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# taz.de -- Steuerpolitik der Parteien: Alle versprechen mehr Geld
> Steuersenkungen versprechen alle großen Parteien. Wer profitiert bei
> welcher am meisten? Wer soll draufzahlen, und wer geht leer aus?
Bild: Wer kriegt's?
Geld für die reiche Mitte
Das will die Union: Die CDU/CSU möchte den Solidaritätszuschlag für alle ab
dem Jahr 2020 schrittweise abschaffen. Die Einkommensteuer soll um gut 15
Milliarden Euro sinken. „Diese Entlastung soll in erster Linie der Mitte
unserer Gesellschaft, also Familien mit Kindern, Arbeitnehmern, Handwerk
und Mittelstand, zugute kommen“, verspricht die Union.
Sie will den „Mittelstandsbauch“ im Steuertarif verringern. Der
Spitzensteuersatz soll künftig erst bei einem zu versteuernden
Jahreseinkommen von 60.000 Euro einsetzen, der Kinderfreibetrag in zwei
Schritten auf das Niveau des Erwachsenenfreibetrags angehoben und das
Kindergeld entsprechend erhöht werden. In einem ersten Schritt will die
Union das Kindergeld um 25 Euro je Kind im Monat erhöhen.
Wer profitiert? Familien profitieren von der Erhöhung des Kindergeldes. Vor
allem Gutverdiener gewinnen, denn die Anhebung der Grenze für den
Spitzensteuersatz auf 60.000 Euro zu versteuerndes Einkommen trifft vor
allem Hochverdiener. Auch Vermögende und Erben profitieren, denn jegliche
höhere Steuern auf Erbschaften und Besitz lehnt die Union ab.
Wer geht leer aus? Hartz-IV-Empfänger, denn das Kindergeld wird bei ihnen
verrechnet. Auch Niedriglöhner ohne Kinder haben wenig bis nichts von den
Reformvorschlägen.
Barbara Dribbusch
***
Mehr Geld für breite Mitte
Das will die SPD: „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit mittleren und
kleinen Einkommen“ sollen „bei Steuern und Abgaben entlastet“ werden.
Abgelehnt wird: „Steuerentlastungen mit der Gießkanne“, also auch für
Großverdiener, werde es nicht geben, heißt es im Wahlprogramm der
Sozialdemokraten.
Wer profitiert? Die Sätze der Einkommensteuer sollen für Jahreseinkommen
zwischen etwa 20.000 und 60.000 Euro sinken. Weil jedoch höhere Einkommen
ebenfalls von der Entlastung der Mitte profitieren, zahlen auch Leute
weniger Steuern, die bis zu 100.000 Euro im Jahr verdienen (gut 8.000 pro
Monat). Diese zählt die SPD noch zur Mittelschicht.
Außerdem „wollen wir Niedrigverdiener zusätzlich entlasten, die bis zu
1.300 Euro monatlich“ einnehmen, sagt SPD-Finanzpolitiker Lothar Binding.
Deshalb sollen die Sozialabgaben ab 851 Euro Bruttolohn nur allmählich
ansteigen und erst ab 1.300 Euro die volle Höhe von knapp 20 Prozent des
Bruttolohns erreichen. Auf die konkreten Schritte des Anstiegs hat sich die
SPD noch festgelegt.
Wer geht leer aus? Singles mit Einkommen ab etwa 100.000 Euro jährlich
(Paare 200.000) sollen einen höheren Spitzensteuersatz von 45 Prozent
(heute 42) entrichten. Ab 250.000 Euro (Singles) wird der Satz nochmals
angehoben auf 48 Prozent.
Hannes Koch
***
Mehr Geld für viele
Das will die Linkspartei: Die Linke will Normalverdiener entlasten und
Spitzenverdiener belasten. Vermögen ab einer Million Euro will sie mit fünf
Prozent besteuern. Das soll 80 Milliarden Euro im Jahr bringen. Bei der
Erbschaftsteuer werden Schlupflöcher gestopft und die Sätze erhöht. Bringt
fünf Milliarden. Die Unternehmensteuer soll von 15 auf 25 Prozent steigen.
Eine Finanztransaktionsteuer soll mindestens 30 Milliarden Euro erzielen.
Bei der Einkommensteuer steigt der Grundfreibetrag von 8.820 auf 12.600
Euro im Jahr. Ab einem Bruttoverdienst von 81.000 Euro fällt für Singles
ein Spitzensteuersatz von 53 Prozent an. Zudem wird die Reichensteuer
verschärft, die ab 250.000 Euro anfällt: Sie steigt von 45 auf 60 Prozent.
Bei einem zu versteuernden Einkommen von über einer Million Euro werden 75
Prozent fällig.
Abgelehnt wird: die derzeit gültige Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge.
Sie beträgt 25 Prozent, sodass Aktionäre oft weniger Steuern zahlen als
Arbeitnehmer.
Wer profitiert? Alle Singles, die weniger als 7.100 Euro brutto im Monat
haben. Auch Eheleute profitieren, allerdings soll das Ehegattensplitting
durch ein familienfreundlicheres Modell ersetzt werden.
Wer geht leer aus? Spitzenverdiener, Vermögende sowie Erben von Betrieben
und großen Beträgen.
Ulrike Herrmann
***
Geld für Familien
Das wollen die Grünen: Leute mit „kleinen und mittleren Einkommen“ sollen
weniger Steuern zahlen, Wohlhabende und Reiche dagegen mehr.
Abgelehnt wird: Steuerentlastungen für alle, wie sie die Union vorschlägt.
Wer profitiert? Die Grünen wollen den Grundfreibetrag für alle Steuerzahler
erhöhen, wobei sie keine Zahl nennen. Zu versteuernde Einkommen oberhalb
von 100.000 Euro (Singles) sollen einen höheren Spitzensteuersatz
entrichten. Auch die Sozialabgaben für Niedrigverdiener sollen sinken.
Ein weiteres Ziel lautet: Familien mit Kindern fördern. Jedes Kind soll
einen Anspruch auf rund 300 Euro staatlicher Überweisung monatlich
erhalten. Kinder armer Eltern sollen 400 Euro bekommen. Das bisherige
Kindergeld und der steuerliche Kinderfreibetrag werden abgeschafft.
Außerdem wollen die Grünen aus dem bisherigen Ehegattensplitting
aussteigen, bereits Verheiratete sollen zwischen diesem und dem neuen
Familienbudget wählen können. Die Vorteile für Familien mit Kindern
beziffern die Grünen auf 12 Milliarden Euro pro Jahr.
Wer geht leer aus? Leute mit hohen Einkommen und Vermögen. Die Grünen
wollen sich für eine „Vermögensteuer für Superreiche“ und eine gerechtere
Erbschaftsteuer einsetzen, die Firmenerben stärker heranzieht.
Hannes Koch
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Viel Geld für Reiche
Das will die FDP: Die FDP will Steuergeschenke von 30 Milliarden Euro
jährlich verteilen. Bei den konkreten Maßnahmen legt sie sich jedoch meist
nicht auf genaue Zahlen fest, sondern formuliert die Ziele nur allgemein.
Dazu gehört: Der Spitzensteuersatz soll später greifen, die
Kinderfreibeträge sollen steigen, die „kalte Progression“ abgeschafft
werden und der Solidaritätszuschlag auslaufen. Bei der Grunderwerbsteuer
soll es einen Freibetrag von bis zu 500.000 Euro geben, wenn Privatpersonen
ein Haus kaufen.
Abgelehnt wird: eine Vermögensteuer, eine Reform der Erbschaftsteuer, eine
Abschaffung des Ehegattensplittings und eine Finanztransaktionsteuer.
Wer profitiert? Belohnt werden vor allem die Spitzenverdiener, denn sie
zahlen schon jetzt den höchsten Steuersatz und erreichen auch beim Soli die
höchsten Beträge. Gleichzeitig profitieren sie am stärksten, wenn die
Freibeträge für Kinder steigen. Auch von der Steuerfreiheit beim
Grunderwerb würde nur profitieren, wer sich ein Haus leisten kann.
Wer geht leer aus? Die FDP tut zwar so, als würde sie vor allem an die
„Mittelschicht und die kleineren Einkommen“ denken. Doch Geringverdiener
haben von den FDP-Vorschlägen nur wenig, denn sie zahlen kaum
Einkommensteuern. Die große Belastung fällt durch die Sozialbeiträge an –
wo sich nichts ändern soll.
Ulrike Herrmann
***
Viel mehr Geld für alle
Das will die AfD: Die AfD will die Mehrwertsteuer von 19 auf 12 Prozent
reduzieren. Bei der Einkommensteuer soll es keine Progression mehr geben,
sondern „Steuerstufen“. Allerdings fehlt ein Hinweis, wie hoch der
Steuersatz bei welcher Einkommensstufe sein soll. Der steuerfreie
Grundfreibetrag soll auf die Pfändungsgrenze angehoben werden – das
steuerfreie Jahreseinkommen soll also von derzeit 8.820 auf 13.605,60 Euro
steigen. Das Ehegattensplitting soll zum Familiensplitting werden, aber
dazu fehlen Details. Außerdem soll die Erbschaftsteuer abgeschafft werden.
Abgelehnt wird: eine Vermögensteuer.
Wer profitiert? Alle. Denn die Mehrwertsteuer zahlt bekanntlich jeder.
Zudem würde es auch den Niedrigverdienern nutzen, wenn der Grundfreibetrag
steigt.
Wer geht leer aus? Niemand. Aber das ist genau das Problem am Steuerkonzept
der AfD: Es ist schlicht nicht finanzierbar. So würde es etwa 56 Milliarden
Euro kosten, die Mehrwertsteuer um sieben Prozentpunkte zu senken. Enorm
teuer wäre es auch, den steuerlichen Grundfreibetrag anzuheben. Eine
Gegenfinanzierung ist jedoch bei der AfD nicht vorgesehen. Denn auch die
Reichen sollen entlastet werden – indem etwa die Erbschaftsteuer entfällt.
Fazit: Die AfD hat eigentlich kein Steuerkonzept.
Ulrike Herrmann
3 Jul 2017
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