# taz.de -- Erneut Rechtsrock-Konzert in Themar: Ein Zehntel ist noch übrig | |
> Wieder kommen Rechte für Musik und Hetzreden in die südthüringische | |
> Kleinstadt. Doch zeigen auch die Bürger Themars Gesicht und Courage. | |
Bild: Vorsicht, nicht reinlatschen: ein kleiner brauner Haufen in Themar | |
Themar taz | Nur etwa 650 deutschnationale Rockfans zählte die Polizei bis | |
zum frühen Samstagabend beim zweiten Nazikonzert innerhalb kürzester Zeit | |
im südthüringischen Themar. Vor zwei Wochen konnte die braune Szene auf der | |
Wiese unmittelbar beim Ortsausgang noch fast 6.000 Anhänger mobilisieren. | |
Mit einer Demonstration am Veranstaltungszelt und einem fröhlichen | |
Bürgerfest auf dem Markt hielten etwa 400 Menschen aus Themar und der | |
Umgebung dagegen. Die Polizei hatte etwa 500 Einsatzkräfte zusammengezogen. | |
Ein Polizeisprecher bezeichnete die Lage als wesentlich entspannter als vor | |
zwei Wochen. | |
Erneut wurden die ungebetenen Gäste mit einer Vielzahl handgemalter | |
Protestplakate in der Stadt begrüßt. Inschriften wie „Nächstenliebe | |
verlangt Klarheit“ deuteten auf das besonders intensive Engagement der | |
Kirchen am Ort. Gruppen zogen singend mit einem Kreuz durch die Stadt. Die | |
Stimmung auf dem Markt, wo die jugendliche Bigband „Singertaler“ einheizte, | |
war freundlich und einladend. | |
Die Stadt Themar gilt im Umgang mit Nazis-Events als vorbildlich. An | |
Stammtischen ist einigen zwar auch hier das dumpfe Gebrüll des „Rocks für | |
Identität“ willkommen, und vor zwei Wochen übernachteten auch Gäste des | |
Nazikonzertes in der Stadt. Aber insgesamt zahlt sich die kulturelle Arbeit | |
der vergangenen Jahre aus. Der parteilose Bürgermeister Hubert Böse, der | |
Stadtrat und die Bürger ziehen an einem Strang. | |
## Unverständnis für die Rechtslage | |
Auch Thürigens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hatte am | |
vergangenen Mittwoch einen guten Stand im Schützenhaus, als er mit 400 | |
anwesenden Bürgern das bevorstehende Nazikonzert besprechen wollte. Zwei | |
Wochen zuvor hatte er noch angeregt, das Versammlungsrecht zu überprüfen, | |
um solche sowohl ideologisch als auch kommerziell angelegte Events | |
verbieten zu können. Das Regierungskabinett hat nun ein Gutachten dazu in | |
Auftrag gegeben. | |
Damit trifft Ramelow offenbar die Stimmung einer Mehrheit der Bürger von | |
Themar. Sie wollen die schwarzen Gestalten nicht in ihrer Stadt und | |
verstehen nicht, dass Gerichte machtlos sind oder die Polizei zu | |
nachlässig, wenn sie das massenhafte Zeigen des Hitlergrußes vor zwei | |
Wochen nicht einmal dokumentiert. „Rechtsberatung für Behörden“, forderte | |
denn auch der Linken-Landtagsabgeordnete Tilo Kummer in seinem Redebeitrag | |
auf dem Markt. | |
Von einem „zahnlosen Rechtsstaat, der an die Weimarer Republik erinnert“, | |
sprechen befragte Bürger. Ein älteres Ehepaar wünscht sich, dass die Nazis | |
Zelt und Bühne vor dem Kanzleramt aufbauen sollten, „damit Frau Merkel | |
endlich aufwacht“. | |
## Üble Rede vorm Konzert | |
Bei den Rechtsrockern hielt indessen Axel Schlimper von der „Europäischen | |
Aktion Thüringen“ vor dem eigentlichen Konzert eine üble Rede über | |
„Volkszerstörer“. „Es ist nötig, sich immer wieder zum Rassismus zu | |
bekennen“, fordert er offen. Und die einzig mögliche Form des Sozialismus | |
sei der Nationale Sozialismus. | |
Strafbar ist das noch nicht. Die Polizei zählte bis zum frühen Abend 11 | |
Straftaten bei den Nazis, darunter vier Propagandadelikte wie das Zeigen | |
des Hitlergrußes und sechs Verstöße gegen das Versammlungsgesetz. | |
29 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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