungsausschuss zu CSU-Affären: Wir hätten da noch 244 Fragen | |
Im Frühjahr wurde die CSU von unappetitlichen Maskendeals erschüttert. Ein | |
Untersuchungsausschuss soll sie jetzt aufarbeiten – und nicht nur das. |