# taz.de -- Kommentar Wahlkampf und Steuerpolitik: Ein Phantom namens Facharbei… | |
> Alle Parteien reden im Bundestagswahlkampf davon, dass sie den | |
> Facharbeiter steuerlich entlasten wollen. Aber wo ist der nur? | |
Bild: Wo ist der Facharbeiter? | |
Fast alle Parteien haben ihr Herz für den Facharbeiter entdeckt. Denn | |
dieser rackernde Normalbürger verdient angeblich schon so viel wie sein | |
Chef – und muss deswegen, Skandal!, den Spitzensteuersatz entrichten. | |
Prägnant hat es der CDU-Politiker Michael Fuchs ausgedrückt: „Die Union | |
muss gerade an die Gruppe der Facharbeiter denken, die mit einem | |
Jahreseinkommen von 53.600 Euro schon den Spitzensteuersatz zahlen.“ | |
[1][Aber auch SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz will die Steuern | |
reformieren], um den Spitzenverdiener namens „Facharbeiter“ zu entlasten. | |
Doch wo sind die Facharbeiter, die auf 42 Prozent Steuern kommen? Bitte | |
melden! Diese Aufforderung ist ernst gemeint. Denn in den Statistiken ist | |
der Arbeiter mit Spitzenverdienst nicht aufzufinden. Selbst die | |
Gewerkschaften haben keinerlei Überblick, was ihre Mitglieder an Steuern | |
zahlen. „Solche Erhebungen gibt es nicht“, sagt die IG Metall. | |
Bleibt also nur der gesunde Menschenverstand. Wer ihn einschaltet, wird | |
sofort feststellen: Es dürfte nur sehr selten vorkommen, dass Facharbeiter | |
ohne Studium in die Regionen des Spitzensteuersatzes vordringen. | |
Um es kurz vorzurechnen: Offiziell ist zwar richtig, dass ab einem „zu | |
versteuernden“ Einkommen von etwa 54.000 Euro der Spitzensteuersatz greift. | |
Nur darf man diese Summe nicht mit dem eigenen realen Verdienst | |
verwechseln. Denn das Steuerrecht kennt viele Freibeträge und zudem das | |
Ehegattensplitting. Konsequenz: Ein verheirateter Facharbeiter mit zwei | |
Kindern zahlt den Spitzensteuersatz erst, wenn er ein Einkommen von etwa | |
130.000 Euro erreicht. Kleine Quizfrage: Wie wahrscheinlich ist es, dass | |
ein Facharbeiter auf derartige Summen kommt? Genau, wie haben es mit einem | |
Phantom zu tun. | |
Aber dieses Phantom ist höchst nützlich – vor allem für die Union und die | |
FDP. Denn beim Wahlvolk käme es nicht gut an, wenn alle verstehen würden, | |
dass vor allem Ärzte, Manager und Notare entlastet würden, sobald der | |
Spitzensteuersatz erst später greift. Da macht es sich viel besser, vom | |
„Facharbeiter“ zu fabulieren. | |
Der echte Facharbeiter interessiert hingegen kaum. Seine realen Nöte werden | |
von Union und FDP schlicht ignoriert. Denn die Normalverdiener werden gar | |
nicht durch die Einkommensteuern belastet – sondern durch die | |
Sozialabgaben. Doch dazu fehlt jedes klare Wort. | |
4 Jul 2017 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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