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# taz.de -- Nach Nazi-Konzert in Themar: Diskussion um Versammlungsrecht
> Thüringens Ministerpräsident Ramelow stellt in Frage, ob ein
> kommerzielles Treffen von Rechtsradikalen unter das Versammlungsrecht
> fällt – und erntet dafür Kritik.
Bild: Sollen Konzertgäste wie die in Themar durch das Versammlungsrecht gesch�…
Erfurt epd | In der Debatte das Versammlungsrecht nach dem
Rechtsrock-Konzert in Thüringen will die Erfurter Staatskanzlei ein
Gutachten veranlassen. Es gehe dabei nicht um Verbote oder
Gesetzesverschärfungen, betonte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am
Dienstag in Erfurt.
Das per Grundgesetz gesicherte Recht auf freie Meinungsäußerung und
Versammlungsfreiheit sei ein Grundpfeiler einer starken Demokratie, das
geschützt werden müsse. Mit seinen Überlegungen, mit einer Änderung des
Versammlungsrechts gegen Neonazi-Konzerte vorzugehen, war Ramelow zuvor bei
Innenexperten nahezu aller Parteien auf Kritik gestoßen.
Laut Ramelow geht es vielmehr „um die Abgrenzung der Versammlungsfreiheit
zu kommerziellen Veranstaltungen wie Rechtsrock-Konzerten, die unter dem
Deckmantel des Grundgesetzes Geld für ihr Klientel eintreiben, und das auf
Steuerzahlerkosten.“ Rechtsrock-Konzerte sollten wie andere kommerzielle
Veranstaltungen behandelt werden.
Das Thüringer Kabinett hatte sich am Dienstag mit der Präzisierung des
Versammlungsrechts beschäftigt. Zur Klärung der rechtlichen Fragen soll in
Abstimmung mit den Thüringer Ministerien für Inneres und Justiz das
Gutachten erstellt und das Thema auf dieser Grundlage weiter beraten
werden, wie die Staatskanzlei mitteilte.
## Kritik von Juristen und PolitikerInnen
Der Rechtsprofessor Guido Kirchhoff sprach sich indes gegen eine Änderung
des Versammlungsrechts aus. Der Professor der Ostfalia Fachhochschule in
Niedersachsen sagte dem WDR5-Radio, das Versammlungsrecht sei nicht nur in
der Verfassung und der europäischen Grundrechtecharta garantiert, sondern
auch gesetzlich. Durch das Versammlungsrecht sollten eben diejenigen
geschützt werden, die gerade nicht die Mehrheitsmeinung vertreten.
Kirchhoff sagte: „Und das macht die Versammlungsfreiheit in der Praxis so
unangenehm.“
Auch Ramelows Parteikollegin Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der
Linken-Fraktion im Bundestag lehnt eine Einschränkung des
Versammlungsrechts „strikt ab“, wie sie der Tageszeitung Die Welt sagte.
Alle geschichtliche Erfahrung lehre, „dass solche Maßnahmen zwar gerne mit
dem Kampf gegen Neonazis begründet werden, doch dann in erster Linie Linke
die Leidtragenden sein werden“.
„Die Freiheitsrechte aus unserer Verfassung gelten auch für ihre Feinde, so
schwierig man das manchmal finden mag“, sagte der Grünen-Fraktionsvize im
Bundestag, Konstantin von Notz, der Welt. Der innenpolitische Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, äußerte sich angesichts der
verfassungsrechtlichen Grenzen skeptisch zu dem Vorschlag. Der
innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), nannte
die Versammlungsfreiheit „konstituierend“ für eine
freiheitlich-demokratische Staatsordnung.
## Sechstelliger Schaden
Am vergangenen Samstag waren rund 6.000 Besucher im südthüringischen Themar
zum bislang größten Neonazi-Konzert des Jahres in Deutschland gekommen. Die
Polizei prüft Videomaterial, das mehrere Teilnehmer beim Zeigen des
verbotenen Hitlergrußes zeigt. Ramelow hatte anschließend die Debatte um
eine Änderung des Versammlungsrechts angestoßen, um ein solches Konzert
nicht als politische Demonstration zu bewerten. Zustimmung bekam er unter
anderem vom Zentralrat der Juden.
Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte der Ministerpräsident, die Veranstalter
hätten das Konzert als Versammlung angemeldet und zugleich Eintritt
genommen, „so schätzungsweise 300.000 bis 400.000 Euro Umsatz gemacht und
sich dennoch allen Verpflichtungen eines Konzert-Veranstalters entzogen.“
Dabei seien dem Staat Kosten in sechsstelliger Höhe entstanden. In 14 Tagen
sei in Themar bereits das nächste Neonazi-Konzert angemeldet.
18 Jul 2017
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