# taz.de -- „Klimaneutral 2030“ im Parlament: Eigentlich ja, aber nein | |
> Der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz hat das Volksbegehren „Berlin | |
> 2030 klimaneutral“ geschlossen abgelehnt – damit kann es jetzt kommen. | |
Bild: Davon wird Berlin eine ganze Menge brauchen: Photovoltaikanlage auf einem… | |
BERLIN taz | Der Senat hat sich mit seiner Klimaschutzpolitik vom | |
1,5-Grad-Pfad verabschiedet. Das sagen seine VertreterInnen zwar nicht | |
explizit – sie widersprechen aber auch nicht, wenn WissenschaftlerInnen | |
ihnen entgegenhalten, dass das im Pariser Klimaabkommen angestrebte und in | |
der Berliner Koalitionsvereinbarung bekräftigte Maximum globaler Erwärmung | |
mit den CO2-Einsparzielen des Landes nicht erreichbar ist. | |
So geschehen zum wiederholten Male am Donnerstag auf der Sitzung des | |
Ausschusses für Umwelt- und Klimaschutz im Abgeordnetenhaus: Die | |
Vertrauenspersonen des Volksbegehrens [1][„Berlin 2030 klimaneutral“] waren | |
zur Anhörung geladen, nachdem [2][der Senat das Begehren Anfang Mai als | |
„nicht zielführend“ abgelehnt] hatte. Damals sagte Umweltsenatorin Bettina | |
Jarasch (Grüne), man unterstütze zwar die Forderungen, könne das Land aber | |
realistischerweise nicht schon 2030 klimaneutral machen, wie es das | |
Volksbegehren ins Energiewende- und Klimaschutzgesetz schreiben will. | |
Umwelt-Staatssekretärin Silke Karcher wiederholte im Ausschuss diese | |
Position. „Sie überschätzen die Handlungsmöglichkeiten des Senats“, sagte | |
sie in Richtung der Initiative, die im vergangenen Herbst die | |
Unterschriften für den Antrag auf ein Volksbegehren eingereicht hatte. Ein | |
großer Teil der notwendigen Regelungen würden durch den Bund oder die EU | |
gesetzt, so Karcher, allein angesichts des Fachkräftemangels sei es | |
unmöglich, bis 2030 alle Berliner Gebäude klimagerecht zu sanieren oder mit | |
Solarenergie auszustatten. | |
„Wir sehen nicht, wie wir diese Hemmnisse auflösen können“, sagte die | |
Staatssekretärin. „Sollten wir jetzt die Ziele verschärfen, würde das nur | |
eine trügerische Sicherheit erzeugen, eingehalten würden sie dann aber | |
nicht.“ Man liefe also in eine „Verfehlung der Gesetze hinein“ und | |
erschüttere so das Vertrauen der Bevölkerung. | |
Der Gegenrede durch die „Klimaneutral“-Vertrauenspersonen fehlte es nicht | |
an Deutlichkeit: Volker Quaschning, Professor für regenerative | |
Energiesysteme an der HTW Berlin, verwies auf die vom Internationalen | |
Klimarat IPPC berechneten CO2-Budgets. Im Fall Berlins sei dieses 2030 | |
aufgebraucht. Aber auch das in Paris verbindlich gesetzte 2-Grad-Ziel werde | |
mit der aktuell für 2045 angestrebten Klimaneutralität gerissen. „Wenn Sie | |
sagen, dass etwas anderes nicht möglich ist, müssen sie eben kommunizieren, | |
dass die Pariser Klimaziele nicht einzuhalten sind“, so Quaschning. Im | |
Übrigen werde spätestens das Bundesverfassungsgericht eine Politik mit | |
solchen Zielsetzungen kassieren. | |
## Trotzdem mitsammeln | |
Am Ende lehnte der Ausschuss die Forderungen des Volksbegehrens dennoch | |
geschlossen ab, wobei Stefan Taschner (Grüne) betonte, wie schwer dies den | |
Koalitionsfraktionen falle, weil sie die Ziele ja im Grundsatz teilten. | |
Sollte sich das Abgeordnetenhaus auf seinem nächsten Plenum diesem Votum | |
anschließen – wovon auszugehen ist –, liegt der Ball wieder bei der | |
Initiative: Sie kann dann mit der gesetzlich vorgeschriebenen Sammlung von | |
mindestens 175.000 Unterschriften beginnen. Damit die Sache nicht | |
verschleppt wird, überwies sie der Ausschuss mit Dringlichkeit. | |
Als regelrecht zerrissen zwischen Fraktions- bzw. Koalitionsraison und | |
Aktivismus outete sich der Linken-Abgeordnete Ferat Koçak: Er kündigte an, | |
selbst Unterschriften für das Volksbegehren sammeln zu wollen. Wenn alles | |
klappt, könnte es noch im Spätsommer damit losgehen. | |
2 Jun 2022 | |
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[1] https://klimaneustart.berlin/berlin-2030/ | |
[2] /Nein-zu-Klima-Volksbegehren/!5847624 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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