| # taz.de -- Koloniale Herkunft von „Victoriasee“: Endlich ein afrikanischer… | |
| > Afrikas größter See wurde von den Briten nach Queen Victoria benannt. | |
| > Heute wollen ihn viele Menschen in der Region umbenennen – doch wie? | |
| Bild: Kolonialismus am Viktoriasee: britische Schiffe 1912 im Hafen von Entebbe… | |
| Nairobi/Berlin taz | „161 Jahre mit einem kolonialen Namen sind genug!“, | |
| heißt es in der Onlinepetition, die kenianische Bürger aufgesetzt haben. | |
| Sie fordern, den Victoriasee umzubenennen und ihm wieder einen | |
| afrikanischen Namen zu geben. „Es ist an der Zeit“, heißt es auf der | |
| [1][Petitionsseite]. | |
| Afrikas größtes Binnengewässer erhielt seinen Namen vom britischen | |
| Armeeoffizier John Hanning Speke, der auf der Suche nach den Quellen des | |
| Nils am 30. Juli 1858 als erster Europäer den See zu Gesicht bekam. Er | |
| vermutete richtig, dass dieser See – und nicht der zuvor von ihm bereiste | |
| Tanganjikasee viel weiter südwestlich – die Nilquelle war, und taufte den | |
| See daher nach der britischen Queen Victoria, als Symbol des Machtanspruchs | |
| des Empire über das gesamte Nilbecken von der Quelle bis hinunter ans | |
| Mittelmeer. | |
| Die Menschen, die rund um den See lebten, nannten den See natürlich anders. | |
| Das Volk der Luo, das im heutigen Westen Kenias und der Mara-Region | |
| Tansanias beheimatet ist, nannten ihn „Nam Lolwe“, die Swahili-sprechenden | |
| Völker am Südufer im heutigen Tansania „Ukerewe“. In der Luganda-Sprache | |
| des mächtigen Königreiches Buganda am Nordufer, Kern des heutigen Uganda, | |
| heißt er „Nalubaale“. Viele Menschen bezeichnen ihn einfach mit dem in | |
| vielen Sprachen der Region gebräuchlichen Wort für See – „Nyanza“. | |
| Einen afrikanischen Namen soll der See nun bald wieder tragen, so die | |
| Petition. Gerade einmal 264 Menschen haben bislang unterschrieben – das ist | |
| nicht viel, doch die Idee gewinnt in der [2][Region rund um den | |
| Victoriasee] immer mehr Anklang. Vergangenes Jahr schlug Abdullak Makame, | |
| tansanischer Abgeordneter im „East African Legislative Assembly“ – eine | |
| gemeinsame Parlamentarierversammlung der Staaten Ostafrikas – eine | |
| Namensänderung vor. Doch der Antrag erhielt keine Mehrheit. | |
| ## Streit über Alternativname | |
| Ugandische Aktivisten haben anlässlich des Befreiungstags im Juni eine | |
| weitere Onlinepetition gestartet: Sie wollen Straßen- und Landschaftsnamen | |
| dekolonisieren, darunter auch den See und die zahlreichen Nationalparks. | |
| Diese hat bereits 5.700 Unterschriften, darunter die zahlreicher | |
| Parlamentsabgeordneter sowie traditioneller Könige. Das ugandische | |
| Parlament hat darüber beraten. | |
| Doch so groß der Willen ist, den Victoriasee umzubenennen, so wenig | |
| Einigkeit gibt es über eine Alternative. Politiker in Kenia und Tansania | |
| fürchten, dass die Umbenennung zu Konflikten führen könnte, weil jeder | |
| Uferstaat einen anderen Namen bevorzugt. | |
| 18 Sep 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.change.org/p/kenyan-government-rename-lake-victoria-de-colonizi… | |
| [2] /Victoriasee-in-Uganda/!5713745 | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schlindwein | |
| Ilona Eveleens | |
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