| # taz.de -- Juristischer Hintergrund zu Themar: Die Crux mit der Versammlung | |
| > Das Grundgesetz schützt den, der mit einer Veranstaltung auf die | |
| > öffentliche Meinungsbildung abzielt. Laut Gericht galt das auch für das | |
| > Nazi-Konzert. | |
| Bild: Szene aus Themar | |
| Berlin taz | Versammlungen stehen unter dem besonderen Schutz des | |
| Grundgesetzes. „Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder | |
| Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“, heißt es in Artikel 8 | |
| der Verfassung. Doch gilt dies auch für [1][ein Rechtsrock-Festival wie in | |
| Themar]? | |
| Das Bundesverfassungsgericht legt den Begriff der „Versammlung“ eher eng | |
| aus. Das Demonstrationsrecht gelte für eine Versammlung nur, wenn die | |
| Teilnehmer politische Forderungen stellen und so an der öffentlichen | |
| Meinungsbildung teilnehmen. Es genügt nicht, mittels Musik und Tanz das | |
| Lebensgefühl einer jugendlichen Subkultur auszudrücken, entschied das | |
| Bundesverfassungsgericht 2001 im Fall der Berliner Love Parade. | |
| Nun kann man dem Rechtsrock-Festival in Themar nicht absprechen, dass es um | |
| politische Inhalte ging. „Rock gegen Überfremdung – Identität und Kultur | |
| bewahren“ sind klare rechtsradikale Aussagen. Sowohl das Landratsamt | |
| Hildburghausen als auch der Veranstalter gingen daher von einer „gemischten | |
| Veranstaltung“ aus, die teils politische Versammlung, teils kommerzielle | |
| Vergnügung ist. Umstritten war nur, was überwiegt. Für die Behörde stand | |
| das Vergnügen und der Kommerz im Vordergrund, für die Veranstalter die | |
| politische Botschaft. | |
| ## Präzedenzfall „Fuckparade“ | |
| Ein Präzedenzfall, den das Bundesverwaltungsgericht 2005 entscheiden | |
| musste, war die Berliner „Fuckparade“, eine Anti-Parade zur kommerziellen | |
| Love Parade. Die Leipziger Richter akzeptierten, dass es sich um eine | |
| politische Versammlung handelt. Die Rolle der Teilnehmer beschränke sich | |
| nicht auf das Musikhören und Tanzen. Vielmehr gehe es auch um Teilhabe an | |
| der öffentlichen Meinungsbildung. Die Kritik der Veranstalter an Schließung | |
| von Clubs und Auflösung von Partys sei auf Handzetteln und auf | |
| Transparenten verbreitet worden. Im Zweifel sei eine gemischte | |
| Veranstaltung als „Versammlung“ einzustufen. | |
| Dem folgten nun auch die Verwaltungsgerichte in Thüringen. Beim „Rock gegen | |
| Überfremdung“-Festival seien 12 bis 13 Redner mit Beiträgen von 15 bis 30 | |
| Minuten angekündigt gewesen. Auch die Konzerte von sieben Bands stünden im | |
| Zusammenhang mit dem Veranstaltungsmotto. Sie befassten sich mit Fragen der | |
| „nationalen Identität“ und richteten sich gegen Ausländer, Muslime und die | |
| USA. Am „Verkaufstand“ würden ausschließlich szenetypische Waren und | |
| „Devotionalien“ verkauft. Dass für das Festival ein Eintrittsgeld von 35 | |
| Euro verlangt wurde, ändere nichts am politischen Charakter des Festivals. | |
| (Az.: 2 E 221/17) | |
| 17 Jul 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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