| # taz.de -- Feministischer Protest am Valentinstag: Liebe ohne sexualisierte Ge… | |
| > Am Valentinstag fanden in Berlin gleich mehrere feministische Demos | |
| > statt. Denn wer die Liebe feiert, darf von sexualisierter Gewalt nicht | |
| > schweigen. | |
| Bild: Noch schöner als Blumen einmal im Jahr wäre ein Ende von sexualisierter… | |
| Pärchen, die demonstrativ Händchen haltend flanieren, Frauen mit Rosen von | |
| ihrem „Liebsten“, Postkarten mit „Be my Valentine“ an jedem Späti: Ber… | |
| stand am Montag mal wieder ganz im Zeichen der Liebe – oder zumindest dem, | |
| was die kapitalistisch-bürgerliche Gesellschaft dafür hält. Nicht nur für | |
| uns Singles ist die alljährliche kommerzialisierte [1][Zurschaustellung | |
| heteronormativer romantischer Zweierbeziehungen am Valentinstag] bisweilen | |
| unerträglich. | |
| „Wir haben keinen Bock auf eine Welt, in der romantische Liebe glorifiziert | |
| und platonische Liebe und Freund*innenschaften ungewertschätzt | |
| bleiben“, heißt es im Aufruf der Reclaim-Valentines-Day-Demonstration, die | |
| am Montagabend am Potsdamer Platz stattfand. Stattdessen wurde getanzt, | |
| Alternativen zur romantischen Liebe gefeiert und der patriarchale | |
| Normalzustand kritisiert. Frei nach dem Motto: Liebe muss nicht | |
| kapitalistisch sein. | |
| Dass Liebe auch keinen Rückzug ins Private bedeuten muss, sondern auch | |
| widerständig sein kann, wurde auch am Hermannplatz deutlich. Hier | |
| versammelten sich rund 2.000 Flinta – also Frauen, Lesben, Inter, | |
| Nicht-binäre, Trans, Queere und Agender-Personen –, um gegen sexualisierte | |
| Gewalt zu protestieren. Unter dem Motto „Rache am Patriarchat“ zogen sie am | |
| Abend durch Gegenden, in denen sich viele Frauen und Trans* im Dunkeln | |
| sonst häufig eher nicht so sicher fühlen: vom Hermannplatz zum Kotti, | |
| vorbei am Görlitzer Park, weiter zum Schlesischen Tor und dann über die | |
| Partymeile Revaler Straße bis zum Frankfurter Tor. | |
| Die Ansage ist deutlich: „Take back the Night“ steht auf einem Banner, | |
| darunter ist ein pinkes Messer abgebildet. „Whose Streets? Our Streets!“, | |
| hallte es durch die Straßen, die an diesem Abend ganz allein uns Flintas zu | |
| gehören schienen. „Das ist hier heute nicht euer Ort, verpisst euch!“, | |
| bekamen die Männer, die am Kottbusser Tor rumstanden, dann auch zu hören. | |
| ## Sexualisierte Gewalt sichtbar machen | |
| Dabei ging es auf der Demo jedoch keineswegs männerfeindlich zu. „Die | |
| meisten Männer erhalten ihren ersten Blumenstrauß bei ihrer Beerdigung“, | |
| behauptet eine Freundin und klingt fast etwas mitleidig. Ob das wirklich | |
| stimmt, sei dahingestellt; was auf jeden Fall stimmt, ist, dass Männer | |
| statistisch gesehen wesentlich häufiger zu Tätern werden als Frauen: | |
| Immerhin sind 90 Prozent der Gewalt ausübenden Personen männlich. | |
| Die Demo will die sexistische und sexualisierte Gewalt, die viele Flinta | |
| durch Männer erfahren, sichtbar machen. Betroffene berichteten von ihren | |
| Erfahrungen und empowerten sich gegenseitig, Raketen wurden unter lautem | |
| Jubel gezündet, lila Rauchtöpfe hüllten die Straßen in Nebel, Flinta | |
| tanzten ausgelassen zu „Survivor“ von Destinys Child. So weit, so | |
| wunderbar. | |
| Seit 2020 gibt es die Rache-am-Patriarchat-Demo, die als [2][Reaktion auf | |
| sexualisierte Übergriffe auf dem Monis-Rache-Festival entstanden ist]. Dort | |
| hatte ein Mann heimlich Filmaufnahmen auf Dixie-Toiletten gemacht, Frauen | |
| gegen ihr Wissen oder ihren Willen gefilmt und die Videos auf einer | |
| Pornowebseite hochgeladen und verkauft. Wie so oft bei sexualisierten | |
| Übergriffen wurden auch diese Vorfälle im Nachhinein zum Teil | |
| bagatellisiert, entschuldigt und damit legitimiert. | |
| Was das alles mit dem Valentinstag zu tun hat? Wer die Liebe feiert, darf | |
| Gewalt nicht verschweigen. Jede vierte Frau wird mindestens einmal in ihrem | |
| Leben Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen | |
| oder früheren Partner. Was wir Frauen* uns also noch mehr wünschen als | |
| Rosen oder Pralinen, ist eine Welt ohne Mackertum und patriarchale Gewalt. | |
| Dann bekommt ihr Männer auch einen Blumenstrauß von uns, bevor ihr das | |
| Zeitliche segnet. Deal? | |
| 15 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marie Frank | |
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| Kolumne Habibitus | |
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