# taz.de -- Männerbild von Schauspieler Sean Penn: Boys will be Boys? Bitte ni… | |
> Viele Männer seien „zu feminin“, sagt Schauspieler Sean Penn, der einst | |
> den Queer-Aktivisten Harvey Milk verkörperte. Was ist da falsch gelaufen? | |
Bild: Oscarpreisträger Sean Penn | |
Viele Männer seien „zu feminin heute“, sagt Sean Penn, der Schauspieler, | |
der einst [1][Harvey Milk] verkörperte, in einem der berührendsten Filme | |
über die queere Bewegung. Penn sagt [2][im Interview] sogar etwas von | |
„Genen“ und dass Männer nicht versuchen sollten, „Frauen zu werden“, u… | |
ich verschlucke mich. Verdammt, Sean, du hast einen Scheißoscar gekriegt | |
dank einem Haufen femininer Tunten! Manchmal frage ich mich, ob das mit dem | |
Fortschritt so einfach ist, wie ich mir das vorstelle. | |
Meine Idee ist ja die: Man muss Leute nur oft genug konfrontieren mit der | |
Realität von Minderheiten wie LGBT-People. Information, Talkshows, Dokus, | |
Serien, Filme, Theater und von vorn. Unter dem erfrischenden Wasserschwall | |
gelungener medialer Repräsentation werden die reaktionären Glaubenssätze | |
weggewaschen. Redaktionsschluss, Welt besser, Feierabend. Aber selbst die | |
Sean Penns, die uns die besagte gelungene Repräsentation vorspielen, werden | |
offenbar kein bisschen klüger. | |
„Ich bin zu alt für so was“, sagt ein Bekannter aus dem linken Spektrum. | |
Mit „so was“ meint er die feminine Mode, in der immer mehr männliche | |
US-Promis auftreten. „Du ziehst dich doch auch nicht so an, oder?“, sagt | |
er. Und hat recht damit. Vor Scham möchte ich mich in Nagellack ertränken. | |
Da draußen stürmt die Shitdebatte über und gegen trans Leute, weil kaum | |
jemand einen Vorstellungsraum jenseits von Männlein und Weiblein haben mag. | |
Promis wie Normalos kleben an Vorstellungen von Boys-will-be-Boys. | |
Nachdenkliche Feuilletondiskurse und das gelegentliche Rumgefreue über | |
Männer in Frauenkleidern scheinen nichts zu helfen. | |
## Stöckel zu Hause gelassen | |
Dann fällt mir ein, dass Sean Penn womöglich eine Eigenschaft seiner Figur | |
Harvey Milk in den falschen Hals gekriegt hat. Harvey Milk, der | |
Queer-Aktivist aus San Francisco, wollte USA-weite politische Allianzen | |
schmieden, damit die Queers in San Franciscos Castor District nicht mehr | |
allein und angreifbar wären. Zu diesem Zweck versuchte er, als möglichst | |
„normaler“ schwuler Mann aufzutreten. Die Mehrheit sollte mitbekommen, dass | |
„nicht alle Schwulen“ sich auffällig, sprich: feminin, gaben und kleideten. | |
Die Filmfigur Harvey Milk, gespielt (leider wunderbar) von Sean Penn, wird | |
bei einem Treffen mit machomännlichen Gewerkschaftern gezeigt, wie er einen | |
Witz darüber macht, seine Stöckel heute zu Hause gelassen zu haben. | |
Was Sean Penn womöglich nicht versteht, ist, dass es sich dabei um eine | |
politische Strategie handelte, die damals nötig war, um Leid zu verhindern. | |
Kein Wert an sich. Was der linke Bekannte wiederum nicht begreift, ist: | |
Wenn ich auf feminine Kleidung verzichte, dann nicht aus Wohlfühlen und | |
Überzeugung, sondern als Zugeständnis, weil ich mir die Konsequenzen sparen | |
will. | |
Hey Sean, Männer sind nicht männlich wegen Genen, sondern weil wir Angst | |
haben vor Typen wie dir. | |
9 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Gus-Van-Sants-neuer-Film-Milk/!5167647 | |
[2] https://www.queer.de/detail.php?article_id=41041 | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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