| # taz.de -- Kommentar Österreichs Flüchtlingspolitik: Der Flüchtling als Not… | |
| > Die Regierungsparteien nutzen die Notverordnung zur Rettung ihrer | |
| > Koalition. Sie versuchen so, die Erfolge der rechten FPÖ auszubremsen. | |
| Bild: Ein österreichischer Polizist an der Grenze zu Slowenien | |
| Asylsuchende bringen Österreich an den Rand des Notstands. Um das Asylrecht | |
| künftig noch restriktiver handhaben zu können, suchen die | |
| Regierungsparteien SPÖ und ÖVP Zuflucht zu diesem Kunstgriff. Sie lassen | |
| sich für den Fall einer neuen Welle von Flüchtlingen das | |
| Notverordnungsrecht absegnen. Das ist eigentlich für echte Katastrophen | |
| vorgesehen, die die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gefährden | |
| und schnelles Handeln erfordern. | |
| Gefährdet ist aber weniger die staatliche Integrität als der Bestand der | |
| eigenen Regierung. Deren Erhalt gilt das Sonderverordnungsrecht. Seit einem | |
| Jahr müssen die Koalitionspartner zusehen, wie die rechte FPÖ sämtliche | |
| Umfragen anführt und seit Beginn der Flüchtlingskrise die Deutungshoheit | |
| über den Volkswillen beansprucht. Also wollen sie Handlungsfähigkeit | |
| gegenüber neuen Fluchtbewegungen signalisieren. | |
| Die kurzlebige Willkommenskultur war unter dem Schock entstanden, den der | |
| elende Erstickungstod von über 70 Flüchtlingen in einem Kühlwagen | |
| vergangenen August ausgelöst hatte. Einen Spätsommer lang riss eine | |
| mitfühlende Bevölkerung die Regierenden mit und zeigte, dass Menschlichkeit | |
| und Nächstenliebe keine Auswüchse von Charakterschwäche sind. Schon gegen | |
| Jahresende bemühte man sich aber angesichts Zehntausender Asylanträge | |
| wieder um eine Rückkehr zur Abschreckungspolitik: Bilder von überfüllten | |
| Lagern und Berichte von Arbeits- und Perspektivenlosigkeit sollten in den | |
| Ursprungsländern den Eindruck festigen, dass dies kein Land ist, wo eine | |
| bessere Zukunft wartet. | |
| Gleichzeitig werden auch bei der einheimischen Bevölkerung Ängste geschürt. | |
| Nicht nur von der FPÖ, sondern auch von der konservativen ÖVP. Und die SPÖ, | |
| die das Proletariat schon lange an die FPÖ verloren hat, zieht brav mit. | |
| Denn der sonst drohende Kollaps der Koalition würde zu Neuwahlen führen, | |
| auf die die FPÖ schon lange hinarbeitet. | |
| 13 Apr 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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