# taz.de -- Kommentar Steuerpläne der GroKo: Die Lüge vom Facharbeiter | |
> Die Union will Millionäre entlasten, die SPD ist Opfer ihrer eigenen | |
> Rhetorik. Ein Patt, in dem schon jetzt klar ist, wer verliert. | |
Bild: Glanz und Glamour: Sieht dieser Facharbeiter aus wie ein Millionär? | |
So seltsam es klingt: Millionäre firmieren neuerdings als „Facharbeiter“ in | |
Deutschland. Denn Union und SPD versichern einmütig, sie müssten [1][die | |
Einkommensteuer] reformieren, weil auch Facharbeiter den Spitzensteuersatz | |
von 42 Prozent zahlen würden! Deswegen soll dieser Satz künftig nicht mehr | |
ab einem Jahreseinkommen von 54.949 Euro fällig werden, sondern erst ab | |
60.000 Euro. Für Ehepaare gilt das Doppelte, also 120.000 Euro. | |
Wer den Realitätsbezug noch nicht vollständig verloren hat, der weiß: In | |
Deutschland sind es nicht [2][Facharbeiter], sondern vor allem Unternehmer, | |
Ärzte, Notare, Manager, Beamte und Bundestagsabgeordnete, [3][die mehr als | |
120.000 Euro verdienen]. Insgesamt zahlen nur 4,5 Prozent der Erwachsenen | |
den Spitzensteuersatz. | |
Was also soll der Unsinn, ausgerechnet die „Facharbeiter“ zu den | |
Spitzenverdienern der Nation zu erklären? | |
Bei der Union ist die Antwort einfach: Sie will die Millionäre entlasten, | |
weswegen sich das Gesäusel vom „Facharbeiter“ strategisch empfiehlt. | |
## Opfer ihrer eigenen Rhetorik | |
Aber warum setzt auch die SPD auf dieses windige Wortspiel? Sie kann ihre | |
Wähler nur enttäuschen, wenn diese von den milliardenschweren | |
Steuergeschenken gar nicht oder ganz gering profitieren. | |
Auch der SPD weiß natürlich, dass sie die wirklich Reichen nicht entlasten | |
darf. Deswegen verlangt sie gleichzeitig, dass der Spitzensteuersatz auf 45 | |
Prozent steigt – bei einem Jahreseinkommen ab 76.200 Euro. | |
Die Union ist jedoch strikt dagegen, ihre Klientel zu belasten, und es ist | |
ziemlich klar, wer dieses strategische Patt verlieren wird: die SPD. | |
Eigentlich müssten die Sozialdemokraten ein Ultimatum stellen: Entweder | |
steigt der Spitzensteuersatz auf 45 Prozent oder alles bleibt wie bisher. | |
Doch genau diese Drohung kann die SPD weder aufbauen noch durchhalten, weil | |
sie ja behauptet hat, man müsse die „Facharbeiter“ entlasten. Die SPD wird | |
zum Opfer ihrer eigenen Rhetorik. | |
10 Jan 2018 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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