# taz.de -- Lastenfahrräder zum Ausleihen: Beim Umzug hilft das Fahrrad | |
> Lastenfahrräder zum kostenlosen Ausleihen sind eine Alternative zum | |
> Stadtauto. Ein Projekt in Berlin zeigt nun, wie es gehen kann. | |
Bild: Ein ökologischer Lastwagen: Lastenräder können den Stadtverkehr grüne… | |
BERLIN taz | Tausende Lastenräder rollen schon durch Kopenhagen, doch in | |
Deutschland sind die etwas klobigen Gefährte noch eine Seltenheit. Dabei | |
ist das Lastenrad eine ökologische Transportalternative im | |
Großstadtverkehr: Noch drei Kisten Bier für die WG-Party, einen Kühlschrank | |
transportieren oder am Wochenende mit den Kindern raus in den Park. Weil | |
die Anschaffung teuer ist, gibt es in einigen deutschen Städten Lastenräder | |
zum kostenlosen Ausleihen. | |
Nach Köln, München, Hamburg und Hannover soll es nun auch in Berlin | |
losgehen. „Gerade im dichten Berliner Verkehr wollen wir Leute ermutigen, | |
das Auto stehen zu lassen“, sagt Filip Schaffitzel, einer der | |
Mitinitiatoren des Projekts „Freie Lastenradler Berlin“. | |
Der 26-jährige Student war vor drei Jahren zu Besuch in Kopenhagen und | |
begeistert von den Einsatzmöglichkeiten der Räder. Im vergangenen Sommer | |
hat er dann den Initiator des Münchner Lastenradverleihs auf einer | |
Fahrradtour getroffen, seitdem sind sie in Kontakt. Das Münchner Projekt | |
ist nun das Vorbild für das Vorhaben in der deutschen Hauptstadt. | |
Das Prinzip ist einfach: Über die Internetseite des Projekts können die | |
Fahrräder für ein bis drei Tage kostenlos gebucht werden. Am Abholort | |
zeigen NutzerInnen Personalausweis und ein Passwort vor, das sie während | |
des Buchungsprozesses bekommen. Nach einer kurzen Einweisung in den | |
Gebrauch des Rads kann es losgehen. | |
## Die Fehler der 50er und 60er Jahre wiedergutmachen | |
Schaffitzel sieht in seinem Projekt mehr als eine nette Alternative. Für | |
ihn ist ein funktionierendes Lastenradsystem einer von vielen Bausteinen in | |
einem nachhaltigen und möglichst autofreien Stadtkonzept. | |
Dazu zählen für ihn auch die Verbreiterung von Fahrradwegen, mehr Flächen | |
für FußgängerInnen und Car-Sharing. „Wir müssen den öffentlichen Raum | |
zurückgewinnen und die Fehler der 50er und 60er Jahre wiedergutmachen“, | |
sagt er. Städte wurden damals vor allem für den Autoverkehr erschlossen. | |
Mit dem eigenen Wagen schnell von A nach B – so wünschten es sich viele zu | |
Wirtschaftswunderzeiten. | |
Schaffitzel und sein Mitstreiter finanzieren die Fahrräder über | |
Crowdfunding. 10.000 Euro sollen bis Ostern für fünf Lastenräder | |
zusammenkommen, die dann gleichmäßig in der Stadt verteilt werden. Die | |
Abholorte können etwa Kiezläden sein oder Wohnprojekte mit Platz. Vor Ort | |
gibt es Personen, die sich um die Wartung kümmern. „Mittelfristig wollen | |
wir in Berlin ein Lastenrad pro Kiez, also zwölf insgesamt“, sagt | |
Schaffitzel. Er selbst ist Teil eines Foodsharing-Netzwerks und nutzt das | |
Lastenrad, um von Betrieben überschüssige Nahrungsmittel abzuholen und zu | |
verteilen. | |
## Anstoß zum Umdenken | |
Ähnlich wie in München wollen die Berliner die laufenden Kosten über | |
Anzeigenkunden decken. Die Außenflächen der Transportkiste eignen sich gut | |
für Werbung. „Momentan sind wir in Kontakt mit mehreren sozialen | |
Unternehmen und Bio-Supermärkten“, sagt Schaffitzel. | |
Eine Verkehrsrevolution werden die wenigen kostenlosen Lastenräder | |
allerdings nicht sein, das weiß Schaffitzel auch. Aber sie können ein | |
Anstoß zum Umdenken geben. „Die Leute sprechen mich an, wenn ich auf der | |
Straße unterwegs bin“, sagt Schaffitzel. „Das nutze ich dann oft für ein | |
Gespräch.“ | |
29 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Jonas Seufert | |
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