| # taz.de -- Kommentar Neonazi-Konzert in Themar: Auf dem rechten Auge blind | |
| > Wo bleibt die Aufregung über das Treffen? Der Wirbel um die G20-Krawalle | |
| > bei gleichzeitigem Dulden des rechtsextremen Festivals sagt viel aus. | |
| Bild: Ein Polizist steht am Rande des Konzerts in Themar | |
| Treffen sich 6.000 Neonazis und dürfen ungehindert feiern. So geschehen | |
| [1][in der thüringischen Kleinstadt Themar am Wochenende], nahezu unbemerkt | |
| von der großen Politik. Und so geschehen genau eine Woche nach dem | |
| G20-Gipfel in Hamburg, der eine in jüngster Zeit beispiellose Hetze gegen | |
| Linksradikale nach sich zog. | |
| Keine Frage, vor allem die Ausschreitungen im Hamburger Schanzenviertel | |
| waren politisch falsch und strafrechtlich relevant. Dass danach aber ein | |
| wahrer Shitstorm über das Land hereinbrach, in dem gegeifert wurde, nun | |
| müssten bundesweit linksautonome Zentren geschlossen werden und in dem sich | |
| unter anderem [2][Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) zu der | |
| Behauptung verstieg, die Randale sei so schlimm gewesen „wie Terror von | |
| Rechtsextremen“], zeigt, dass hierzulande immer noch nichts verstanden | |
| wurde – oder viele einfach nicht verstehen wollen. | |
| Denn was gerade in Themar passiert ist, hatte eine vollkommen andere | |
| Qualität. In Thüringen kamen gerade organisierte Mitglieder aus dem | |
| gesamten Spektrum der extremen Rechten zusammen, von NPD bis III. Weg, von | |
| den verbotenen Bewegungen Blood & Honour bis zu den Skinheads Sächsische | |
| Schweiz. Abgeschirmt von der Öffentlichkeit, konspirativ geradezu, wurde | |
| ihnen in einem Bierzelt Raum und Gelegenheit gegeben, [3][sich | |
| auszutauschen, sich ihrer Stärke zu vergewissern, sich zu vernetzen und | |
| Aktionen zu planen]. | |
| ## Stillschweigend hingenommen | |
| Nein, die Nazis haben diesmal keine Menschen angegriffen. Das ist, anders | |
| als in Hamburg, der Thüringer Polizei zu verdanken, die weiträumig | |
| Straßensperren aufgestellt und die Rechtsextremen so am Ortsrand von Themar | |
| gehalten hat. Aber auf genau solchen Events treffen und vernetzen sich die, | |
| die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime planen und Verfolgungsjagden auf | |
| Menschen verüben. Dass die Kette solcher menschenverachtenden Taten nicht | |
| abreißt, dass keine Woche ohne Brandanschlag oder Körperverletzung vergeht | |
| – über die im Übrigen kaum noch jemand spricht oder sich aufregt – liegt | |
| auch daran, dass solche Events stillschweigend hingenommen werden. | |
| Die höchste politische Stelle, die sich überhaupt zu Themar äußert, ist der | |
| Thüringer Ministerpräsident [4][Bodo Ramelow auf Twitter]. Wer sind denn | |
| jetzt diejenigen, die Forderungen stellen? Etwa rassistische, faschistische | |
| Führungsfiguren genauer unter die Lupe zu nehmen? Wer fordert, rechte | |
| Strukturen zu zerschlagen? Wer äußert sich auch nur vorsichtig kritisch und | |
| zeigt zumindest ein wenig Zivilcourage? Der Innenminister? Der | |
| Justizminister? Tatsache ist: niemand. | |
| Während von der gesellschaftlichen Linken nach G20 verlangt wird, sich zu | |
| distanzieren und sie insgesamt schuldig gesprochen wird, verschließt die | |
| Politik vor dem Treffen der Rechtsextremen fast zeitgleich die Augen. Diese | |
| Weigerung, sich zu positionieren, hinterlässt einfach nur Entsetzen. Dabei | |
| wäre es noch nicht mal nötig, sich zu entscheiden: Man muss nicht aus | |
| Hamburg wegsehen, um auch in Themar hinzuschauen. | |
| 16 Jul 2017 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Neonazi-Festival-in-Thueringen/!5431155 | |
| [2] /Kanzleramtsminister-ueber-G20-Krawalle/!5429455 | |
| [3] /Linke-Politikerin-ueber-Neonazi-Konzert/!5431168 | |
| [4] https://twitter.com/bodoramelow/status/886827115286585344 | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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