# taz.de -- Verkehr: Die Stadt kommt unter die Räder | |
> Lastenräder und Elektrobikes machen in Berlin langsam, aber sicher dem | |
> Auto Konkurrenz. | |
Bild: Es gibt nicht nur Elektro-Räder und Lastenräder, sonder auch Elektro-La… | |
Wenn Susanne Mildner mit ihrem Kind zum Einkaufen fährt, nimmt sie nicht | |
das Auto. Die Zehlendorferin schwingt sich lieber auf ihr knallrotes | |
Lastenfahrrad. In die große Kiste vor dem Lenker passen jede Menge | |
Einkaufstüten, ihre zweijährige Tochter – und wenn sie will, sogar noch | |
zwei oder drei Freunde aus dem Kindergarten. Ein Parkplatz ist schnell | |
gefunden, auch den Sprit kann Mildner sich sparen. | |
Wie die 33-Jährige haben viele Berliner die Vorteile von Transporträdern | |
erkannt. Vor Supermärkten, Kindergärten und Schulen sieht man immer mehr | |
der umweltfreundlichen Familienkutschen. Sie sind Teil eines Trends, der | |
sich langsam, aber kontinuierlich in der Hauptstadt abzeichnet: Das Fahrrad | |
macht dem Auto Konkurrenz. | |
Im Durchschnitt legen die Berliner pro Fahrt eine Entfernung von 3,7 | |
Kilometern auf dem Fahrrad zurück. Nach Schätzungen der Senatsverwaltung | |
für Verkehr hat der Radverkehr in den vergangenen Jahren deutlich | |
zugenommen: 15 Prozent aller täglichen Wege werden schon jetzt mit dem Rad | |
zurückgelegt. Die Verkehrsverwaltung glaubt sogar, dass bis zu 20 Prozent | |
der Fahrten bis 2025 ohne Probleme vom Auto aufs Rad verlagert werden | |
könnten. | |
Peter Stage, Geschäftsführer im Fahrradladen Mehringhof, beobachtet schon | |
seit einigen Jahren, dass immer mehr Menschen vom Auto aufs Fahrrad | |
umsteigen. „Vor allem Kindertransporträder werden sehr stark nachgefragt“, | |
sagt er. Rund 100 Stück verkaufe der Laden mittlerweile pro Jahr. Die | |
Vorteile liegen für Stage auf der Hand: „Bei jedem Einkauf spart man Zeit | |
und Geld. Und Familien haben immer einen riesengroßen Kinderwagen dabei.“ | |
Auch in puncto Geschwindigkeit sei das Fahrrad nicht unterlegen. „In der | |
Rushhour kommt man mit dem Auto gerade mal auf acht Stundenkilometer“, | |
vermutet Stage. Mit dem Lastenrad schaffe man dagegen einen Schnitt von | |
zwölf Stundenkilometern. | |
Neben den Familientransportern gibt es noch einen zweiten starken | |
Konkurrenten für das Auto: das Elektrobike. Trotz hoher Preise steigen die | |
Absatzzahlen jedes Jahr um bis zu 30 Prozent. „Rund 400.000 E-Räder wurden | |
allein 2013 in Deutschland verkauft“, sagt Wasilis von Rauch vom | |
ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Dabei sind die elektrischen | |
Drahtesel nicht etwa ein Ersatz für das konventionelle Rad: In einer Studie | |
des VCD gaben über 70 Prozent der Befragten an, dass sie sich mit dem E-Rad | |
vor allem Autofahrten sparen. | |
Zu langsam, zu weit, zu anstrengend – die üblichen Ausreden gelten mit dem | |
E-Bike plötzlich nicht mehr. Eine Strecke von zehn Kilometern kann man mit | |
elektrischer Unterstützung leicht in einer halben Stunde schaffen. Der | |
eingebaute Motor hilft am Berg und beim Losfahren an der Ampel. Die | |
Geschwindigkeit kann kontinuierlich bei 25 Stundenkilometern gehalten | |
werden. „Man kommt also endlich nicht mehr verschwitzt bei der Arbeit an“, | |
sagt von Rauch. | |
Trotzdem hat das E-Bike alle Vorteile eines normalen Fahrrads. Man darf in | |
Gegenrichtung durch Einbahnstraßen fahren, die schöne Strecke am Fluss oder | |
durch den Park nehmen – und gleichzeitig noch etwas für Gesundheit und | |
Umwelt tun. | |
Ein Problem der Elektro- und Lastenräder bleibt jedoch der Preis. Zwar hat | |
eine Studie aus dem Jahr 2013 gezeigt, dass Radler bereit sind, immer mehr | |
Geld für ihre Drahtesel auszugeben. Bei Preisen zwischen 2.000 und 4.000 | |
Euro kann man den Autoersatz aber tatsächlich fast gegen einen Kleinwagen | |
eintauschen. | |
Das ist in Großstädten wie Berlin besonders problematisch, weil sichere | |
Plätze zum Abstellen wie Garagen fehlen. „Das Rad 20 Minuten vorm | |
Supermarkt zu parken ist in aller Regel kein Problem“, sagt von Rauch. „Es | |
regelmäßig über Nacht draußen stehen zu lassen aber schon.“ Dann kann der | |
Kleinwagen auf zwei Rädern schnell mal den Besitzer wechseln. | |
Die Alternative ist, das schwere Gerät in die Wohnung im vierten Stock zu | |
schleppen. Dann wiederum hat sich aber der Vorteil schnell erledigt, nicht | |
verschwitzt vom Radfahren nach Hause oder zur Arbeit zu kommen – und die | |
ganze Unterstützung durch den Elektromotor war umsonst. | |
Der Preis hat natürlich auch Auswirkungen auf die Zielgruppe des | |
Fahrradtrends: Es sind vor allem die Besserverdienenden, die sich die | |
teuren Fortbewegungsmittel leisten können. Die Anschaffung ist teuer – doch | |
im Unterhalt schlägt das Rad seinen motorisierten Kollegen um Längen. | |
21 Mar 2014 | |
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