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# taz.de -- Romantik am Valentinstag: Revolutionäres Potenzial der Liebe
> Linken Queers fällt es schwer, sich unironisch positiv zu romantischer
> Liebe zu verhalten. Dabei ist queere Liebe immer widerständig.
Bild: Am 14. Februar ist Valentinstag
Für mich war der [1][Valentinstag] immer der schlimmste aller kommerziellen
Feiertage. Der 14. Februar steht für mich für heteronormativen,
kapitalistischen, pärchenzentrierten Kitsch. Das ist der Tag, an dem
Ehemänner einen hässlichen Blumenstrauß und ein noch hässlicheres Stück
Schmuck für ihre Frau kaufen, die sie das restliche Jahr über betrügen und
ausbeuten. Auch jenseits von Hetero-Konstellationen verbinde ich den Tag
mit Unbehagen. Pärchen-Content auf Social Media wird nicht cuter, weil er
homo ist. So weit, so pessimistisch.
Wenn ich an der obersten Schicht meiner Abneigung lang genug kratze, löst
sich der graue Film des Kapitalismus, der [2][Hetero- und Paarnormativität]
wie bei einem Rubbellos. Was bleibt, ist Liebe. Auch sie löst im ersten
Augenblick mein Abgrenzungsbedürfnis aus. Liebe, das ist so romantisch, so
emo, irgendwie cringe. Obwohl als Kind mein größtes Idol Sailor Moon war,
die Kriegerin für Liebe und Gerechtigkeit, bin ich in einer Welt
aufgewachsen, in der wir für Gefühle bestraft werden. Nur eine kleine
Bandbreite unserer Emotionen wird gesellschaftlich als angemessen erachtet,
der Rest ist zu beseitigen, mit einem nassen Tuch wegzuwischen wie starkes
Make-up, das uns zu Mädchen statt zu Menschen machen soll.
Weiblich codierte Eigenschaften nicht als Schwäche, sondern als Stärke zu
zelebrieren, hat eine queere, feministische Tradition, seit Jahrzehnten.
Die Riot Grrrls taten es in den 1990ern und in den 2010ern gewann Lora
Mathis mit dem Konzept der Radical Softness alle Herzen auf Tumblr für
sich. So weit, so durchgekaut.
Liebe zuzulassen muss nicht heißen, die Hetero-Kleinfamilie abzufeiern, sie
kann auch Freund_innenschaften oder eine Community ins Zentrum rücken. Über
das revolutionäre Potenzial der Liebe hat [3][bell hooks] ausführlich
geschrieben. Meine Freund_innen liebe ich über alles, ich feiere sie jeden
Tag. Sie bedeuten mir die Welt. In einer hetero- und paarnormativen
Gesellschaft mag das radikal erscheinen, in meinem queeren Umfeld ist das
nicht weiter nennenswert.
## Scham bei romantischen Beziehungen
Meine Scham kommt eher auf, wenn es um romantische Beziehungen geht. Dabei
spielt es keine Rolle, ob sie monogam sind oder nicht. Aus der Angst
heraus, mich normativ zu verhalten, fällt es mir und vielen anderen linken
Queers schwer, sich unironisch positiv auf romantische Beziehungen zu
verhalten. Dabei spenden sie, wie auch Freund_innenschaften und politische
Gemeinschaften, Kraft, Mut und Freude. In ihnen findet Fürsorge und Trost
statt.
In einer Welt, in der Liebe und Sex nur dann etwas wert sind, wenn sie dem
Erhalt unserer Arbeitsleistung oder der Fortpflanzung dienen, ist queere
Liebe in jeder Form widerständig. Das Leben ist düster genug – besonders
jetzt. Da habe ich keine Lust mehr, mich für die Dinge zu schämen, die
meinem Leben Schönheit und Bedeutung verleihen. So weit, so kitschig.
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Gefahren-beim-Dating/!5660049
[2] /!5680420/
[3] /Nachruf-auf-bell-hooks/!5818801
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
## TAGS
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Liebe
Queer
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Outing
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland
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