# taz.de -- Hidden-Camera-Fälle: „Wir sind wütend“ | |
> Am Freitag demonstrieren Frauen* unter dem Motto „Rache am Patriarchat“. | |
> Warum, erklärt die Ini-Sprecherin Klara Lange. | |
Bild: Gegen das Patriarchat, für Gleichberechtigung: Demo am Frauentag | |
taz: Frau Lange, warum kommt die Rache erst jetzt? | |
Klara Lange: Natürlich müsste das Patriarchat eigentlich schon lange | |
abgeschafft sein. Der konkrete Anlass für unsere Demo sind Vorfälle auf | |
einem alternativen Festival in Mecklenburg-Vorpommern, wo heimlich auf | |
Toiletten gefilmt wurde. Diese Aufnahmen wurden auf eine Porno-Plattform | |
hochgeladen. Solches Material ist als hidden camera oder non-consensual ein | |
eigenes Genre auf solchen Plattformen. Das ist eine Kommerzialisierung, | |
eine Verwertung von nichtmännlichen Körpern, die aufhören muss. | |
Es gibt ein eigenes Porno-Genre dafür? | |
Ja, es geht hier nicht um einen Einzelfall, sondern um ein größeres Thema. | |
Solche Aufnahmen entstehen auf Autobahnraststätten, in öffentlichen | |
Schwimmbädern und Duschen. Die Betroffenen Flint*-Personen [Frauen, Lesben, | |
Intergeschlechtliche, Nichtbinäre, trans*-Personen; Anm. d. Red.] wissen | |
meist nichts darüber, dass Aufnahmen von ihnen veröffentlicht werden. | |
Hat das Datum – Valentinstag! – etwas zu bedeuten? | |
Uns hat das schon gut gefallen, die Demo am Valentinstag anzumelden, der ja | |
sehr patriarchal besetzt ist. Uns ist wichtig zu sagen: Wir wollen keine | |
Blumen, wir sind wütend! | |
Wer ist dieses „Wir“? | |
Tatsächlich ging es nach einer Dokumentation sehr schnell, dass sich | |
Betroffene über Social Media vernetzt haben, in verschiedenen Städten, aber | |
auch bundesweit. Parallel zu unserer Demo in Berlin gehen Flint* in Leipzig | |
auf die Straße. | |
Im Aufruf heißt es, dass das Strafrecht „Betroffenen keine hinreichenden | |
Mittel“ bietet, sich zur Wehr zu setzen … | |
Das Problem ist größer als das Strafrecht. Die Gesellschaft muss sich | |
ändern, die Öffentlichkeit muss aufhören wegzuschauen. Aber ja, das | |
Höchststrafmaß in diesen Fällen sind zwei Jahre Haft, eine Verjährungsfrist | |
von fünf Jahren. Dies Strafmaß ist zu gering. Die Videos sind doch für | |
immer in Umlauf gebracht. Auch die Abstufungen, die im Strafrecht gemacht | |
werden, finden wir falsch. Es wird die Qualität der Videos berücksichtigt, | |
die Menge an Material, die freie Verfügbarkeit. Justiz und Strafrecht sind | |
patriarchal geprägt, aber sie stehen wie gesagt in einem größeren | |
gesellschaftlichen Kontext. | |
Sie möchten „ohne Typen“ demonstrieren. Wie können die sich solidarisiere… | |
Was wir uns von Cis-Typen wünschen, ist, dass sie nachfragen, wie sie uns | |
unterstützen können, und dass sie im Zweifel auch ein Nein akzeptieren. Wie | |
schwer das manchen fällt, sehen wir gerade in den Kommentaren zu unserem | |
Facebook-Event. Einige von uns haben Kontakt zu solidarischen Typen, die | |
haben Geld für die Demo aufgetrieben, Plakate geklebt und Flyer verteilt. | |
Es ist gut, wenn die Typen ausnahmsweise mal die unsichtbare Arbeit machen. | |
13 Feb 2020 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
## TAGS | |
Valentinstag | |
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